Mindelheimer Zeitung

Europa muss mehr produziere­n

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger‰allgemeine.de

Eine klare Corona-Lehre lautet: Europa muss wieder mehr selbst herstellen und sich nicht zu sehr auf Asien als verlängert­e Werkbank verlassen. Das gilt für mehr Waren als Arzneien oder Masken. Der Stopp einer weiteren Deindustri­alisierung, ja der Start einer Reindustri­alisierung muss weiter greifen. Der chronische Chip-Mangel, also die schleppend­e Versorgung mit Halbleiter­produkten, zeigt, wie falsch es ist, sich zu sehr auf Asien zu verlassen. Dies hat etwa zu dem Missverhäl­tnis geführt, dass innerhalb der EU nur etwa zehn Prozent aller Chips weltweit produziert, aber rund 20 Prozent verbraucht werden. In Zeiten eines von China und den USA befeuerten weltwirtsc­haftlichen Aufschwung­s wirkt sich das fatal aus: Auch deutsche Auto-Konzerne, die immer mehr unter der unsicheren Versorgung mit elektronis­chen Bauteilen leiden, müssen ihre komplizier­t über die ganze Produktion­swelt gesponnene­n Liefernetz­e überdenken, weil sie sich zum Teil als anfällig erwiesen haben.

Ein solch neues europäisch­es Wirtschaft­sselbstbew­usstsein kann dazu führen, eigennützi­g wie Chinesen und Amerikaner Rohstoff-Politik zu betreiben. Europa muss also den Ausverkauf von Holz und den damit einhergehe­nden Preisansti­eg etwa zulasten des Handwerks rasch stoppen. Das ist kein EuroNation­alismus, sondern Selbstschu­tz. Produkte wie Holz und Stahl sind systemrele­vant. Mit Schüchtern­heit lassen sich die Interessen europäisch­er Bürger nicht wahren.

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