Mindelheimer Zeitung

Wo gesunde Kräfte sinnvoll walten

Vor 75 Jahren: Die ersten Vereine aus unserer Region treten dem Bayerische­n Landes-Sportverba­nd bei

- VON MANFRED JÖRG

Geschichte Im Jahr 1946 hat der BLSV von der US-Militärreg­ierung seine Lizenz erhalten. Im Gegensatz zum NS-Reichsbund für Leibesübun­gen wollte er sich von Anfang an ausschließ­lich um den Sport kümmern

Memmingen/Unterallgä­u Es ist der 21. Juni 1946, als der Sport in Bayern wieder in organisier­te Bahnen gelenkt wurde. An jenem Tag nämlich erhielt der neue Landes-Sportverba­nd im Freistaat vom „Office of military government for bavaria“die ersehnte Lizenz. Auf der Urkunde der US-Amerikaner werden drei Männer als „responsabl­e leadership“(verantwort­liches Führungste­am) benannt: Georg Maier, Adolf Schmucker und ein gewisser Rudolf Sedlmayer.

Der Auftrag dieses Trios war nichts weniger, als den Breitenspo­rt zu reorganisi­eren, fernab jeglicher NS-Ideologien und Kriegsvorb­ereitungen. Sedlmayer, Maier und Schmucker unterzeich­neten daraufhin am 18. Juli 1946 einen Aufruf „an alle Sportler und Sportlerin­nen Bayerns“. Darin betonten sie unter anderem: „Was unsere Vorgänger im NS-Reichsbund für Leibesübun­gen als Einheit des Sportes zu benennen beliebten, ging nur unter Ausschaltu­ng jeglicher gesunden Sportauffa­ssung und unter parteipoli­tischen Zwangsmaßn­ahmen vor sich.“Dem hielten die Unterzeich­ner entgegen, „dass es für unseren Verband keine edleren Beweggründ­e gibt, als nur dem Sport zu dienen“. Es war die Geburtsstu­nde des heutigen Bayerische­n Landesspor­tverbands (BLSV). Der hatte anfangs mit Vorurteile­n zu kämpfen, wie man in einigen Veröffentl­ichungen des BLSV aus jener Zeit lesen kann.

So machte der Verband bereits in seinen ersten Publikatio­nen vor 75 Jahren keinen Hehl daraus, dass der Weg aus der Diktatur auch im Sport keineswegs einfach war. In den Informatio­nsbriefen des Bayerische­n Landes-Sportverba­ndes wird 1946 in einer der ersten Ausgaben darauf hingewiese­n: Es „darf nicht verheimlic­ht werden, dass von verschiede­nen Seiten versucht wurde, in das Rad der Sportgesch­ichte mit dem Ziele einer Rückwärtsb­ewegung zu früher einmal üblichen Systemen einzugreif­en“. Wenn es trotz allem „gelungen ist, den Grundstein zu einer bayerische­n Einheitssp­ortbewegun­g zu legen und ein festes Fundament der Sportorgan­isation zu bilden, so ist dies einzig und allein den gesunden Kräften in gemeinsame­r Aufbauarbe­it zu verdanken“.

Auch distanzier­te sich der BLSV nach Kräften von der Vergangenh­eit: „Vielfach kann man hören, daß der Bayerische Landes-Sportverba­nd eine Nachahmung des ehemaligen NS-Reichsbund­es für Leibesübun­gen sei“, heißt es in den Amtlichen Sport-Mitteilung­en des BLSV vom 30. Oktober 1946. „Es kann nicht scharf genug darauf hingewiese­n erden, daß das Wesen des BLSV etwas ganz anderes darstellt als die früheren Organisati­onen im Sport. Der BLSV ist in seiner gesamten Struktur auf freiwillig­er Basis aufgebaut. Ohne jeden Zwang haben sich alle Richtungen, auch die, die im Jahr 1933 verboten wurden, sowie alle Sparten, soweit sie von der Militärreg­ierung zugelassen sind, zuund haben sich eine Dachorgani­sation für das Land Bayern geschaffen.“

Im Sportbezir­k Schwaben des BLSV gab es zehn Vereine, die 1946 als erste dem heutigen Sportkreis III (Unterallgä­u-Memmingen) beitraten. Das waren der TSV Babenhause­n, FC Bad Wörishofen, TSV Kettershau­sen-Bebenhause­n, TKSV Erkheim, FC Heimerting­en, TSV Legau, FC Niederried­en, SpVgg Wiedergelt­ingen, FC Winterried­en und TV Memmingen.

Das alles und noch viel mehr kann man im Buch „Bewegte und bewegliche Jahre“nachlesen, das der BLSV vor zehn Jahren veröffentl­icht hat. Darin wird an die Gründung des Verbandes unmittelba­r nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Herren Maier, Schmucker und Sedlmayer erinnert. Der zuletzt Genannte sollte in der Folge eine beeindruck­ende Funktionär­skarriere hinlegen. Sedlmayer war von 1955 bis 1973 Präsident des Bayerische­n Landes-Sportverba­ndes, dem er als Gründungsm­itglied angehört hatte. Ab 1967 war Sedlmayer auch Vorstandsm­itglied der Deutschen Sporthilfe. Er gehörte ebenfalls dem Organisati­onskomitee der Olympische­n Sommerspie­le 1972 in München an.

Zu Ehren des 1974 verstorben­en Sportfunkt­ionärs wurde nach seinem Tod die olympische Basketball­halle in München in „RudiSedlma­yer-Halle“umbenannt. Diesammeng­efunden se heißt seit 2011 offiziell „Audi Dome“, trägt jedoch weiterhin den früheren Schriftzug mit Sedlmayers Namen. In ihrem Foyer steht auch eine Büste des hochrangig­en BLSVVertre­ters.

Ein „Allgemeine­r Überblick“in den Informatio­nsbriefen fasst 1946 zusammen: „Man wird früher oder später einmal nicht umhinkönne­n, sich dieser Männer zu erinnern, die in mühseliger Arbeit Stein um Stein an- und aufeinande­rfügten, um die Grundmauer­n erstehen zu lassen, die heute schon sichtbar sind.“Im Lauf von 75 Jahren ist auf diesen Grundmauer­n ein großes und stabiles Gebäude gewachsen, das sich sehen lassen kann – auch im Kreis III Unterallgä­u-Memmingen.

 ?? Foto: Archiv Theophiel ?? Die Arbeit des Bayerische­n Landes‰Sportverba­ndes (BLSV), zum Beispiel bei der Ausbildung von Übungsleit­ern, ist heute vielfältig und weit verzweigt. 1946, also vor 75 Jah‰ ren, erhielt der Verband von der amerikanis­chen Militärreg­ierung in Bayern die Lizenz für sein sportliche­s Wirken.
Foto: Archiv Theophiel Die Arbeit des Bayerische­n Landes‰Sportverba­ndes (BLSV), zum Beispiel bei der Ausbildung von Übungsleit­ern, ist heute vielfältig und weit verzweigt. 1946, also vor 75 Jah‰ ren, erhielt der Verband von der amerikanis­chen Militärreg­ierung in Bayern die Lizenz für sein sportliche­s Wirken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany