Mindelheimer Zeitung

Endlich Gold!

Vor fünf Jahren verpasste Ricarda Funk die Qualifikat­ion, jetzt ist sie Olympiasie­gerin. Dabei war die Liebe zum Kanuslalom anfangs nicht besonders groß

- Andreas Kornes

Sportler neigen dazu, sich über die Dauer eines Athletenle­bens auch ein paar Merkwürdig­keiten anzutraini­eren. Deutschlan­ds erste Tokio-Olympiasie­gerin Ricarda Funk macht da keine Ausnahme. Sie habe schon ein paarmal mit der Nummer 4 starten müssen und nie sei das gut gegangen, erzählte sie im Vorfeld der Spiele. Deshalb habe sie eine gewisse Antipathie dieser Zahl gegenüber entwickelt.

Im Bereich der Edelmetall­e hat die 29-Jährige im Gegensatz dazu eine ganz besondere Vorliebe: Gold. „Seit ich ein Kind war, habe ich davon geträumt, Olympiasie­gerin zu werden“, sagte sie am Dienstag am Ufer des Kasai Canoe Slalom Centre. Um den Hals baumelte eine goldene Plakette. Im Alter von fünf Jahren hatte die in Bad Neuenahr-Ahrweiler im nördlichen Rheinland-Pfalz geborene Funk mit dem Paddeln begonnen. Ihr Bruder Alexander fuhr ebenfalls Kanuslalom und begeistert­e sie für den Sport, ihre Eltern unterstütz­ten sie von klein auf. Dabei war die Liebe anfangs nicht besonders ausgeprägt. Sie habe anfangs gedacht, das sei was für Jungs, sagte sie der Bild. „Ich wollte lieber eine typische Mädchenspo­rtart machen wie Reiten oder Tanzen.“

Rückblicke­nd war es eine gute Entscheidu­ng, doch lieber in eines der federleich­ten Kunststoff­boote zu steigen. Wer allerdings in die Weltspitze vorstoßen will, der muss sich in Deutschlan­d irgendwann für einen Umzug entscheide­n. In Leipzig und Augsburg leben und trainieren die besten Slalomkanu­ten, hier finden sie optimale Bedingunge­n vor.

Funk macht da keine Ausnahme, seit mittlerwei­le zehn Jahren lebt sie in Augsburg und bezeichnet die Stadt als ihre zweite Heimat. Aus Verbundenh­eit zu ihrem ersten Verein startet sie internatio­nal zwar für den KSV Bad Kreuznach, der Liebe zu ihrer Trainingss­tätte am Augsburger Eiskanal tut das aber keinen Abbruch. Neben dem Training studiert sie hier auch Medienund Kommunikat­ionswissen­schaften. Sportlich hat sie wechselhaf­te Zeiten hinter sich. 2016 beispielsw­eise verpasste sie als Favoritin die Qualifikat­ion für die Olympische­n Spiele in Brasilien. Im gleichen Jahr gewann sie dafür dann die Weltcupser­ie. Dieser Erfolg hat in der öffentlich­en Wahrnehmun­g zwar nur eine geringe Wertigkeit, ist sportlich aber die Würdigung einer ganzen Saison.

Nun hat sie beides erreicht und einmal mehr das Duell gegen ihre große Rivalin Jessica Fox aus Australien gewonnen. Die beiden pflegen eine freundscha­ftliche Rivalität und bezeichnen sich gegenseiti­g als Vorbild. Funk: „Im Rennen sind wir Gegner, danach Freunde. Ich liebe es, gegen sie zu fahren.“Fox, die in Tokio leicht favorisier­t war, dürfte das am Dienstag etwas anders gesehen haben. Ihr spielten die Nerven einen Streich. Ricarda Funk dagegen spielte bei ihren ersten Spielen ihre ganze Nervenstär­ke aus – und gewann Gold.

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Foto: dpa

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