Türkheim verkauft überraschend nochmals Bauland
Immobilien Wer kaufen will, muss sich Fragen zu Einkommen und Vermögen gefallen lassen. Neue Vergaberunde startet diese Woche
Türkheim Weil Bauplätze in Türkheim heiß begehrt sind, hatte die Gemeinde schon im vergangenen Jahr Richtlinien für die Vergabe der gemeindeeigenen Baugrundstücke erlassen. Mit einem Punktesystem sollte sichergestellt werden, dass auch junge Familien ihren Traum vom Traumhaus in Türkheim verwirklichen können. Damals gab es eine lange Warteliste mit mehr als 150 Interessenten. Bis April 2020 mussten alle Bewerberinnen und Bewerber ihre Fragebögen abgeben und wurden dann nochmal vom Gemeinderat auf Herz und Nieren „durchleuchtet“, ehe sie den Zuschlag bekamen.
So waren die gemeindeeigenen Bauplätze schnell weg – doch zur Überraschung der Verwaltung sprangen dann plötzlich einige Interessenten wieder ab, die bereits den Zuschlag bekommen hatten. So kommt es jetzt also zu einer zweiten Vergaberunde, die in dieser Woche startet und bis 30. Juni läuft. Voraussichtlich 13 Bauplätze habe die Gemeinde Türkheim noch zu verkaufen, acht in Türkheim und fünf in Irsingen ließ Kämmerer ClausDieter Hiemer wissen. Und dies zu einem Preis, der offenbar meilenweit unter dem liegt, was auf dem freien Markt für solche Baugrundstücke kassiert wird.
230 Euro verlangt Türkheim pro Quadratmeter inklusive Erschließung für Bauplätze in den neuen Baugebieten in Türkheim, 200 Euro kostet der Quadratmeter im Baugebiet Türkheim-Bahnhof. Über die Preise des geplanten Baugebietes in Irsingen gibt es noch keine Entscheidung. Der Preis orientiere sich wie bislang an den Bodenrichtwerten plus einem „angemessenen Aufschlag“, der dann in die Gemeindekasse fließt.
Aus Erfahrung ist die Gemeinde aber klug geworden, machte Hiemer deutlich. Denn schon bei der ersten Vergaberunde habe sich gezeigt, dass die Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Bewerber nicht ausreichend gewesen seien, um eine möglichst gerechte Verteilung sicherstellen zu können. Damals habe die Gemeinde laut Hiemer „bewusst auf eine Einkommens- und Vermögensprüfung verzichtet“und festgelegt, dass „wir zum Verkehrswert und damit nicht vergünstigt verkaufen wollen“. Die explodierenden Preise bei Bauplätzen am freien Markt in Türkheim in den vergangenen zwölf bis 15 Monaten hätten jetzt dazu geführt, dass „wir bei unverändertem Verkaufspreis von 230 Euro ,gefühlt’ unter Wert verkaufen würden“, so Hiemer. Den Preis wolle die Gemeinde Türkheim halten, dürfe das aber nur, wenn „wir eine kommunale Aufgabe erfüllen“, so Hiemer, der als Beispiele die Ansiedlung junger Familien und soziale Kriterien nennt. Auch eine „Bedürftigkeitsprüfung“müsse dann vorgenommen werden, und es müsse geprüft werden, ob der Bewerber aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse einen vergünstigten Bauplatz von der Gemeinde „braucht“oder er sich eventuell doch einen Bauplatz am freien Markt leisten kann? Die Alternative zur Einkommensund Vermögensprüfung wären deutlich höhere Verkaufspreise gewesen, damit wir eben nicht Gefahr laufen, unter Wert zu verkaufen.
Also sah sich die Verwaltung veranlasst, deutlich nachzuschärfen und will so dafür sorgen, dass auch Bewerber eine Chance haben, die nicht über „überdurchschnittliche Mittel“verfügen.
Die große Frage war: „Braucht der oder die Bewerber einen günstigen Bauplatz von der Gemeinde?“, so Hiemer. Um das herauszufinden, müssen die Bewerber jetzt in den Fragebögen ihre finanziellen Verhältnisse offenlegen. Einige Eckpunkte der neuen Vergaberichtlinien, die ab dieser Woche auf der Homepage der Gemeinde heruntergeladen werden können: Das Jahreseinkommen eines Paares sollte nicht höher als 100.000 Euro liegen, bei Singles die Hälfte. Auch dürfe das Privatvermögen der Interessenten den Höchstbetrag von 200.000 Euro nicht überschreiten. Dazu werden auch Vermögenswerte wie Immobilien, Geld, Autos, Schmuck oder Wertpapiere gezählt, machte Hiemer deutlich. In der direkten Verwandtschaft dürfte zudem kein Bauplatz im Besitz sein. Wichtig sei auch zu beachten, dass sich alle Interessenten jetzt neu an der zweiten Vergaberunde beteiligen müssen – also auch Bewerber, die in der ersten Runde zum Zug gekommen wären, aber nicht „zugeschlagen“haben.