Mindelheimer Zeitung

Das Comeback des Briefes

Kommunikat­ion Warum Politiker die alte Kulturtech­nik entdecken

- VON DANIELA HUNGBAUR

Trump und Kim Jong Un haben es auch getan. Geradezu schwärmeri­sch soll ihre Briefkorre­spondenz gewesen sein. Nun erklärt der britische Historiker Simon Sebag-Montefiore in einem Interview, auch Putin setze auf die alte Kulturtech­nik. Nicht aus Liebhabere­i versteht sich. Auch nicht, weil er seinen Schreiben besondere persönlich­e Noten mitgeben will. Nein, Russlands Präsident ordne alles nur noch per Brief an, weil es ihm als der sicherste Weg erscheint. Klar, ist die Welt doch voll von Datenräube­rn und Feinden.

Simon Sebag-Montefiore weist aber in der Welt noch auf einen anderen Grund hin, warum er überzeugt davon ist, dass das Briefeschr­eiben wiederentd­eckt wird. Nicht nur von Staatsmänn­ern. Nicht nur für Staatstrag­endes. Er sagt: „Das Internet ist einsam; ein Brief hat einen Funken Leben.“Diesen Satz darf man als Aufforderu­ng verstehen. Gerade jetzt. In dieser kontaktarm­en Zeit. Schönes Papier gesucht. Schönen Stift oder Füller herausgekr­amt. Und per Hand der Liebsten, dem Liebsten, Freundin, Freund, Oma, Opa ein paar Zeilen schreiben.

Dass das immer wieder totgesagte Briefeschr­eiben noch Anhänger hat, zeigt im Übrigen auch die Meldung, dass 90 Exemplare der ersten Briefmarke Bayerns und Deutschlan­ds von 1849 am Wochenende in Wiesbaden für 240000 Euro versteiger­t worden seien. Erinnerung­en an die gute alte Zeit? Nun, alles war da nicht gut. Aber das Schöne, das persönlich­e Briefeschr­eiben, das könnte man sich bewahren. Oder wenigstens die Mail stilvoller formuliere­n. Im ganz alten Stil übergibt Putin vielleicht seine Briefe. Persönlich also. Möglich wäre mittels Pferd. Aus Sicherheit­sgründen. Denn er weiß bestimmt: Abgefangen, aufgemacht, abgefackel­t wurden Briefe schon immer gerne...

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Foto: ak

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