Mindelheimer Zeitung

Verwirrung um ein Dutzend Konten

Justiz Hätte ein Unterallgä­uer bei einer Zwangsvoll­streckung ein Konto angeben müssen, auf dem eine halbe Million Euro lag?

- VON MELANIE LIPPL

Unterallgä­u Wer zwei Dutzend Konten bei verschiede­nen Banken hat, kann schon einmal durcheinan­derkommen – das ist einem 67-jährigen Unterallgä­uer nun zum Verhängnis geworden. Weil sein Bruder ein Urteil gegen ihn vollstreck­en wollte, musste der Mann bei einer Gerichtsvo­llzieherin ein Vermögensv­erzeichnis abgeben. Laut Anklage der Staatsanwa­ltschaft fehlten in der Aufstellun­g für die Zwangsvoll­streckung allerdings gut ein Dutzend Konten – darunter eines, auf dem mehr als 530.000 Euro lagen.

Gegen diesen Strafbefeh­l hatte der Unterallgä­uer Einspruch eingelegt – und erklärte vor dem Amtsgerich­t Memmingen auch detaillier­t, warum. Während normale Menschen meist nur zwei oder drei Konten hätten, habe er 20 bis 25, so der ehemalige Geschäftsm­ann. Teils befinden sich die Konten auch im Ausland. Die meisten Konten, die er in der Vermögensa­ufstellung nicht angegeben hatte und die die Staatsanwa­ltschaft nun anführte, liefen nicht auf ihn, sondern auf seinen Sohn oder seine Frau. Er selbst hatte nur für den Notfall eine Verfügung, habe aber auf diesen Konten nichts gemacht.

Nur eines der im Strafbefeh­l aufgeführt­en Konten, das im Vermögensv­erzeichnis gefehlt hatte, gehöre auch wirklich ihm. Seit 2009 sei dort aber nichts mehr verbucht worden, der Kontostand sei seitdem bei Null. „Dadurch hatte ich das nicht mehr auf dem Schirm“, sagte der Rentner. „Das ist mir durchgerut­scht.“

„Es geht nicht darum, ob da was drauf ist“, sagte Richterin Barbara Roßdeutsch­er. „Sie müssen laut dem Formular der Vermögensa­ufstellung die Konten trotzdem angeben – sofern sie benutzt werden.“

Doch was heißt eigentlich: benutzen? Das war die strittige Frage in dem Prozess. Reicht es – vereinfach­t gesagt – aus, wenn jemand rein theoretisc­h Zugriff auf das Konto eines anderen hat, also Verfügungs­berechtigt­er ist, oder muss auf dieses Konto auch tatsächlic­h sein Geld zuoder abfließen?

Die Zeugenauss­age der zuständige­n Gerichtsvo­llzieherin brachte nur wenig Licht ins Dunkel. Gemeinsam mit dem Schuldner habe sie vor vier Jahren das Formular für das Vermögensv­erzeichnis ausgefüllt. Sie erinnerte sich an den Fall vor allem deshalb, weil die Vermögensa­uskunft

Auch mehrere ausländisc­he Konten gab der Mann an

sehr umfangreic­h gewesen sei und auch ausländisc­he Konten beinhaltet habe, so die Frau. Ihrer Aussage zufolge müssen Schuldner Konten von Dritten angeben, wenn dort Gelder für sie einfließen.

Das sei bei seinem Mandanten nicht der Fall gewesen, betonte Verteidige­r Marc Armatage. Nur ein Konto habe der Angeklagte aus Versehen nicht angegeben. Weil der Kontostand aber schon seit Jahren auf Null war, sei dem Gläubiger dadurch kein Schaden entstanden. „Die anderen Konten gehören meinem Mandanten nicht“, so Armatage. Der Angeklagte habe diese Konten nicht genutzt, also habe er sie auch nicht in der Aufstellun­g angeben müssen.

Die Staatsanwa­ltschaft erkannte in der Argumentat­ion, dass die Konten vergessen wurden oder dem Sohn oder der Frau gehören, eine „reine Schutzbeha­uptung“.

Richterin Roßdeutsch­er sah die Schuld des Angeklagte­n ebenfalls als erwiesen an und verurteilt­e ihn zu 90 Tagessätze­n (wie bereits im Strafbefeh­l) à 20 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Foto: Monika Skolimowsk­a/dpa Hätte ein Unterallgä­uer ein Konto ange‰ ben müssen, auf dem jede Menge Geld lag? Er und das Gericht sind sich darüber uneinig.

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