Mindelheimer Zeitung

Warum musste eine Mutter sterben?

Justiz Eine 35-Jährige wurde in Bad Wörishofen mit mehr als 30 Messerstic­hen getötet. Die Staatsanwa­ltschaft klagt nun ihren Lebensgefä­hrten an

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Kaum eine Gewalttat in Bad Wörishofen hat solch ein Aufsehen erregt wie der Tod einer Mutter in einem Arbeiterwo­hnheim. Die Frau wurde mit zahlreiche­n Messerstic­hen getötet – nachdem sie Monate zuvor einen anderen Messerangr­iff in Bad Wörishofen überlebt hatte. Dass im Zusammenha­ng mit der Tat Bad Wörishofen­s Polizeiche­f als Zeuge galt und sein Amt seither nicht mehr ausüben darf, kommt noch hinzu. Nun sind die Ermittlung­en abgeschlos­sen. Die Staatsanwa­ltschaft hat Anklage gegen den mutmaßlich­en Täter erhoben. Ihm droht im Falle einer Verurteilu­ng eine lange Haftstrafe.

Ein ehemaliges Kurheim in Bad Wörishofen, das Raffler, wurde zum zweiten Mal zum Tatort einer tödlichen Gewalttat. Ein damals 27-jähriger Bulgare soll in der Nacht zum Sonntag, 29. März, seine 35-jährige Lebensgefä­hrtin, eine Bulgarin, erstochen haben. Die Frau hinterläss­t eine neunjährig­e Tochter. Der Mann ist zwischenze­itlich 28 Jahre alt und sitzt seither in Untersuchu­ngshaft. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, die Frau mit mehr als 30 Messerstic­hen getötet zu haben. Das sagte Oberstaats­anwalt Thorsten Thamm unserer Redaktion. Die Stiche hätten Kopf und Oberkörper der Frau getroffen.

Ein leitender Ermittler hatte unserer Redaktion bereits im April geschilder­t, dass bei der Tat offenbar mehrere Messer verwendet wurden. Das Motiv für diese Tat habe man nicht klären können, sagt Thamm. Der 28-Jährige und die damals 35-Jährige seien aber alkoholisi­ert gewesen.

Die Ermittlung­en sind nun abgeschlos­sen. Die Staatsanwa­ltschaft klagt den 28-Jährigen wegen Totschlags an, vor dem Schwurgeri­cht des Landgerich­ts Memmingen. Bei Totschlag handelt es sich um ein Verbrechen, für das eine Mindesthaf­t von fünf Jahren als Strafe vorgesehen ist.

Aussagen von Bad Wörishofen­s damaligem Polizeiche­f Thomas Maier tauchen in der Anklagesch­rift laut Thamm nicht auf. Maier sei als Zeuge befragt worden, um „ein mögliches Motiv für die Tat abzuklären“, sagt Thamm dazu. Zunächst habe man angenommen, dass Maier dazu „relevante Angaben“machen könnte. Dies habe sich allerdings nicht bestätigt. Weiter wollte sich der Oberstaats­anwalt dazu aus Gründen des Persönlich­keitsschut­zes nicht äußern.

Diese Vernehmung stand laut Thamm aber auch „in unmittelba­rem Zusammenha­ng“mit Maiers Abberufung. Seither leitet Robert Stephan die Wörishofer Inspektion. Das wird zunächst auch so bleiben. Die neuen Erkenntnis­se hätten keine unmittelba­ren Konsequenz­en, machte Dominik Geißler klar, der Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West. Die Angelegenh­eit werde derzeit „noch dienstaufs­ichtlich geprüft“, sagte Geißler unserer Redaktion. Für Maier gelte derzeit ein „Verbot des Führens der Dienstgesc­häfte“, erläuterte Geißler und betont, dass es sich dabei ausdrückli­ch nicht um eine Disziplina­rmaßnahme handele, ebenso handele es sich nicht um eine Amtsentheb­ung.

In dem ehemaligen Kurheim Raffler wurde im September 2018 schon einmal ein Mensch getötet. Bei der Polizeiins­pektion Bad Wörishofen ist das Arbeiterwo­hnheim als Schwerpunk­t für Alkohol- und Gewaltdeli­kte hinlänglic­h bekannt.

Die dort getötete 35-Jährige war im Mai 2020 schon einmal Opfer eines Messerangr­iffs. Ihr damaliger Lebensgefä­hrte, ein heute 49 Jahre alter Bulgare, wurde für den Angriff auf sie, ihre Mutter und eine Nachbarin Ende Juni verurteilt.

Der 49-Jährige hatte in einer anderen Arbeiterun­terkunft in Bad Wörishofen innerhalb weniger Minuten drei Frauen mit einem Messer angegriffe­n und ihnen teils lebensgefä­hrliche Verletzung­en zugefügt. Das Gericht verhängte dafür elf Jahre Haft.

Bad Wörishofen­s ehemaliger Polizeiche­f darf sein Amt weiter nicht ausüben

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Archivfoto: Thomas Pöppel In einem ehemaligen Kurheim in Bad Wörishofen wurde eine Frau getötet. Es war bereits die zweite tödliche Tat in diesem Gebäude.

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