Kahlschlag am Hochhaus
Bauen Weil Mindelheim keine Baumschutzverordnung hat, kann völlig legal schon mal ein halber Hang rasiert werden
Mindelheim Verschwindet ein Baum aus dem Stadtbild, gibt es fast jedes Mal eine Debatte darüber, ob das Grün hätte nicht besser geschützt werden müssen. Im Mindelheimer Stadtrat ist es deshalb zur festen Einrichtung geworden, dass Stadtgärtner Martin Honner die Kommunalpolitiker in aller Regel vorher darüber informiert, wenn ein Baum weichen muss. Das Verfahren hat nur einen Schönheitsfehler: Es betrifft nur Bäume auf öffentlichem Grund. Für Privatgrundstücke gelten andere Regeln.
Eine Baumschutzverordnung wie im benachbarten Bad Wörishofen gibt es in der Unterallgäuer Kreisstadt nicht. Das kann Folgen haben, wie ein Fall an der Memminger Straße zeigt. Im Oktober 2020 hat der Stadtrat ein Bauvorhaben auf den Weg gebracht, mit dem im Mindelheimer Westen neuer, dringend benötigter Wohnraum geschaffen werden soll. Im Bereich Unterer Mayenbadweg und Memminger Straße soll das Gebiet um das bestehende Hochhaus mit Geschossbau verdichtet werden. Drei neue Mehrfamilienhäuser mit 51 Wohneinheiten sollen entstehen. Das bestehende siebenstöckige Hochhaus bleibt erhalten. Auch hier sollen Wohnungen gebaut werden.
Der Bebauungsplan soll im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden, damit die Firma ImmoConsult
möglichst rasch ihre Pläne umsetzen kann. Das Immobilienunternehmen aus Kaufbeuren plant demnach einerseits, das derzeit leer stehende Hochhaus so auszubauen, dass es insgesamt sieben Stockwerke und auf dem Dach ein zusätzliches Geschoss mit Wohnräumen bekommt. Das Hochhaus wurde in der Vergangenheit als Unterkunft für Flüchtlinge und zuletzt für Berufsschüler genutzt.
Gebaut werden sollen in dem Gebiet auch drei Mehrfamilienhäuser mit über 30 Wohnungen, darunter Penthouse-Wohnungen. Die Autos sollen in einem Parkhaus Platz finden. In einem ersten Schritt nun sind dutzendweise Bäume gefällt worden, so dass das Hochhaus jetzt noch deutlicher zu sehen ist als bisher. Schon im vergangenen Herbst hatte sich Stadtrat Peter Miller (ÖDP) für den Erhalt der Bäume eingesetzt. Damals hatte Bürgermeister Stephan Winter gesagt, der eine oder andere Baum werde weichen müssen. Es sei aber nicht im Interesse der Stadt, Bäume zu beseitigen. Ziel sei, in dem Gebiet sogar deutlich mehr Bäume zu haben als zuvor. Im Stadtrat hat eine Baumschutzverordnung übrigens keine großen Sympathien. Selbst Befürworter fürchten, der Natur damit keinen Gefallen zu tun. Vor einer Einführung könnte so mancher noch schnell Fakten mit der Motorsäge schaffen.