Auch Merz spielt jetzt im Team Laschet
Hintergrund Eine Art Andenpakt: Auf wen der Kanzlerkandidat besonders zählen kann
Augsburg Der Andenpakt hat einen Ruf wie Donnerhall in der Union: Ein Männerbund, in dem spätere CDU-Granden wie Roland Koch, Christian Wulff oder Günther Oettinger sich einst auf ewig politische Treue schworen. Längst nicht so bekannt und längst nicht so konservativ war dagegen der „Leichlinger Kreis“, in dem sich in den achtziger Jahren eine Gruppe aufstrebender, nach eigenen Worten eher fortschrittlich gesonnener CDU-Mitglieder zu regelmäßigen diskreten Treffen zusammenfand: Norbert Röttgen, Ronald Pofalla, Hermann Gröhe, Eckart von Klaeden, Peter Hinze, Peter Altmaier – und auch Armin Laschet. Anders als die strammen Anti-68er im Andenpakt verband sie damals schon die Einsicht, dass die CDU sich modernisieren muss, um auf lange Sicht mehrheitsfähig zu bleiben.
Auch wenn mit Altmaier und Röttgen zwei „Leichlinger“im Kampf um die K-Frage auf Distanz zu ihm gegangen sind, so kann Laschet sich auf die meisten Mitglieder seiner alten Seilschaft noch immer verlassen. In der Sitzung des CDUBundesvorstandes, die ihm in der Nacht zum Dienstag den Weg zur Kanzlerkandidatur ebnete, gehörten der frühere Generalsekretär Gröhe und der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul zu seinen entschiedensten Fürsprechern. Nach Reuls Heimatort Leichlingen bei Leverkusen ist der inzwischen aufgelöste Kreis auch benannt. Aus ihm kamen später die ersten Mitglieder der sogenannten Pizza-Connection – einem legendären, in einer Bonner Pizzeria tagenden Gesprächskreis von jungen Abgeordneten der Grünen und der CDU, den man durchaus das Epizentrum aller schwarz-grünen Koalitionen nennen kann.
Seine „Leichlinger“und ein eigens in Nordrhein-Westfalen gegründeter Unterstützerkreis alleine allerdings hätten Laschet die Kanzlerkandidatur nicht retten können. Auch die Drohung des Bochumer Europa-Abgeordneten Dennis Radtke, notfalls mit der CDU in Bayern einzumarschieren, dürfte den Prozess pro Laschet kaum beschleunigt haben. Dazu war in der entscheidenden Sitzung schon ein kollektiver Kraftakt des CDUEstablishments nötig: Von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der grauen Eminenz der Partei, über die stellvertretenden Vorsitzenden
Thomas Strobl, Volker Bouffier und Silvia Breher bis zum einflussreichen Wirtschaftsflügel in Person des Abgeordneten Carsten Linnemann konnte Laschet sich der Unterstützung der meisten Parteivorderen sicher sein. „Seine Ausdauer in den letzten Tagen nötigt mir Respekt ab“, sagt der baden-württembergische Landesvorsitzende Strobl am Tag danach über Laschet. Er könne integrieren, zusammenführen und auch zwischen den Unionsparteien Brücken bauen. Kurz: „Er ist aus Kanzlerholz geschnitzt.“
Selbst Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, seine Vorgängerin als CDU-Parteichefin und bislang nicht als flammende Unterstützerin ihres Nachfolgers aufgefallen, machte sich im entscheidenden Moment für Laschet stark. Widerstand kam vor allem aus den Reihen der Ministerpräsidenten und aus den neuen Ländern.
Aufmerksam registriert wird in CDU-Kreisen auch das Verhalten von Friedrich Merz in diesen Tagen. Der frühere Fraktionsvorsitzende, im Januar im Kampf um den
Ein Ministerium für den einstigen Rivalen?
Parteivorsitz noch gegen ihn unterlegen, verhält sich deutlich loyaler zu Laschet als ihr damaliger Mitbewerber Röttgen. Kein prominenter CDU-Mann hat Markus Söder so scharf attackiert wie Merz, der dem Vorsitzenden der Schwesterpartei „Anbiederung an den Zeitgeist“vorwarf und öffentlich fragte: „Macht sich die CSU klar, was es bedeutet, innerhalb von wenigen Wochen den nächsten Parteivorsitzenden der CDU zu demontieren?“
Auf Merz, der angeblich erst spät in den Andenpakt aufgenommen wurde, kann der „Leichlinger“Laschet also zählen – und Merz umgekehrt vermutlich auch auf Laschet, der schon von einem „neuen Team“spricht, das er nun um sich gruppieren werde. Sollte der Kandidat tatsächlich Kanzler werden, könnte in der Ministerriege der Union also durchaus auch der Name „Merz“auftauchen. Bei seiner Nominierung als Kandidat im heimischen Wahlkreis klang der 65-Jährige am Wochenende jedenfalls, als sei er sich seiner Sache schon sicher: Er bleibe für alle hier natürlich der Abgeordnete des Hochsauerlandkreises, betonte Merz da – auch wenn er „eine Aufgabe in einer späteren Regierung wahrnehmen sollte“.