Endlich Gold!
Vor fünf Jahren verpasste Ricarda Funk die Qualifikation, jetzt ist sie Olympiasiegerin. Dabei war die Liebe zum Kanuslalom anfangs nicht besonders groß
Sportler neigen dazu, sich über die Dauer eines Athletenlebens auch ein paar Merkwürdigkeiten anzutrainieren. Deutschlands erste Tokio-Olympiasiegerin Ricarda Funk macht da keine Ausnahme. Sie habe schon ein paarmal mit der Nummer 4 starten müssen und nie sei das gut gegangen, erzählte sie im Vorfeld der Spiele. Deshalb habe sie eine gewisse Antipathie dieser Zahl gegenüber entwickelt.
Im Bereich der Edelmetalle hat die 29-Jährige im Gegensatz dazu eine ganz besondere Vorliebe: Gold. „Seit ich ein Kind war, habe ich davon geträumt, Olympiasiegerin zu werden“, sagte sie am Dienstag am Ufer des Kasai Canoe Slalom Centre. Um den Hals baumelte eine goldene Plakette. Im Alter von fünf Jahren hatte die in Bad Neuenahr-Ahrweiler im nördlichen Rheinland-Pfalz geborene Funk mit dem Paddeln begonnen. Ihr Bruder Alexander fuhr ebenfalls Kanuslalom und begeisterte sie für den Sport, ihre Eltern unterstützten sie von klein auf. Dabei war die Liebe anfangs nicht besonders ausgeprägt. Sie habe anfangs gedacht, das sei was für Jungs, sagte sie der Bild. „Ich wollte lieber eine typische Mädchensportart machen wie Reiten oder Tanzen.“
Rückblickend war es eine gute Entscheidung, doch lieber in eines der federleichten Kunststoffboote zu steigen. Wer allerdings in die Weltspitze vorstoßen will, der muss sich in Deutschland irgendwann für einen Umzug entscheiden. In Leipzig und Augsburg leben und trainieren die besten Slalomkanuten, hier finden sie optimale Bedingungen vor.
Funk macht da keine Ausnahme, seit mittlerweile zehn Jahren lebt sie in Augsburg und bezeichnet die Stadt als ihre zweite Heimat. Aus Verbundenheit zu ihrem ersten Verein startet sie international zwar für den KSV Bad Kreuznach, der Liebe zu ihrer Trainingsstätte am Augsburger Eiskanal tut das aber keinen Abbruch. Neben dem Training studiert sie hier auch Medienund Kommunikationswissenschaften. Sportlich hat sie wechselhafte Zeiten hinter sich. 2016 beispielsweise verpasste sie als Favoritin die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Brasilien. Im gleichen Jahr gewann sie dafür dann die Weltcupserie. Dieser Erfolg hat in der öffentlichen Wahrnehmung zwar nur eine geringe Wertigkeit, ist sportlich aber die Würdigung einer ganzen Saison.
Nun hat sie beides erreicht und einmal mehr das Duell gegen ihre große Rivalin Jessica Fox aus Australien gewonnen. Die beiden pflegen eine freundschaftliche Rivalität und bezeichnen sich gegenseitig als Vorbild. Funk: „Im Rennen sind wir Gegner, danach Freunde. Ich liebe es, gegen sie zu fahren.“Fox, die in Tokio leicht favorisiert war, dürfte das am Dienstag etwas anders gesehen haben. Ihr spielten die Nerven einen Streich. Ricarda Funk dagegen spielte bei ihren ersten Spielen ihre ganze Nervenstärke aus – und gewann Gold.