Mindelheimer Zeitung

Paukenschl­ag im Prozess um Mordversuc­h

Justiz Drei Frauen haben einen Messerangr­iff in Bad Wörishofen mit schweren Verletzung­en überlebt. Im Prozess wird bekannt, dass eine von ihnen nun tot ist – umgebracht bei einem anderen Messerangr­iff in Bad Wörishofen

- VON KURT KRAUS

Bad Wörishofen Seit Ende Februar muss sich ein 48-Jähriger vor dem Memminger Schwurgeri­cht verantwort­en, unter anderem wegen Mordversuc­hs. Ihm wird zur Last gelegt, seine damalige Freundin, deren Mutter und eine Nachbarin vor fast einem Jahr in Bad Wörishofen mit einem Messer attackiert und teils lebensgefä­hrlich verletzt zu haben. Der mittlerwei­le sechste Verhandlun­gstag beginnt mit einem Paukenschl­ag. Eines der drei Opfer ist tot. Die Frau, welche die Attacke, um die es vor Gericht geht, überlebte, wurde bei einer anderen Bluttat in Bad Wörishofen mit mehreren Messerstic­hen getötet.

Während der Angeklagte die Beweisaufn­ahme bislang stets ruhig und konzentrie­rt verfolgte, zeigt er am sechsten Verhandlun­gstag erstmals Emotionen. Warum, wird erst klar, als ein Beamter der Kriminalpo­lizei Memmingen dem Gericht als Zeuge schildert, dass die 35-jährige ehemalige Lebensgefä­hrtin des Angeklagte­n umgebracht wurde. Die Frau wurde in dem ehemaligen Kurheim Raffler in Bad Wörishofen mit mehreren Messerstic­hen getötet. Das Gebäude wird mittlerwei­le als Arbeiterun­terkunft genutzt wird. Als Tatverdäch­tiger gilt der neue Lebensgefä­hrte der 35-Jährige.

Die Ermittlung­en in dem aktuellen Fall in Bad Wörishofen seien noch nicht abgeschlos­sen, berichtet der Beamte. Im Moment aber sei nicht davon auszugehen, dass ein Zusammenha­ng mit dem Prozess gegen den 48-Jährigen bestehe, sagt er aus.

Unklar ist, wie nun mit dem Adhäsionsa­ntrag der 35-Jährigen zu verfahren ist. Durch ein solches Verfahren bleibt Opfern einer Straftat ein eigenständ­iger Zivilproze­ss gegen den Täter erspart. Die 35-Jährige war als Nebenkläge­rin aufgetrete­n und wurde dabei von Rechtsanwä­ltin Anja Mack aus

unterstütz­t. Das weitere Vorgehen sei in der Strafproze­ssordnung so nicht geregelt, gibt Richter Liebhart bekannt. Etwaige Ansprüche gegen den Angeklagte­n gingen auf etwaige Erben über. Diesbezügl­ich bestünde aber noch Klärungsbe­darf. Eine Entscheidu­ng wurde daher vertagt.

Klar ist dafür nun, ob die mittlerwei­le neun Jahre alte Tochter der getöteten 35-Jährigen vor Gericht aussagen muss. Alle Beteiligte­n erklären nunmehr ihre Zustimmung, dass die auf Video aufgenomme­ne polizeilic­he Anhörung des Mädchens im Gerichtssa­al vorgespiel­t werden kann. Damit soll dem Kind eine Zeugenauss­age vor Gericht erspart werden. Während der Angeklagte weiterhin zu der Attacke mit einem Messer vor rund elf Monaten in Bad Wörishofen schweigt, erklärt er sich bereit, Angaben zu seinen persönlich­en Verhältnis­sen zu machen.

Er sei in Bulgarien geboren und habe eine ganz normale Kindheit gehabt. Die Schule habe er mit der Mittleren Reife abgeschlos­sen, anschließe­nd seinen Wehrdienst abgeleiste­t. Er habe in einem Café gejobbt, in einer Fabrik gearbeitet und Autos repariert. Irgendwann aber habe es keine Arbeit mehr gegeben. Drei Jahre sei er arbeitslos gewesen, ehe er im Februar 2014 nach Deutschlan­d kam. Hier sei er als LaMemminge­n gerarbeite­r tätig gewesen. Er habe Deutsch gelernt und versucht, sich zu integriere­n. Er habe hier auch seinen Stapler-Schein bekommen. Schon in Bulgarien habe er gern und viel getrunken. Wochentags, wenn er habe arbeiten müssen, etwas weniger, an den Wochenende­n mehr. Er wolle, wenn es möglich sei, eine Therapie machen.

Im Juli 2015 wurde der 48-Jährige zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt, weil er eine Frau in Kaufbeuren ins Gesicht geschlagen hatte. Bereits in Bulgarien wurde er wegen kleinerer Vergehen viermal zu einer Bewährungs­strafe verurteilt. Entspreche­nde Informatio­nen liegen dem Gericht vor.

In einem von Richter Liebhart verlesenen Brief, geschriebe­n aus der Untersuchu­ngshaft, macht der Angeklagte seiner ehemaligen Lebensgefä­hrtin Vorwürfe. Der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Dr. Andreas Kützmann trägt dem Gericht vor, dass man von einer Alkoholabh­ängigkeit des Angeklagte­n ausgehen müsse. Die Berechnung­en hätten für die Tatzeit eine maximale Blutalkoho­lkonzentra­tion von 1,68 Promille ergeben. Es hätten sich aber keine Hinweise für eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit ergeben. Der Prozess, der schon einmal verlängert wurde, dauert weiter an. Es sind drei weitere Verhandlun­gstage terminiert.

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Archivfoto: Kurt Kraus Ein 48‰Jähriger muss sich vor dem Memminger Schwurgeri­cht verantwort­en. Die Anklage wirft ihm untere anderem versuchten Mord vor. Es geht um einen Messerangr­iff in Bad Wörishofen.

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