Kurdirektor: Wie der Vater, so der Sohn
200 Jahre Kneipp In der goldenen Zeit der Kneippkur erreichte Bad Wörishofen 1,3 Millionen Übernachtungen pro Jahr. Der damalige Kurdirektor und Kneipp-Autor Ludwig Burghardt vererbte seine Leidenschaft an seinen Sohn
Bad Wörishofen Als die Kneippkur in Bad Wörishofen noch ein Selbstläufer war, blickte einer bereits über den Tellerrand hinaus: Ludwig Burghardt, der von 1968 bis 1978 auch Kurdirektor von Bad Wörishofen war. Eine echte Familienangelegenheit, wie sich bald zeigte. Denn sein Sohn Lothar folgte ihm in diesem Amt nach.
Ludwig Burghardt erkannte bereits damals, wie wichtig es sei, Sebastian Kneipp, seine Lehre und sein Leben nicht nur weiter bekannt zu machen, sondern auch dauerhaft in der Gesundheitserziehung zu etablieren. Über das Leben und das Wirken des 2002 im Alter von 89
Jahren Verstorbenen weiß dessen
Sohn Lothar viel zu erzählen. Nach einigen Abstechern in andere Regionen lebt Lothar Burghardt schon seit einiger Zeit wieder Bad Wörishofen.
Ludwig Burghardt wurde 1913 in Lauingen geboren. Er arbeitete nach dem Besuch des Lehrerseminars in Dillingen zunächst als Taubstummenlehrer. In Dillingen hatte einst auch Sebastian Kneipp studiert. Dillingen nennt sich selbst Kneippstadt, vermutlich kam Burghardt schon dort mit Kneipps Lehre in Kontakt. 1939 allerdings wurde er zunächst zum Militär eingezogen. Es sollte nur für sechs Wochen sein, doch am Ende wurden daraus sechs Jahre, wie Lothar Burghardt erzählt. Sein Vater war im Zweiten Weltkrieg nach Rumänien abkommandiert, wo er seine Frau, eine Kölnerin, kennenlernte. Sie war dort ebenfalls im Kriegseinsatz. 1943 heirateten sie am Schwarzen Meer. Es folgte eine Gefangenschaft bei den Engländern in Norddeutschland, ehe Ludwig Burghardt 1948 an die Berufsschule in Bad Wörishofen kam. Diese übernahm er zehn Jahre später als Direktor. Schon damals ließ ihn Kneipp nicht mehr los. Lothar Burghardt erzählt: „Jetzt kneippalets wieder“, habe seine Mutter oft gesagt und habe dann schnell das Weite gesucht, wenn es in der Familie wieder einmal um dieses Thema ging. Für Bad Wörishofen war Ludwig Burghardt auf alle Fälle ein Glücksfall. Denn er war in dieser Zeit einer der wenigen, die Sebastian Kneipp vielfältig publizierten.
Schon als Lehrer an der Berufsschule machte er sich als Autor einen Namen, schrieb zeitweise auch für die Mindelheimer Zeitung, zumeist über kulturelle Veranstaltungen im Kurhaus. Seine Leidenschaft gehörte aber den Kneippvereinigungen. Burghardt hielt Vorträge und erwies sich für die Stadt als echter Medienprofi. Nach einem nicht besonders glücklichen Gastspiel seines Vorgängers als Kurdirektor fragten die Stadträte 1968 bei ihm an, ob er bei seiner Kneipp-Kompetenz nicht das Amt des Kurdirektors übernehmen wolle. Die Entscheidung, so Sohn Lothar, sei ihm nicht leicht gefallen, denn Ludwig Burghardt war auch gerne Lehrer an seiner Berufsschule. Dennoch übernahm er die Aufgabe und füllte sie mit großem Engagement aus. In seiner Zeit gehörte Wörishofen noch zu den „Übernachtungsmillionären“mit bis zu 1,3 Millionen Übernachtungen pro Jahr. Davon ist die Stadt heute weit entfernt. Vor der Corona-Pandemie waren es 654.000 Übernachtungen. Weil Burghardt eine schriftliche Aufarbeitung der Wörishofer Historie vermisste, initiierte er maßgeblich das Buch „1067 – 1967, Beiträge zur Geschichte 900 Jahre Wörishofen“. Er selbst schrieb darin das Kapitel „Wörishofen am Wendepunkt“, das sich selbstverständlich mit der Entwicklung des Dorfes mit Kneipp hin zum bekannten Kurort befasste. Später, 1992 ließ er noch sein eigenes Werk „Bad Wörishofen – Wie´s war – Wie´s wurde – Wie´s ist“folgen, ein Buch, das in anschaulicher Form die Geschichte des Ortes und die Bedeutung Kneipps für Wörishofen aufarbeitete. Daneben jedoch versuchte er stets, die Lehre Kneipps als Ansporn dafür zu etablieren, gesundes Leben in die Erziehung bei Jung und Alt mit zu integrieren. Dieser Ansatz beschäftigte ja Kneipp selbst bereits ebenso und ist heute aktueller denn je.
Dass er mit seinen Ansichten auch in der eigenen Familie zu überzeugen wusste, zeigte sich daran, dass sein Sohn Lothar 1978 sein Nachfolger als Kurdirektor der Stadt wurde. Wie er selbst erzählt, habe er Kneipp in den Genen bereits mitbekommen. Auch Lothar Burghardt publizierte Kneipp auf vielfache Weise, brachte den Wasserdoktor ins Fernsehen und vermittelte die Kneipplehre in die Bildung. Dazu trug besonders die Einführung der Kneipp-Akademie in Bad Wörishofen bei, welche die Gesundheitspädagogik zum Ziel hat. So wurden Erziehung und Gesundheit zusammengebracht, was ja das besondere Anliegen seines Vaters war. Lothar Burghardt hatte dies maßgeblich durchgesetzt. Zuletzt war er für den Rotary-Club, dessen Vorsitzender er im Augenblick noch ist, bei den Partnerclubs in ganz Deutschland als Kneipp-Referent unterwegs.
Burghardt senior und junior waren wesentliche Botschafter Kneipps und Wörishofens.