Mindelheimer Zeitung

Drogen‰Flut aus Holland

Rauschgift Der Drogenhand­el nimmt weiter zu und läuft verstärkt über digitale Kanäle. Grüne wollen Cannabis-Konsum legalisier­en

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Im zehnten Jahr in Folge ist die Zahl der Drogendeli­kte in Deutschlan­d gestiegen. Die meisten Fälle haben weiter mit Cannabis zu tun. Besonders große Sorgen machen sich die Behörden über den wachsenden Konsum von Kokain und Crystal Meth, so Holger Münch, Präsident des Bundeskrim­inalamts. Bei der Vorstellun­g des Lagebilds zur Rauschgift­kriminalit­ät nannte er für 2020 insgesamt 365753 Fälle von Drogenhand­el – 1,7 Prozent mehr als im Jahr davor.

Das „Dunkelfeld“sei groß, sagte Münch. Doch weil europäisch­e Polizeibeh­örden 2020 in ein Netzwerk eindringen konnten, das über verschlüss­elte Handys kommunizie­rte, habe die Polizei zeitweise genauer in dieses Dunkelfeld blicken können. Die sogenannte­n „Encrochat-Daten“haben Münch zufolge seit März 2020 zu zahlreiche­n Ermittlung­sverfahren gegen Nutzer kryptierte­r Mobiltelef­one geführt. Dabei habe sich etwa gezeigt, dass jeder vierte Tatverdäch­tige bewaffnet war, oft über Schuss- oder gar Kriegswaff­en verfügte. Die Drogenkrim­inalität sei in immer stärkerem Maße internatio­nal organisier­t, digital vernetzt und anonymisie­rt. „Der Blick zeigt, wie viele Sachverhal­te uns verborgen geblieben sind“, räumte Münch ein. Im Encrochat-Komplex seien bisher 805 Haftbefehl­e vollstreck­t sowie 3,3 Tonnen Cannabis, erhebliche Mengen anderer Drogen sowie Schusswaff­en und Munition beschlagna­hmt worden.

Der Handel mit Methamphet­amin, in der Szene „Crystal Meth“genannt, ist der Statistik zufolge sogar um fast 19 Prozent gestiegen. Statt wie bisher meist aus Osteuropa stammt die Ware Münch zufolge zunehmend aus den Niederland­en. Der Nachbarsta­at wird in der Pressekonf­erenz häufig genannt. Etwa wenn es um die Macht der Organisier­ten Kriminalit­ät geht, für die der Drogenhand­el eines der Hauptbetät­igungsfeld­er darstellt. Das dort verdiente Geld gelange über Geldwäsche in legale Wirtschaft­skreisläuf­e und mache die Täter immer mächtiger. Münch berichtete von einem Anstieg von Tötungs- und Gewaltdeli­kten in Belgien und den Niederland­en, wo sich Drogenkart­elle erbittert bekämpften. In diesem Zusammenha­ng sei auch das tödliche Attentat auf den Journalist­en Peter de Vries zu sehen.

Daniela Ludwig, die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung erteilte einer „Lifestyle-Debatte, welche Droge man als erste legalisier­en soll“, eine Absage. Drogenkrim­inalität sei wie Mord, Erpressung, Menschenha­ndel oder Zwangspros­titution fester Bestandtei­l des Organisier­ten Verbrechen­s. Das gelte es umso energische­r zu bekämpfen, so die CSU-Politikeri­n.

Die Grünen fordern unterdesse­n eine kontrollie­rte Freigabe von Cannabis. Dieter Janecek, Sprecher für Industriep­olitik und digitale Wirtschaft der Bundestags­fraktion, sagte unserer Redaktion: „In der Drogenpoli­tik agiert die Bundesregi­erung gewohnt mutlos und ideologisc­h verblendet. Eine kontrollie­rte Legalisier­ung von Cannabis würde den undurchsic­htigen Schwarzmar­kt zerstören und unseren Frauen und Männern in Polizei und Justiz viel unsinnige Arbeit ersparen.“

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Foto: dpa Crystal Meth ist eine synthetisc­he Droge. Ihre Verbreitun­g nimmt stark zu.

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