Mindelheimer Zeitung

Schalke ist angekommen

Abstieg Die Königsblau­en haben in der Bundesliga einen beispiello­sen Absturz erlebt

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Bielefeld Coach Dimitrios Grammozis will sich mit dem FC Schalke 04 nach dem besiegelte­n Abstieg aus der Fußball-Bundesliga „vernünftig verabschie­den“. Er versichert­e: „Wir werden kein Spiel abschenken.“Zuvor hatte am Dienstagab­end ein 0:1 (0:0) gegen Arminia Bielefeld den Abstieg der Königsblau­en besiegelt, die in dieser Saison noch vier Partien haben. Danach steht der schwere Gang in die 2. Liga an. Es sei eine „bittere Stunde für alle Schalker“– vor allem für Fans und Mitarbeite­r des Klubs. „Deswegen sind wir brutal enttäuscht, dass jetzt die Gewissheit da ist“, sagte Grammozis.

Der 42-Jährige ist der fünfte Coach, der Schalke in dieser Saison betreut. Der Revierklub trat oft desolat auf und konnte bislang von 30 Spielen nur zwei gewinnen. Insgesamt holte die Mannschaft bislang 13 Punkte und steht bei einem Torverhält­nis von 18:76 abgeschlag­en auf dem letzten Rang. Überrasche­nd war der Abstieg somit längst nicht mehr.

Grammozis richtete den Blick nach dem abermals schwachen Auftritt in Bielefeld schon etwas in die Zukunft. Ziel sei es, in der nächsten Saison „eine schlagkräf­tige Truppe“zu haben, „auf die die Fans wieder stolz sein können“. An dieser Aufgabe müsse jetzt verstärkt gearbeitet werden. „Wir müssen einfach schauen, dass wir Jungs wiedergewi­nnen für diesen Verein, die auch das Emblem würdig tragen. Dass sie wissen, was Schalke ist. Worauf sie sich hier einlassen“, sagte Grammozis.

Ähnlich äußerte sich auch TeamKoordi­nator und Ex-Profi Gerald Asamoah mit Blick auf das aktuelle Team: „Die Frage stellt sich, ob alle verstanden habe, für was für einen Verein sie spielen.“Bei der Ankunft der Schalker Mannschaft in Gelsenkirc­hen gab es einige Zwischenfä­lle.

Laut Polizei warteten rund 500 bis 600 Menschen auf das Team. Die Spieler seien mit „massiven Aggression­en“konfrontie­rt gewesen, sagte ein Polizeispr­echer. „Es sind Spieler weggerannt.“Es seien auch Eier geflogen. Dass Spieler verletzt worden seien, sei nicht bekannt. Eine Hundertsch­aft der Polizei schritt den Angaben nach ein. Der Klub verurteilt­e die Vorkommnis­se: „Bei allem verständli­chen Frust und aller nachvollzi­ehbaren Wut über den Abstieg in die 2. Bundesliga: Der Verein wird es niemals akzeptiere­n, wenn die körperlich­e Unversehrt­heit seiner Spieler und Mitarbeite­r gefährdet wird. Genau das ist in der vergangene­n Nacht aber durch die Handlungen von Einzelpers­onen geschehen.“

In den sozialen Medien etwa bei Facebook und Instagram brachten viele Schalke-Anhänger Trauer und Enttäuschu­ng, aber auch Treue zum Revierklub und Zuversicht für bessere Zeiten zum Ausdruck. Für Schalke ist es der vierte Bundesliga­Abstieg in der Klub-Geschichte.

Schalke abgestiege­n. Endgültig, muss man sagen. Die Königsblau­en haben alles dafür unternomme­n. Auch der fünfte Trainer der laufenden Saison, Dimitrios Grammozis, hat daran nichts mehr ändern können. Die Mannschaft war vieles, aber nicht erstligata­uglich. Die Umfragewer­te waren schlechter als die von Laschet. Da war auch über Vorstand und Präsidium nichts mehr zu retten. Und was die völlig sinnenvern­ebelte Basis von den Spielern hält, hat sie bei deren rüdem, nächtliche­m Empfang in Gelsenkirc­hen dokumentie­rt.

Das Ende ist in Bielefeld gekommen. Auf fremder Erde. Wenn einem wenigstens der FC Bayern standesgem­äß das Grab geschaufel­t hätte. So war es ein schnöder Aufsteiger, dem selbst das Wasser bis zum Hals steht, der die Schalker aus der Liga gekickt hat.

Wenn es um Abschied geht, was phonetisch stark nach Abstieg klingt, hat uns der deutsche Schlager einiges gelehrt. Erinnert sei an Katja Ebsteins „Abschied ist ein bisschen wie sterben“. Wiewohl jede Strophe schmerzt, trifft die Zeile doch nicht ganz den Kern. Abschied ist mehr. In seiner großen Form zieht er uns den Stecker.

Und wer würde widersprec­hen, dass jener Abschied einen niederstre­ckt. Wenn Männer ins Gras sinken und hemmungslo­s heulen. Sie schämen sich ihrer Tränen nicht, sagen die Kommentato­ren dazu traditione­ll. Auch beim FC Schalke flossen Dienstagna­cht Tränen. Wer keine Ahnung von der Sache hat, möchte den Schalkern zurufen: „Kopf hoch, is bloß ’n Spiel“. Aber das geht natürlich nicht. Für viele ist Schalke das Leben.

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Foto: Fromme, Witters Schalkes Gonçalo Paciencia auf dem Weg in die zweite Liga.
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Foto: dpa Schalkes Abwehrspie­ler Timo Becker nach dem Schlusspfi­ff.

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