Spur der Verwüstung
Ein 34-Jähriger beschädigt mehrere Autos und demoliert nach seiner Festnahme sogar die Ausnüchterungszelle
Wertachtal Das Kaufbeurer Amtsgericht befasste sich mit einem Vorfall, der im Sommer 2019 für erhebliches Aufsehen und einen größeren Polizei-Einsatz gesorgt hatte: In den frühen Morgenstunden waren damals mehrere Anrufe eingegangen, dass im Stadtteil Haken ein tobender Mann mit einer Axt durch die Straßen laufe und Autos beschädige. Bei der Suche nach dem Verdächtigen kam auch ein Hubschrauber zum Einsatz.
Schließlich wurde ein stark alkoholisierter Mann festgenommen, auf den die Beschreibung passte. Auf der Polizeiwache rastete der Mann erneut aus, beschimpfte einen Beamten als „Hurensohn“und demolierte die Ausnüchterungszelle. Der 34-Jährige wurde jetzt der Sachbeschädigung und Beleidigung schuldig gesprochen und zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Staatsanwalt hatte auf 13 Monate ohne Bewährung plädiert und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beantragt. Einigkeit bestand darüber, dass der Angeklagte bei den Taten erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war.
Der psychiatrische Gutachter hatte dem jungen Mann neben einer schweren Suchterkrankung noch weitere psychische Störungen diagnostiziert, darunter eine „emotional instabile Persönlichkeitsstörung von impulsivem Typ“.
Der Angeklagte selbst war vor Gericht grundsätzlich geständig gewesen, hatte sich aber wegen seiner damaligen starken Alkoholisierung von rund zwei Promille an nichts Genaues mehr erinnern können. Er wisse nur noch, dass er am fraglichen Abend eine halbe Flasche hochprozentigen Rum und eine halbe Flasche Wodka getrunken habe. Er sei dann irgendwann in einem Gebüsch an der Wertach aufgewacht. „Als ich raus bin, sind auf einmal acht Polizisten auf mich drauf gesprungen,“so der Angeklagte.
Nachdem er auf die Polizeiwache und in die Ausnüchterungszelle gebracht worden war, rastete er erneut aus und riss die Aluminiumabdeckung der Toilettenspülung herunter. Damit zerschlug er zwei Glasbausteine. Wie sich ein Polizist als Zeuge vor Gericht erinnerte, habe es vier Beamte gebraucht, um den Mann zu bändigen. Er wurde dann ins Bezirkskrankenhaus gebracht, wo er kurzzeitig fixiert werden musste. Für die Polizei war der Einsatz damit noch nicht zu Ende: Sie musste „unzählige Geschädigte“ermitteln, deren Autos der Angeklagte in seiner Raserei beschädigt hatte. Im Strafverfahren ging es jetzt um vier Fälle mit einem Gesamtschaden von rund 3000 Euro.
Ob der Mann damals tatsächlich eine Axt bei sich hatte, oder nur einen abgerissenen Scheibenwischer, ließ sich jetzt nicht klären. Jedenfalls konnten die Einsatzkräfte trotz gründlicher Suche kein Beil entdecken.
Als der Richter dem Angeklagten sein damaliges „brachiales“Vorgehen vorhielt, reagierte dieser einsichtig und sagte: „ Was passiert ist, schockt mich selber und belastet mich heute noch.“Der suchtkranke Mann, dessen langes Vorstrafenregister im Zusammenhang mit seiner Abhängigkeit von Alkohol und Drogen steht, hatte sich nach dem Vorfall Hilfe gesucht und eine Reha gemacht.
Derzeit bemüht er sich nach eigenen Angaben um eine erneute stationäre Behandlung und eine Aufnahme ins ambulante betreute Wohnen. Die Teilnahme an der Therapie wurde ihm zur Bewährungsauflage gemacht. Zudem muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.