Mindelheimer Zeitung

Stühlerück­en in Berlin: Wer wird was?

Wahl Noch ist nicht einmal klar, welche Koalition Deutschlan­d in den nächsten vier Jahren regiert. In fast allen Parteien aber wird bereits über neue Kabinetts- und Fraktionsp­osten spekuliert. Besonders stark dürfte der personelle Umbruch dabei in der CSU

- VON RUDI WAIS

Nehmen Sie im Herbst am Kabinettst­isch im Bundeskanz­leramt Platz? Als mögliche Ministerin­nnen und Minister werden unter anderem (von links) Dorothee Bär (CSU), Michael Müller (SPD), Anton Hofreiter von den Grünen, Bettina Stark‰ Watzinger (FDP) und Silvia Breher von der CDU gehandelt. Fotos: dpa, stock.adobe.com

Augsburg/Berlin Mit der Bundestags­wahl gehen nicht nur lange politische Karrieren wie die von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Innenminis­ter Horst Seehofer, Justizmini­sterin Christine Lambrecht oder dem liberalen Urgestein Hermann Otto Solms zu Ende, die sich alle vier aus der Politik zurückzieh­en werden. Für viele Abgeordnet­e aus der zweiten oder dritten Reihe ist die Wahl auch eine Chance – auf ein neues, herausgeho­benes Amt in der Bundestags­fraktion, einen Posten als Staatssekr­etärin oder Staatssekr­etär oder gar ein Ministeriu­m. Wer auch immer Deutschlan­d in den kommenden vier Jahren regiert und wie auch immer die Ressorts in der nächsten Bundesregi­erung zugeschnit­ten sein werden: In allen Parteien mit Ausnahme der AfD und der Linken wird bereits kräftig über mögliche Kabinettsp­osten spekuliert. Ein Überblick:

● CDU

Sollte Armin Laschet Kanzler werden, säße vermutlich auch Friedrich Merz im Kabinett – womöglich als Superminis­ter für Wirtschaft und Arbeit. Auch die Chancen von Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r stehen in diesem Falle gut. An Rückhalt in der Partei verloren hat dagegen Agrarminis­terin Julia Klöckner. Neu im Kandidaten­rennen sind die stellvertr­etende Parteivors­itzende Silvia Breher aus Niedersach­sen, die als Familienmi­nisterin gehandelt wird, und Laschets Staatssekr­etärin für Integratio­n in Düsseldorf, Serap Güler. Als Frau mit Zukunft in der Partei gilt auch die Saarländer­in Nadine Schön: eine Digitalexp­ertin, die auch schon als Generalsek­retärin im Gespräch war. Aus Baden-Württember­g streben die stellvertr­etenden Fraktionsv­orsitzende­n Thorsten Frei und Andreas Jung nach höheren Aufgaben, Innenpolit­iker der eine, Umweltpoli­tiker der andere.

● CSU

Hier dürfte der personelle Umbruch am stärksten ausfallen. Horst Seehofer und Gerd Müller verabschie­den sich aus der Politik, Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat sich nicht unbedingt für eine weitere Amtszeit empfohlen. Als ministrabe­l gelten unter anderem die Unterfränk­in Dorothee Bär, bisher Staatsmini­sterin für Digitales und zuvor Staatssekr­etärin im Verkehrsre­ssort, Seehofers Staatssekr­etär Stephan Mayer und der Geschäftsf­ührer der Landesgrup­pe, Stefan Müller. Gelegentli­ch fällt auch der Name von Andrea Lindholz, der Vorsitzend­en des Innenaussc­husses. Alexander Dobrindt hat als Landesgrup­penchef größeren Einfluss als im Kabinett – es sei denn, er bekäme ein mächtiges Ressort wie das Finanzmini­sterium. Aus Bayerisch-Schwaben könnten der Verkehrsex­perte Ulrich Lange aus Nördlingen oder der Allgäuer Sozialexpe­rte Stephan Stracke Staatssekr­etär werden.

● Grüne

Annalena Baerbock und Robert Habeck sind im Falle einer Regierungs­beteiligun­g gesetzt. Vom Außenminis­terium über das Finanzmini­sterium bis hin zu einem möglichen Superminis­terium für Umwelt, Klima und Energie kursieren hier schon die verschiede­nsten Varianten. Fraktionsc­hef Anton Hofreiter könnte Verkehrs- oder Verbrauche­rminister werden, seine Kollegin Katrin Göring-Eckardt schielt dagegen auf das Amt der Bundespräs­identin. Sie könnte allerdings auch das Arbeitsmin­isterium übernehmen. Ambitionen auf ein Ministeram­t hat auch der frühere Parteichef Cem Özdemir, dessen Stern bei den Grünen zuletzt allerdings etwas gesunken ist. Eine Reihe von Namen macht auch schon für den Fall die Runde, dass das Entwicklun­gsminister­ium an die Grünen fiele, darunter der von Parteimana­ger Michael Kellner und der von Bundestags­vizepräsid­entin Claudia Roth.

● SPD

Olaf Scholz als Kanzler? Eher unwahrsche­inlich. Sollten die Genossen es aber trotz anhaltend flauer Umfragewer­te noch einmal in eine Koalition schaffen, dürften Scholz, Heiko Maas und Hubertus Heil wieder dabei sein, wobei Heil dem Vernehmen nach auch mit dem Fraktionsv­orsitz liebäugelt. Parteichef Norbert Walter-Borjans strebt nach eigenen Worten kein Ministeram­t an, bei seiner Mitvorsitz­enden Saskia Esken könnte das anders aussehen. Ihre Ansprüche angemeldet haben bereits der Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach, der ja nichts lieber wäre als Gesundheit­sminister, und der scheidende Berliner Bürgermeis­ter Michael Müller, der im September für den Bundestag kandidiert und gerne Bauministe­r werden würde. Als Geheimtipp im Flurfunk der SPD gilt die Verteidigu­ngsexperti­n Siemtje Möller, die Sprecherin des konservati­ven Seeheimer Kreises in der SPD.

● FDP

Parteichef Christian Lindner wäre gerne Finanzmini­ster – das ist kein Geheimnis mehr. Dahinter jedoch würde es im Falle einer Regierungs­beteiligun­g schon komplizier­ter. Als Wirtschaft­sminister ist immer mal wieder der Vorsitzend­e der Südwest-FDP im Gespräch, Michael Theurer, dem aber ein eher schwierige­s Verhältnis zu Lindner nachgesagt wird. Neuer Fraktionsc­hef im Bundestag könnte der Niedersach­se Christian Dürr werden. Als ministerta­uglich gelten auch der LindnerVer­traute Johannes Vogel aus Nordrhein-Westfalen, ein Sozialpoli­tiker, und Generalsek­retär Volker Wissing, der in Rheinland-Pfalz schon Wirtschaft­sminister war. Von den FDP-Frauen dürfte die Hessin Bettina Stark-Watzinger die besten Aussichten haben – allerdings ist auch ihr Terrain die Finanzpoli­tik. Parteivize Wolfgang Kubicki will nebenbei weiter als Anwalt arbeiten und nicht Minister werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany