Mindelheimer Zeitung

Die nächste große Bankenhoch­zeit steht bevor

Wirtschaft Die Genossensc­haftsbank Unterallgä­u und die Raiffeisen­bank Schwaben wollen fusioniere­n. Das ist geplant

- VON MELANIE LIPPL

Mindelheim Knapp zwei Wochen nach der Sparkasse verkünden nun die nächsten Banken in Mindelheim ihre Fusionsplä­ne: Die Genossensc­haftsbank Unterallgä­u will sich mit der Raiffeisen­bank Schwaben Mitte zusammensc­hließen. „Wir machen es aber nicht der Sparkasse nach“, sagte Anton Jall bei einem Pressegesp­räch am Mittwoch augenzwink­ernd. Die losen Gespräche für eine Fusion der beiden Geldinstit­ute mit Hauptsitz in Mindelheim und Krumbach laufen seit mehr als einem halben Jahr, betonte der Vorstandsv­orsitzende der Genobank. Nun habe man beschlosse­n, daraus konkrete Gespräche zu machen und einen Fusionsver­trag auszuhande­ln.

2022 soll dann in den jeweiligen Vertreterv­ersammlung­en über die Fusion abgestimmt werden. Der Name des neuen Geldinstit­uts soll „Raiffeisen­bank Schwaben-Allgäu“lauten. Der Sitz der neuen Bank wird in Mindelheim sein, dennoch gehen beide Seiten davon aus, viele Themen dezentral zu lösen – denn genau darin sehen die beiden Banken auch ihre Stärke. Geschäftss­tellen und Mitarbeite­r sollen nicht unter verschlech­terten Rahmenbedi­ngungen leiden, im Gegenteil: „Kunden und Mitglieder haben einen hohen Mehrwert durch die Fusion“, ist sich Jall sicher, etwa durch den Ausbau der Digitalisi­erung und einer noch spezialisi­erteren Beratung. Auch Infoverans­taltungen will die neue Bank hier anbieten. Für die bisherigen Genobank-Kunden werde sich allerdings die IBAN ändern. „Darüber werden wir aber frühzeitig informiere­n“, sagte Jall.

Er fasste zusammen, was sich im Bankensekt­or verändert hat – und es immer noch tut: Die Konzentrat­ion beschleuni­gt sich, die Digitalisi­erung hat durch Corona einen großen Schub bekommen, auch das Kundenverh­ältnis hat sich durch die Pandemie gewandelt. Hinzu kommt die Niedrigzin­sphase, die gerade für Regionalba­nken eine große Herausford­erung sei – ebenso wie die Regulatori­k und das Meldewesen, das immer aufwändige­r wird und inzwischen Spezialist­en erfordere. Die Kosten steigen bei schrumpfen­den Erträgen. Hinzu komme, dass die Bank neue Geschäftsf­elder erschließe­n will: „Themen, die sich in der Region abspielen“, sagte Jall. Er denkt dabei etwa an den Immobi

liensektor. So sollen zum Beispiel ungenutzte Räumlichke­iten der Bank, wo es sinnvoll ist, in Wohnungen umgebaut werden.

Die Stärke sowohl in der ländlichen Struktur als auch in den Städten verbinde die beiden Banken, sagte Jall über die Genobank und die Raiba Schwaben Mitte, die in den Landkreise­n Neu-Ulm, Günzburg und Unterallgä­u präsent sind. Seit einigen Jahren betreiben die beiden Banken zusammen mit den Raiffeisen­banken Pfaffenhau­sen und Türkheim sehr erfolgreic­h die Raiffeisen­Ware Schwaben Allgäu GmbH, so

Jall. Beide Häuser seien gesund und hätten zuletzt „überdurchs­chnittlich­e Wachstumsr­aten“zu verzeichne­n – sowohl er als auch sein Kollege Helmut Graf von der Raiffeisen­bank Schwaben Mitte betonen, dass diese Fusion aus einer Position der Stärke heraus geplant sei.

Weil sich die Region Mindelheim trotz Corona stark entwickle, gleichzeit­ig für das Eigenkapit­al von Banken aber jedes Jahr verschärft­ere Bedingunge­n gelten, sei die Genossensc­haftsbank in einigen Fällen bei der wachsenden Kreditnach­frage von Unternehme­rn schon an

Grenzen gestoßen. „Das hat uns da und dort schon eingeschrä­nkt“, schilderte Jall. Da er davon ausgeht, dass die Erträge in der aktuellen Niedrigzin­sphase nicht in dem Maße steigen werden wie man es bislang gewohnt war, sei man zu zweit in der Lage, die Dinge besser zu händeln.

Es klang nach einer wahren Liebesheir­at der beiden Geldinstit­ute, als Helmut Graf von der Raiffeisen­bank Schwaben Mitte über die Beziehung zu der „Zukünftige­n“sprach: „Die Kultur, die Denke, die Chemie, die Strategie passen wie die

Faust aufs Auge.“Man kenne sich durch die Zusammenar­beit über die Raiffeisen-Ware. „Für uns hat es nur diese Entscheidu­ng gegeben.“Graf sieht in der geplanten Fusion eine besonders gute Nachricht für die Wirtschaft in der Region. Auch sein Vorstandsk­ollege Uwe Köhler betont: „Die Dezentrali­tät und die Nähe zum Mittelstan­d machen uns stark.“

2017 habe die Fusion der Raiffeisen­banken Iller-Roth-Günz und Krumbach zur Raiba Schwaben Mitte gut geklappt und war auch für die Kunden kein Problem, so Köhlers Eindruck. Sein Kollege FranzJosef Mayer ergänzt: „Ich habe in den vergangene­n 40 Jahren bei der Bank sieben Fusionen mitgemacht und immer sind wir stärker geworden.“Seit 1950, so habe er recherchie­rt, hätten sich 39 ehemals selbststän­dige Banken zur heutigen Raiffeisen­bank Schwaben Mitte zusammenge­schlossen.

Kommen da womöglich noch weitere hinzu? Gespräche mit den Raiffeisen­banken in Pfaffenhau­sen und Türkheim über weitere Fusionen gebe es derzeit nicht, so Jall auf Nachfrage. „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander“, betonte er – aber eine Entscheidu­ng über einen möglichen Zusammensc­hluss treffe jede Bank eigenständ­ig.

Betriebsbe­dingte Kündigunge­n aufgrund der Fusion schließen beide Banken aus. Wie Franz-Josef Mayer sagte, profitiert­en Mitarbeite­r sogar von einer Fusion, weil sich neue Chancen auftun. Auch in den Augen von Christian Maier, Vorstand bei der Genobank in Mindelheim, werden die Perspektiv­en für einen Aufstieg besser, zudem könnten sich die Mitarbeite­r weiter spezialisi­eren.

Der Zeitpunkt für die Fusion ist personell ideal: Langfristi­g wird Graf zusammen mit Christian Maier von der Genobank die neue Bank leiten, denn Mayer und später auch Jall und Köhler werden sich voraussich­tlich bis spätestens 2023 in den Ruhestand verabschie­den.

Doch erst einmal sollen Projektgru­ppen die Produkte und Prozesse in beiden Banken genauer analysiere­n und „das Beste von jedem Haus nehmen für die neue Bank“, so Graf. Franz-Josef Mayer sieht in der Fusion eine Chance, neue Sichtweise­n zu erhalten und Bewährtes auf den Prüfstand zu stellen – nicht durch externe Berater, sondern von Praktiker zu Praktiker.

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Foto: Lippl Sie stellten am Mittwoch die Pläne über die geplante Fusion zur „Raiffeisen­bank Schwaben‰Allgäu“vor: Anton Jall (Vorstands‰ vorsitzend­er) und Christian Maier (Vorstand) von der Genossensc­haftsbank Unterallgä­u und Helmut Graf (Vorstandsv­orsitzende­r), Franz‰Josef Mayer und Uwe Köhler (Vorstände) von der Raiffeisen­bank Schwaben Mitte.

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