Verrutschte Badehose führt zu Eklat
Justiz Ein Senior aus dem Wertachtal soll sich in einer Therme absichtlich entblößt haben. Der 75-Jährige bestreitet die Tat allerdings. Wie er den Vorfall vor Gericht erklärt
Ostallgäu Ein Besuch in der Kristalltherme in Schwangau nahm für einen 75-jährigen Ostallgäuer vergangenen August ein jähes Ende, nachdem er sich mit dem Vorwurf der Erregung öffentlichen Ärgernisses und einem Hausverbot konfrontiert sah.
Schon zuvor hatte er mit seiner Frau regelmäßig die Badeanstalt aufgesucht, um seinen starken Schmerzen im Lendenwirbelbereich entgegenzuwirken. Vor dem Kaufbeurer Amtsgericht wurde er beschuldigt, dort im August 2020 mit „bis zu den Knien heruntergelassener Hose“am Warmwasserzulauf eines Beckens sein erigiertes Glied in den Händen gehalten zu haben. Der Senior sei dabei von zwei minderjährigen Zeuginnen beobachtet worden. Eine davon erklärte, dass er sie aufgrund ihres Planschens „eigentlich bemerkt haben“müsse.
Ähnliches soll sich auch an einem Sonntag im Juli abgespielt haben, wobei der Angeklagte glaubhaft darlegen konnte, sich an diesem Tag nicht in der Therme befunden zu haben. Zudem konnten ihn die Zeuginnen sowohl im Gerichtssaal als auch bei der polizeilichen Befragung nicht eindeutig identifizieren.
Dass er am 27. August im Bad anwesend war, gab der Beschuldigte allerdings zu. Jedoch bestritt er, sexuelle Handlungen an sich vorgenommen zu haben. Außerdem gab er an, die im Becken anwesenden Minderjährigen nicht wahrgenommen zu haben, da er am Beckenrand eingenickt sei. Auch seine Frau, die sich an diesem Tag in der Therme befand, bestätigte, ihren Mann „mit geschlossenen Augen“an den Beckenrand gelehnt gesehen zu haben.
Durch seine wohl durch die Strömung verrutschende Badehose geweckt, hätte er mit seinen Händen seinen Intimbereich bedeckt und versucht, sich wieder anzukleiden. Laut seiner Verteidigerin „gab es nicht den geringsten Anlass, jemanden belästigen zu wollen“. Außerdem legte sie ein Attest vor, das die beim Angeklagten seit Jahren vorliegende Erektionsstörung bestätigte. Schon am Tag nach dem Geschehen hätte er, so der ermittelnde Polizeibeamte, einen mehrseitigen Brief an ihn übergeben, der seine Sicht der Dinge schilderte. Auch entschuldigte er sich glaubhaft und ausführlich bei der anwesenden Geschädigten für die Geschehnisse.
Der Staatsanwalt zweifelte in seinem Plädoyer an der Schuld des Angeklagten an dem im Juli beobachteten Vorfall. Schwieriger gestalte es sich beim zweiten Geschehen, denn „allein das Entblößen reicht für den Tatbestand, ein erigiertes Glied oder ein Manipulieren“sei dafür nicht notwendig. Den Vorsatz sah er aufgrund der Schilderungen der Geschädigten als gegeben, da der Angeklagte ihre Anwesenheit im Becken „wahrgenommen haben muss“. So hätte er sich „in einem Fall der Erregung schuldig gemacht“. Da er nicht vorbestraft sei und sich glaubhaft entschuldigt hätte, wäre dies aber „am äußeren unteren Rahmen zu ahnden“. Er forderte 40 Tagessätze zu je 70 Euro. Die Verteidigerin sah im zweiten Vorfall „kein strafbares Fehlverhalten“und betonte abermals, dass es nicht die Absicht ihres Mandanten gewesen sei, „irgendwen zu verletzen“, weshalb sie für einen Freispruch plädierte.
Der Richter sprach den Angeklagten frei – ein Urteil, das den Mann in Tränen der Erleichterung ausbrechen ließ.