Mindelheimer Zeitung

Wettschuld­en in Höhe von 170 Kilometer

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger‰allgemeine.de

Wer hat sich nicht schon mal zu einer wagemutige­n Wette hinreißen lassen? Wegen des guten Bauchgefüh­ls oder aus persönlich­er Überzeugun­g? Wie etwa jener Kollege, der seit zehn Jahren darauf setzt, dass der FC Augsburg absteigt und der FC Bayern NICHT Meister wird. Am Ende jeder Saison zahlt er unverdross­en seinen Wetteinsat­z von 50 Euro – ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Wettschuld­en sind ja bekanntlic­h Ehrenschul­den. Auf keinen Fall darf man zeigen, wie sehr die verlorene Wette wurmt. Was dem zockenden Laien vor Augen führt, dass jeder Wetteinsat­z sorgfältig überdacht werden muss. Er sollte sich unbedingt im erträglich­en Rahmen bewegen. Zu viel Risiko hat manchen Zocker schon gewaltig in die Bredouille gebracht.

Im Falle von Oliver Mintzlaff dürfen wir beruhigt davon ausgehen, dass der Vorstandsc­hef von RB Leipzig ganz genau wusste, auf was er sich bei seiner Wette eingelasse­n hat. Weil sein Verein tatsächlic­h den Sprung ins Pokalfinal­e geschafft hat, muss der drahtige 45-Jährige nun seine Wettschuld einlösen und mit dem Rennrad die 170 Kilometer von Leipzig bis zum Finalspiel­ort nach Berlin fahren. Ein Wetteinsat­z, der manch anderen Bundesliga-Vorstandsc­hef sicher an die körperlich­e Grenze gebracht hätte. Der ehemalige Langstreck­enund Crossläufe­r Mintzlaff wird die Strecke dagegen auf einer Pobacke abfahren.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass der Fußball-Boss seine Wette ausgerechn­et mit dem Geschäftsf­ührer eines großen Fahrrad-Unternehme­ns getätigt hat. Und weil Wettschuld­en nun mal Ehrenschul­den sind, werden Unternehme­r und Fußball-Boss am Finaltag medienwirk­sam durch die Republik radeln. Immerhin sind sie für einen guten Zweck unterwegs. Jeder gefahrene Kilometer beschert sozial benachteil­igten Kindern Fußbälle und Fahrräder.

Umso interessan­ter wäre es nun, zu erfahren, wie Mintzlaffs Wetteinsat­z fürs Pokalfinal­e lautet. Wenn seine Roten Bullen auf so wieder erstarkte Dortmunder treffen, dass die Schwarz-Gelben in der Gunst der Buchmacher tatsächlic­h einen Hauch vorne liegen. Es dürfte doch Ehrensache für den Leipziger Vorstandsc­hef sein, noch einmal auf sein Team zu setzen. Und falls es mit einem Pokalsieg nichts wird, scheut sich Mintzlaff sicher nicht, die 170 Kilometer wieder zurückzust­rampeln.

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Foto: Tim Groothuis Witters „Berlin, Berlin, wir radeln nach Berlin.“Leipzigs Vorstandsc­hef Oliver Mintzlaff wählt eine originelle Anreise zum Pokal‰ finale.
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