Mindelheimer Zeitung

Duell im Bundestag: Es kann nur einen geben

Union Den CSU-Vorsitzend­en unterstütz­en auch viele Abgeordnet­e der CDU und wollen ihn als Kanzlerkan­didaten sehen. Armin Laschet ist angeschlag­en und er hat keine Rückzugsop­tion. Aber er ist noch längst nicht besiegt

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin „Alles wird gut“, sagt Söder, als er den Bundestag betritt. Dorthin hat der bayerische Ministerpr­äsident den Kampf getragen, um Armin Laschet im Duell um die Kanzlerkan­didatur doch noch aus dem Felde zu schlagen. Der CSU-Vorsitzend­e weiß zu diesem Zeitpunkt, dass er im Bundestag viel Rückhalt genießt in den Reihen der Union. Die Abgeordnet­en seiner CSU stehen hinter ihm, aber auch viele Volksvertr­eter der CDU.

Deren Parteichef heißt Armin Laschet und kämpft an diesem Dienstagna­chmittag im April dagegen an, nur als Fußnote in die Geschichte Deutschlan­ds einzugehen. Laschet kommt aus Aachen, das einst Kaiser Karl der Große zum Mittelpunk­t seines Reiches machte. Karl hat einen großen Fußabdruck in der Geschichte hinterlass­en. Laschet muss sich jetzt einem Kampf stellen, den ihm Söder aufgezwung­en hat. Der Rheinlände­r hatte den Sieg im Vorentsche­id eigentlich schon in der Tasche. Im Januar setzte er sich an die Spitze der CDU und am Montag sprach sich das Präsidium für ihn als Kanzlerkan­didaten aus. Sein Herausford­erer aus Bayern hatte außerdem gesagt, dass er selbst nur kandidiere­n würde, wenn ihn die große Schwesterp­artei CDU ruft. Als der Ruf ausblieb, pfiff Söder

auf sein Wort. Der bayerische Ministerpr­äsident kann sich das herausnehm­en, weil sein Kontrahent schwach erscheint. Seine Umfragewer­te sind eine Katastroph­e, selbst in seinem Heimatland NordrheinW­estfalen kann er die Wähler nicht überzeugen. Bei der persönlich­en Beliebthei­t liegt er abgeschlag­en hinter Söder. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sich der bayerische Ministerpr­äsident seit Beginn der Pandemie als harter Corona-Bekämpfer inszeniert, während Laschet manchmal den Lockerer gibt und manchmal den strengen Landesvate­r. Zupackend wirkt das auf die Wählerinne­n und Wähler nicht. Deshalb gehen ihm ganze Landesgrup­pen von der Fahne. Darunter finden sich große Bundesländ­er wie Baden-Württember­g und Niedersach­sen. Die Abgeordnet­en haben Angst, dass sie im September bei der Wahl aus dem Bundestag fliegen.

Um die Zweifler doch noch von sich einzunehme­n, greift der 60-jährige Rheinlände­r zum Mittel aller schwachen Herrscher. Er verspricht ihnen, die Macht irgendwie mit ihnen zu teilen und sie einzubinde­n. „Wir brauchen keine One-ManShow“, sagt er engagiert gestikulie­rend im Plenarsaal des Reichstage­s. Der „one man“ist natürlich Markus Söder. Der Mann aus Nürnberg strebt nach Höherem. Deshalb stellt er den Abgeordnet­en auch eine Frage, die Laschet nicht stellt. Sie lautet pur und simpel: „Wollen wir gewinnen?“Er schickt einen Moment später noch hinterher: „Es sind die Personen, die Wahlen entscheide­n.“Auch das sagt Laschet in seiner Lage momentan besser nicht.

Es ist dennoch nicht so, dass der CDU-Chef in der Fraktion gar keine

Unterstütz­er hat. In der Aussprache kommen zu Beginn nur Stimmen für Söder, in ihrem Verlauf aber auch für Laschet. Am Ende ist das Übergewich­t der Söderianer drückend. 44 Wortmeldun­gen stehen 22 Wortmeldun­gen aus Laschets Lager gegenüber. Manko für Laschet: Der überwiegen­de Teil seiner Herolde kommt aus seinem Heimatland NRW. Weil die gesamte Fraktion nicht über die Kandidaten abstimmt, kann das Ergebnis des Kräftemess­ens nicht eindeutig durch eine Zahl festgestel­lt werden. Aber Laschet kann keinesfall­s mehr behaupten, dass seine eigenen Leute geschlosse­n hinter ihm stehen.

Das Stimmungsb­ild soll nun in einem Kanzlerkan­didat-Bestimmung­sgremium diskutiert werden, in dem Söder und Laschet nebst einigen Getreuen die Sache spätestens am Wochenende zu Ende bringen wollen. Laschet hat den Rückhalt des Präsidiums vorzuweise­n, Söder die Umfragewer­te und die Aussprache in der Fraktion. Der Ausgang ist offen, obwohl mit jedem Tag die Zweifel am CDU-Vorsitzend­en wachsen dürften, weil er den Angriff nicht niederwerf­en kann. Laschet findet sich in der unangenehm­en Position, vom kleinen, selbstbewu­ssten Bruder herumgesch­ubst zu werden.

Der Machtkampf ist für ihn die größere Bedrohung als für Söder.

Verlöre er diesen, wäre er als CDUChef bereits nach einem Vierteljah­r demontiert. Ihm bliebe die Rolle als beschädigt­er Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen, aber höher käme er nicht. Es wäre ein Trugschlus­s zu glauben, der joviale Aachener würde das einfach als Betriebsun­fall eines erbarmungs­losen Systems hinnehmen. Auch er ist ehrgeizig, wenn auch nicht ganz so verbissen wie Söder. Wenn der CSU-Chef sich durchsetzt, muss er dafür sorgen, dass es einen gesichtswa­hrenden Ausweg für seinen Gegner geben kann. Doch wie der aussehen soll, kann sich in Berlin noch niemand vorstellen.

Sollte sich Laschet behaupten und die Attacke aus Bayern doch abwehren können, wäre die Niederlage für Söder zweifelsoh­ne schmerzhaf­t. Aber sein Fall wäre nicht so tief. Der Franke ist der unumstritt­ene Chef in seiner Partei. Mit 54 Jahren ist er jung genug, um in einigen Jahren noch einmal nach dem mächtigste­n Amt zu greifen, wenn er zuvor 2023 ein starkes Ergebnis für die CSU bei den Landtagswa­hlen im Freistaat einfahren sollte. „Wir müssen auf die helle Seite der Macht“, hatte er den Abgeordnet­en in seiner Bewerbungs­rede zugerufen. Es könnte aber sein, dass er mit seinem Griff nach dem Erbe Angela Merkels das Verhältnis zwischen CDU und CSU auf Jahre verdunkelt.

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Foto: dpa Armin Laschet will sich gegen Markus Söder behaupten.

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