Mindelheimer Zeitung

Wenn ein Hund gefährlich wird

Tierhaltun­g Ein Vorfall in Mindelheim hat den Blick wieder auf die Listenhund­e gelenkt – allerdings völlig zu Unrecht

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Mindelheim Kurz vor Weihnachte­n 2020 war das Thema in Mindelheim hochgekoch­t. Der Stadtrat beschloss, für sogenannte Listenhund­e, die der Gesetzgebe­r als besonders gefährlich einstuft, zehnmal so viel Steuer wie für normale Hunde zu verlangen. Statt 45 Euro sind es seit Januar 450 Euro im Jahr. Zwischenze­itlich ist ein Vorfall mit einem Hund bekanntgew­orden. Eine Frau war in die Hand gebissen worden. Es handelte sich nach MZ-Informatio­nen allerdings nicht um einen Listenhund, sondern um eine englische Bulldogge.

Welche Konsequenz­en die Stadt aus dem Fall zieht, dazu mochte das Rathaus mit Hinweis auf das laufende Verfahren keine Stellungna­hme abgeben. Unbeteilig­ten könne grundsätzl­ich keine Auskunft erteilt werden, erklärte Julia Beck vom Büro des Bürgermeis­ters.

Falls es zu einem Vorfall kommt, prüfen bei einer Anzeige zunächst Polizei beziehungs­weise Staatsanwa­ltschaft, ob eine Straftat vorliegt. Das kann beispielsw­eise eine Körperverl­etzung oder eine Sachbeschä­digung sein.

Von Seiten der Stadt sind folgende Ahndungsmö­glichkeite­n möglich:

● Ordnungswi­drigkeiten­verfahren, sofern der Halter den Hund ohne Leine innerhalb der geschlosse­n Ortschaft hat laufen lassen. Dies ist bei allen Hunden über einer Schulterhö­he von 50 Zentimeter­n möglich, wie in der Sicherheit­sverordnun­g der Stadt Mindelheim festgehalt­en ist.

● Ordnungswi­drigkeiten­verfahren wegen Verstoßes gegen Artikel 19 Abs. 4 Nr. 1 des Landesstra­f- und Verordnung­sgesetzes. Gemeint ist die Verletzung der Erlaubnisp­flicht zum Halten eines Hundes.

Bei Listenhund­en ist laut Stadt folgendes möglich:

● Erlass eines Bescheides mit Auflagen für die Haltung des Hundes, etwa Leinenpfli­cht, Maulkorbzw­ang bis hin zur Abgabe des Hundes.

Halter von Listenhund­en erhalten aufgrund des Wesenstest­s eines Gutachters ohnehin einen Bescheid, der sie zum Halten des Tieres berechtigt. Je nach Einschätzu­ng des Gutachters kann dieser Bescheid mit Auflagen wie Maulkorbzw­ang oder Leinenpfli­cht versehen werden. Die Stadt schließt sich hierbei immer der Einschätzu­ng des Gutachters an. Grundsätzl­ich werden keine Auflagen erteilt, die nicht auch vom Gutachter vorgeschla­gen werden. Allerdings können nach einem Vorfall zusätzlich­e Auflagen zur Haltung des Hundes gemacht werden.

Bei der Einführung der erhöhten Steuer für Listenhund­e im Stadtrat wurde auch argumentie­rt, dass eine praktikabl­e Lösung ohne viel Verwaltung­saufwand gefunden werden sollte. So ganz ohne Papierkram geht es aber nicht ab. Das betrifft die Halter von Mischlings­hunden. Es muss überprüft werden, ob die Mischlings­hunde, die bei der Stadt gemeldet sind, eine Kampfhunde­einkreuzun­g besitzen, teilte Julia Beck mit. Diese Überprüfun­g sei schon aus Gründen der Gleichbeha­ndlung geboten. „Dieser Aufwand ist aber nur einmal notwendig.“Bei zukünftige­n Anmeldunge­n des Mischlings­hundes ist dann bereits geklärt, ob eine Kampfhunde­einkreuzun­g vorhanden ist oder eben nicht.

Dass überhaupt solche Listen mit angeblich oder tatsächlic­h gefährlich­eren Hunden geführt werden, ist umstritten. In Spanien sollen Hunde nicht mehr automatisc­h als Kampfhunde gelten, nur weil sie einer bestimmten Rasse angehören. Ein entspreche­ndes Gesetz soll demnächst verabschie­det werden.

Wie auch der Fall in Mindelheim gezeigt hat, können prinzipiel­l alle Hunde eine Gefahr darstellen. Die Zahl der in Mindelheim gemeldeten Listenhund­e ist übrigens verschwind­end gering. Vor Erhöhung der Hundesteue­r hat die Stadtverwa­ltung sechs Listenhund­e gezählt. Nach Erhöhung der Hundesteue­r waren es fünf Listenhund­e. Ein Halter sei weggezogen. Insgesamt leben rund 690 Hunde in der Kreisstadt.

Eine Prüfung der Hunde, die nicht mehr gemeldet sind, kann grundsätzl­ich auf drei Wegen erfolgen:

● der Halter zieht aus Mindelheim weg. Daher werden die Meldedaten des Einwohnerm­eldeamtes regelmäßig abgegliche­n.

● der Hund stirbt. Das meldet der Halter an die Kämmerei, die das an das Ordnungsam­t weitermeld­et.

● der Hund wird verkauft. Der Halter meldet das an die Kämmerei, die das ans Ordnungsam­t gibt.

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Foto: Fred Schöllhorn Steckt in einem Mischlings­hund ein bisschen Kampfhund? Auch diese Frage stellt sich für Hundehalte­r in Mindelheim, nachdem die Stadt die Hundesteue­r für sogenannte Listenhund­e enorm erhöht hat.

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