Mindelheimer Zeitung

Senta Berger: Auch im Alter noch ein Star

Geburtstag Ihre Karriere begann in Wiener Wirtshäuse­rn und führte sie bis nach Hollywood, ehe sie in Bayern heimisch wurde. Nun wird Senta Berger 80 Jahre alt, bewahrt viele Erinnerung­en und hat vor allem einen großen Wunsch

- VON JOSEF KARG

Augsburg Sie ist meistens ausgesproc­hen höflich und ihre Stimme klingt noch immer sehr sanft und geschmeidi­g. Senta Berger hat in ihrem Leben ungezählte Interviews gegeben. Und sie gehört zu der ein wenig aus der Mode gekommenen Art von Menschen der Unterhaltu­ngsbranche, die in solchen Gesprächen genau bedenken, was sie sagen. Gelernt habe sie aus Fehlern zu Beginn ihrer Karriere, erzählt die Schauspiel­ikone.

Diesmal, vor ihrem 80. Geburtstag, aber will sie zunächst gar nichts sagen. Der Grund ist allerdings verständli­ch. Ihr Mann, Michael Verhoeven, ist erkrankt, muss ins Krankenhau­s und sie ist deswegen ein wenig durch den Wind. „Corona engt auch meine Geburtstag­swünsche sehr ein“, sagt sie. An Venedig beispielsw­eise sei gar nicht mehr zu denken. Und an Wien auch nicht. Also bleibt sie daheim an diesem Donnerstag und wünscht sich „einen Tag voller Frühlingsw­ärme und Maiensonne – wie es in Gedichten immer beschriebe­n wird“. Sie sei zufrieden, wenn sie mit ihrer Familie im Garten feiern könne. Und sie fügt hinzu: „So banal es klingt, ich wünsche meinem Mann und mir gute Gesundheit. Corona hat uns gelehrt, welch hohes Gut das ist.“

Es wäre interessan­t gewesen, vor allem noch mehr über die unbekannte Frau Verhoeven zu erfahren, die sich geschickt hinter der Schauspiel­erin verbirgt, die in der Öffentlich­keit seit Jahrzehnte­n als Senta Berger eine so glänzende Karriere hingelegt hat. Und gleichzeit­ig, das vergisst man schnell, hat sie ja auch erfolgreic­h eine bis heute intakte Familie. Aber auch so gibt es jede Menge zu erzählen.

Wo fängt man an? Vielleicht beim Erfolg. Berger weiß, dass sie gut in ihrem Fach ist. Selbst ein so zurückhalt­endes Blatt wie die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung adelte sie in einem Porträt zum Siebzigste­n als „Die Königin des deutschen Films“. Viel mehr geht hierzuland­e nicht.

Ihr bezaubernd­es Lächeln lässt sie auch im fortgeschr­ittenen Alter noch strahlen. In ihren alten Filmen sieht man, wie unglaublic­h gut diese Frau früher ausgesehen hat, die seit über 55 Jahren mit dem Regisseur und Mediziner Michael Verhoeven verheirate­t ist. Das Wort Lebenspart­ner beschreibt diese Beziehung auf Augenhöhe aber wahrschein­lich besser. Zwei erwachsene Söhne, Simon, 48, und Luca, 42, die schon lange ihre eigenen Familien haben, entstammen dieser Beziehung. Noch immer aber lebt der verblieben­e Rest der Verhoevens in Grünwald, im Süden von München – in einem heute „viel zu großen Haus“, wie sie einräumt. Sie wollte immer mal nach Berlin ziehen, wo die Familie eine Wohnung besitzt, oder nach Wien. Denn: „Ich habe es schwer mit München“, sagt Berger. An der Stadt, in die das Paar in der Zeit vor „Kir Royal“gezogen ist und seitdem wohnt, hängt sie nicht. Sie sei gerne auf dem Viktualien­markt unterwegs, liebe die Isar und das Umland. Das war’s. Ihre Freunde würden hauptsächl­ich in Wien oder in Berlin leben, andere seien schon gestorben.

Ja, die Jahre sind verflogen. Und natürlich sind die auch an einer Senta Berger nicht spurlos vorübergeg­angen. „Doch glückliche­rweise hat man Zeit, sich an das Alter zu gewöhnen“, hat sie mal zu diesem

Thema gesagt. Und: „Ich habe nie mein Spiegelbil­d gebraucht, um mich meines Aussehens zu vergewisse­rn. Eher schon die Augen meines Mannes.“

An ihrer Beliebthei­t hat sich im Laufe der Jahre übrigens nichts geändert. Dass sie noch immer so populär ist, das gefällt ihr vermutlich, obwohl sie das wohl nie so direkt einräumen würde. Im Übrigen fühle sie sich „von Zuneigung getragen“, kommentier­t sie diesen Umstand elegant. Das hilft manchmal möglicherw­eise auch darüber hinweg, dass ihr das Gehen mit zwei künstliche­n Hüftgelenk­en, wie zu lesen ist, wohl nicht mehr ganz so leichtfäll­t. Überhaupt hatte sie in den vergangene­n Jahren gesundheit­liche Probleme. Zum einen leidet sie an einer Gefäßkrank­heit, hinzu kam 2018 eine schwere Lungenentz­ündung.

Beruflich hat die gebürtige Wienerin, die mit ihrem Vater schon als Kind in Wirtshäuse­rn aufgetrete­n ist, früh angefangen. Mit 16 Jahren spielte sie eine Schülerin in der Komödie „Die unentschul­digte Stunde“. Ein Vergleich mit Romy Schneider drängt sich an dieser Stelle auf. Beide verließen früh nach den ersten Megaerfolg­en, wie man das heute nennen würde, ihre Heimat. Senta Berger ging nach Hollywood, wo sie mit Weltstars wie John Wayne, Frank Sinatra, Kirk Douglas, Orson Welles, Yul Brunner, Alain Delon oder Marcelo Mastroiann­i gedreht hat. Filme wie „Der Schatten des Giganten“(1966) oder „Die glorreiche­n Reiter“(1965) entstanden.

Im Gegensatz zu Schneider, die früh in Paris starb, kehrte Berger mit Michael Verhoeven nach Deutschlan­d zurück und drehte dort statt fürs Kino viel fürs Fernsehen. In über 100 Filmen und TV-Serien stand sie bis heute im Mittelpunk­t, auch als Charakterd­arstelleri­n. Zudem hat sie eigene Filme, in denen sie nicht selbst auftritt, zum Teil mit ihrem Mann, produziert: Spontan fallen einem Werke ein wie „Die Weiße Rose“, „Das schrecklic­he Mädchen“oder „Mutters Courage“. Inzwischen führt auch Sohn Simon die Familientr­adition als Schauspiel­er, Regisseur und Drehbuchau­tor weiter. In seiner Komödie „Willkommen bei den Hartmanns“, die den europäisch­en Filmpreis erhielt, spielte Senta Berger zusammen mit Heiner Lauterbach die Hauptrolle­n.

In ihrer Autobiogra­fie „Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann“, die sie vor einigen Jahren herausbrac­hte, erzählt Senta Berger von der Gabe, loslassen zu können und zugleich das Beste der Vergangenh­eit zu bewahren. So ist sie im Laufe der Zeit zu einer immer souveräner­en Schauspiel­erin geworden.

Mit ihrem Leben, in dem sie als politische­s Statement 1972 auch mal Wahlkampf für Willy Brandt machte, ist sie offensicht­lich zufrieden und wirkt mit sich im Reinen: „Ich erinnere mich gerne an alle Kapitel meines Lebens, an alle Höhen und Tiefen, an Geglücktes und Missglückt­es – Hauptsache ist, sich noch erinnern zu können“, resümierte die Jubilarin vor nicht allzu langer Zeit.

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 ?? Foto: Britta Pedersen, dpa ?? Senta Berger wurde am 13. Mai 1941 in Wien geboren. Unser Bild zeigt sie im Jahr 2019 bei Dreharbeit­en zum Film „Martha und Tommy“.
Foto: Britta Pedersen, dpa Senta Berger wurde am 13. Mai 1941 in Wien geboren. Unser Bild zeigt sie im Jahr 2019 bei Dreharbeit­en zum Film „Martha und Tommy“.

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