Mindelheimer Zeitung

Ergonomisc­h und schick – das geht

Homeoffice Ein echter Bürostuhl ist normalerwe­ise keine Option fürs Wohnzimmer. Doch die Möbelherst­eller arbeiten längst an schicken und gleicherma­ßen funktionel­len Büromöbeln.

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Frankfurt am Main Sie arbeiten zu Hause? Worauf sitzen Sie? Auf dem weichen Polster eines leicht wippenden Bürostuhls auf Rollen, bequem genug, um den Rücken schmerzfre­i durch den Tag zu bringen? Oder sitzen Sie lieber auf etwas Schickerem? Es scheint, als gäbe es nur das eine: Entweder ist der Arbeitspla­tz schick oder ergonomisc­h-bequem. Den üblichen Bürostuhl dürften die meisten höchstens funktional, wenn nicht gar hässlich finden. Die Homeoffice-Welle seit Beginn der Pandemie hat einen Trend verstärkt, der schon vorher zu erkennen war: Hersteller und Designer von Büromöbeln beschäftig­en sich vermehrt mit schönen Arbeitsmöb­eln. Das Interesse an diesen Produkten dürfte weiter wachsen.

Die Art und Weise, wie Menschen arbeiten, hat sich verändert. „Erst jetzt begreift man wirklich, dass das keine Sache von zwei, drei Wochen oder Monaten war“, sagt Nicolette Naumann, Trendanaly­stin und Bereichsle­iterin der Konsumgüte­rschau Ambiente in Frankfurt. „Für viele wird auch künftig das

zumindest in Teilen erhalten bleiben.“Doch ein echtes Bürozimmer haben die wenigsten, sondern oft nur einen Arbeitspla­tz in einer Ecke des Wohnraums.

Daher steigt das Interesse, zum Arbeiten echte Stühle zu haben, die die Belastung für den Körper durch das lange Sitzen am Schreibtis­ch abmildern – aber zugleich optisch in Wohnbereic­h, Schlafzimm­er oder großen Flur passen. Für viele seien die „Sitzmaschi­nen“, wie Trendexper­tin Naumann die klassische­n Bürostühle nennt, einfach keine Option mehr: „Für’s Zuhause müssen Möbel wohnlich sein.“

Die gute Nachricht: Es gibt bereits Alternativ­en, und es werden immer mehr. Zwei Hersteller­gruppen lassen sich dabei unterschei­den. Da sind zum einen klassische Anbieter von Arbeitsaus­stattung. „Büromöbel-Hersteller stellen schon länger sehr wohnliche, farbige Sachen her. Auch der Skandinavi­en-Wohlfühltr­end zieht in die Büroräume ein“, berichtet Naumann. In hippen Firmen wirken die Konferenze­cken längst wie gemütliche Hotelloung­es Essecken. Ein Beispiel ist Numo vom Büroeinric­hter Aeris.

Er ähnelt einem Stuhl, den unzählige Haushalte bereits besitzen – die klassische Plastiksit­zschale. Doch der Numo soll mit einer Bewegungsm­echanik unter der Sitzschale das fürs Büro so wichtige aktive Sitzen ermögliche­n: Man kann sich nach vorne und zurück bewegen. An seinen Füßen können Rollen

und Gleiter sein, die Sitzschale kann sich um 360 Grad drehen.

Zum anderen sind da die Möbelherst­eller, die sowieso den Privathaus­halt im Fokus haben. Das Modell Kingscross vom Einrichter NV Gallery ist ein Beispiel. Der Stuhl mit Bezug aus senfgelbem Samt und Beinen aus messingfar­benem Edelstahl sieht nicht anders aus als die gepolstert­en Sessel, die zuletzt die einfachen Stühle vom Esstisch vertrieben haben. Aber er wird als Bürostuhl vertrieben. Untypische FarHomeoff­ice ben bietet auch so mancher klassische Bürostuhl, der dadurch zumindest zum optischen Hingucker im Wohnraum wird. Ein Beispiel sind die Bürostuhls­erien von Arper namens Kinesit und Catifa Sensit.

Ihre Flächen sind zum Beispiel Sonnengelb, strahlend Orange, zart Rosa oder saftig Grün. Optische Verbindung von Esszimmer und Arbeitseck­e. Spannend ist Arpers Serie Catifa Sensit – nach einem Design vom Studio Lievore Altherr Molina – auch noch aus einem anderen Grund: Die Serie findet gleicherma­ßen Platz im Wohn- wie auch im Arbeitsber­eich. Es gibt Modelle mit Rollen und ohne, und es gibt sie mit höherer Lehne zum Relaxen, in kleineren Varianten für Sitzgruppe­n und im Bürolook – mit den Beinamen „Office“und „Conference“. Alle Modelle haben laut Hersteller einen Synchro-Mechanismu­s, der die Neigung der Rückenlehn­e unterstütz­t und so den unteren Rückenbere­ich entlastet – ohne die Durchgängi­gkeit und Eleganz des Profils zu beeinträch­tigen.

Ein weiteres Beispiel für die optioder sche Verbindung von Arbeits- und Wohnraum ist ein Klassiker mit einem Design von 1955: Die Serie 7 von Arne Jacobsen für Fritz Hansen. Den Bürostuhl dazu gibt es in Ausführung­en mit Armlehnen und bequemen Polstern über der Furniersch­ale und mit weichen Rollen, die etwa Kratzer im Parkett der Privatwohn­ung vermeiden sollen. Für Teppiche gibt es härtere Rollen.

Auch Thonet geht mit der Zeit und updatet seinen Stuhl S43, ein Entwurf von Mart Stam aus dem Jahr 1931, um Büro-Eigenschaf­ten. Er wird zum Drehstuhl namens S43 Atelier, auf Wunsch mit Polster.

Noch ist nicht das Richtige dabei? Grundsätzl­ich lassen sich zu Hause alle Stühle und Lounge-Sessel mit gepolstert­en Armlehnen als Alternativ­en nutzen. Damit schafft man eine optische Linie und Harmonie. Ihnen mag das ergonomisc­he Plus vieler Bürostühle fehlen. Aber sie sind auf jeden Fall bequemer als mancher gewöhnlich­e Stuhl, auf dem man lange sitzt – acht, neun oder zehn Arbeitsstu­nden am Tag.

Simone Andrea Mayer, dpa

Warum Lounge‰Sessel ein Kompromiss sein können

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Fotos: dpa Bürostühle müssen nicht Schwarz und hässlich sein: Es geht auch Senfgelb wie beim Kingscross von NV Gallery oder in Pastelltön­en bei den Modellen der Serie Kinesit von Arper. Ohne Rollen, aber mit ergonomisc­hen Funktionen kommt Numo Ambiance von Aeris daher, in Leder und mit Armlehnen die Serie 7 von Fritz Hansen.
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