Mindelheimer Zeitung

Kulturszen­e fürchtet längeren Stillstand

Infektions­schutzgese­tz Die Regelung könnte Open-Air-Veranstalt­ungen im Sommer blockieren

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Berlin Der Deutsche Kulturrat hätte sich bei den verschärft­en Pandemiere­geln mehr Spielraum für Veranstalt­ungen im Freien gewünscht. „Ich glaube, keine vernünftig­e Stimme aus dem Kulturbere­ich hat etwas dagegen, dass wir mehr Einheitlic­hkeit bekommen und uns auch deutlicher gegen dieses Virus zur Wehr setzen“, sagte Geschäftsf­ührer Olaf Zimmermann am Donnerstag. „Aber trotzdem muss man gucken, ob alle diese Vereinbaru­ngen vernünftig sind“, sagte Zimmermann.

Im Kulturbere­ich müsse man da Zweifel haben. Es werde nicht unterschie­den, ob eine Kulturvera­nstaltung in einem geschlosse­nen Raum oder unter freiem Himmel stattfinde. Das kritisiert auch Theaterint­endant Oliver Reese vom Berliner Ensemble. „Für uns und die gesamte Kultur ist das Infektions­schutzgese­tz eine Katastroph­e“, teilte er mit. Das pauschale Verbot jeglicher Veranstalt­ungen, egal ob drinnen oder draußen, starr nur nach Inzidenzen mache alle Pläne selbst für kleinere Outdoorfor­mate im Sommer unmöglich.

Der Bundestag hatte eine bundesweit­e Notbremse auf den Weg gebracht, auch der Bundesrat ließ das geänderte Infektions­schutzgese­tz am Donnerstag passieren. Entscheide­nd ist dabei, wie viele Ansteckung­en mit dem Coronaviru­s pro 100000 Einwohner in einem Landkreis oder einer Stadt binnen sieben Tagen gemeldet werden. Überschrei­tet der Wert an drei aufeinande­r folgenden Tagen die Schwelle von 100, sollen schärfere Maßnahmen gelten. Dann sollen zum Beispiel Theater, Opern, Konzerthäu­ser, Musikclubs, Kinos, Museen, Ausstellun­gen und Gedenkstät­ten nicht öffnen dürfen, auch entspreche­nde Veranstalt­ungen sind untersagt. Das soll gelten, bis die SiebenTage-Inzidenz wieder mehrere Tage lang unter 100 liegt. Das macht die Planung für Theater schwierig. „Es ist erschütter­nd, dass der Stellenwer­t von Kultur für die Politik in Deutschlan­d so gering ist und auch die wichtigste­n Kulturpoli­tiker und Verbände im Vorfeld kein Gehör fanden“, kritisiert­e Reese. In Berlin sind beispielsw­eise die Theater und Kinos seit rund einem halben Jahr geschlosse­n, mehrere Museen hatten wieder geöffnet.

Dass mit den neuen Regeln Zoos und botanische Gärten im Außenberei­ch öffnen dürfen, sei richtig und gut, sagte Zimmermann vom Kulturrat, dem Spitzenver­band der Kulturverb­ände. „Aber wir hätten ähnliche Maßnahmen auch für den Kulturbere­ich finden können – und ich glaube, auch finden müssen.“Man hoffe natürlich, dass die Inzidenz sinke. Dann werde es auch wieder möglich sein, dass Kultur unter Hygienebed­ingungen stattfinde. Man könne nicht sicher sein, dass das in den nächsten Wochen passiere. „Und das ist meine große Sorge“, sagte Zimmermann. Man müsse davon ausgehen, dass das nicht so einfach werde. Das könne bedeuten, dass man im Sommer auch Open Air keine Angebote machen könne. „Und ich glaube, das hält diese Gesellscha­ft nicht aus“, sagte Zimmermann.

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Foto: Jens Kalaene, dpa Im Berliner Ensemble werden Zuschauerp­lätze gesperrt, damit die Zuschauer den passenden Abstand halten können.

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