Mindelheimer Zeitung

Kann ich meine Mallorca‰Reise jetzt absagen?

Sommerferi­en Spanien ist nun Hochinzide­nzgebiet. Wann ist eine kostenlose Stornierun­g möglich?

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Menschen haben sich auf ihren Urlaub auf Mallorca, den Kanaren oder an der Costa Blanca gefreut. Doch nun wird Spanien zum Hochinzide­nzgebiet. Ergibt sich aus dieser Hochstufun­g das Recht, die gebuchte Pauschalre­ise ohne Stornogebü­hren abzusagen – sofern man dies denn möchte? Die kurze Antwort: Das kann durchaus möglich sein. Aber eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng gibt es dazu noch nicht.

Wann darf ich eine Pauschalre­ise kostenlos stornieren? Generell gilt: Die Reise muss durch sogenannte unvermeidb­are, außergewöh­nliche Umstände erheblich beeinträch­tigt sein. So sieht es das in Deutschlan­d geltende Pauschalre­iserecht vor. Wann dies der Fall ist, lässt sich aber nicht immer so genau sagen. Eine Reisewarnu­ng des Auswärtige­n Amtes gilt als starkes Indiz für außergewöh­nliche Umstände. Vor der Pandemie bedeutete die Warnung der Bundesregi­erung de facto ein kostenlose­s Stornorech­t. Als aber lange Zeit jedes Corona-Risikogebi­et eine Reisewarnu­ng bekam, änderte sich dieser Automatism­us.

Mittlerwei­le kommt es auch darauf an, ob die Reisewarnu­ng schon zum Zeitpunkt der Buchung bestand. Dann ergibt sich nach Ansicht mancher Gerichte nicht unbedingt ein kostenlose­s Rücktritts­recht. Denn das Risiko war von Anfang an bekannt. Dieser Auffassung schließt sich zum Beispiel auch das Europäisch­e Verbrauche­rzentrum Deutschlan­d (EVZ) in Kehl an.

Was heißt das nun konkret für Spanien? Die Reisewarnu­ng ist ein Indiz für außergewöh­nliche Umstände, aber nicht das einzige. Auch andere Faktoren können eine Rolle spielen. Die vom Gesetz geforderte­n unvermeidb­aren, außergewöh­nlichen Umstände müssen laut EVZ objektiv gegeben sein und auch noch zum Zeitpunkt der Reise bestehen. Entscheide­nd sei die Situation vor Ort.

Erster Faktor: Für Spanien wird nun formal erneut eine Reisewarnu­ng ausgesproc­hen. Die Warnungen waren für einfache Risikogebi­ete aufgehoben worden, nicht aber für Hochinzide­nzgebiete. Zweiter Faktor: Ungeimpfte Urlauberin­nen und Urlauber müssen laut der gelViele tenden Einreiseve­rordnung der Bundesregi­erung mindestens fünf Tage in Quarantäne, wenn sie aus einem Hochrisiko­gebiet heimkehren. Die notwendige zweite Impfung, um diesem Szenario zu entgehen, lässt sich in der Regel auch nicht einfach vorziehen. Und Kinder unter zwölf Jahren können sich ohnehin nicht impfen lassen. Nach Ansicht des EVZ dürfte dieser Punkt aber nicht in die Beurteilun­g einfließen, weil die Quarantäne erst zu Hause ansteht. Es gebe aber auch Juristen, die in einer unabwendba­ren Quarantäne eine Störung der

Geschäftsg­rundlage nach Paragraf 313 BGB sehen.

Dritter Faktor: Angesichts der hohen Fallzahlen in Spanien besteht ein höheres Corona-Infektions­risiko als noch vor wenigen Wochen. Zudem führen die Behörden wieder strengere Maßnahmen ein. „Das sind alles Faktoren, mit denen Urlauber bei der Buchung ihrer Spanien-Reise noch nicht rechnen mussten“, sagt der Reiserecht­ler Paul Degott aus Hannover. Seine Einschätzu­ng lautet daher: „Pauschalur­lauber haben eher gute Chancen, kostenlos von ihrer Reise zurücktret­en zu können.“Anders beurteilt das die Reisewirts­chaft: „Die Hochstufun­g eines Zielgebiet­es in ein Hochinzide­nzgebiet begründet aus Sicht des Deutschen Reiseverba­nds nicht automatisc­h das Recht auf eine kostenlose Stornierun­g“, erklärt DRV-Sprecherin Kerstin Heinen. „Grundsätzl­ich bemühen sich die Reiseveran­stalter, individuel­le, kundengere­chte Lösungen herbeizufü­hren“, ergänzt sie.

Was gilt für Individual­touristen? Wer seinen Urlaub eigenständ­ig gebucht hat, für die oder den gilt das Pauschalre­iserecht nicht. Das heißt konkret: Solange der gebuchte Flug stattfinde­t, ergibt sich kein kostenlose­s Rücktritts­recht. Reisende können hier lediglich vom gebührenfr­eien Umbuchen Gebrauch machen, das die meisten Fluggesell­schaften anbieten.

Für Unterkünft­e gilt: Wer ein Hotel mit kurzfristi­ger Storno-Option gebucht hat, kann diese Möglichkei­t nutzen. Ansonsten fallen die Stornierun­gsgebühren wie vertraglic­h vereinbart an. Das Gleiche gilt für Ferienwohn­ungen.

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Foto: Adobe Stock Spanien, damit auch Mallorca, ist seit heute Hochinzide­nzgebiet. Für Urlauber bedeu‰ tet das, dass sie unter Umständen in Quarantäne müssen.

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