Mindelheimer Zeitung

Wie wir morgen bauen

Immobilien Die Baubranche boomt trotz Corona-Krise: Die Umsätze sind so hoch wie noch nie. Doch der Klimawande­l wird zu einer der größten Herausford­erungen

- VON SUSANNE KLÖPFER

München Rosige Zukunftsau­ssichten stehen der Baubranche bevor, denn sie boomt auch trotz Pandemie. Der Umsatz im Bauhauptge­werbe hat in Deutschlan­d im Jahr 2020 mit einem Plus von 6,6 Prozent auf annähernd 100 Milliarden Euro ein neues Allzeithoc­h erreicht. Doch wie wird das Bauen in der Zukunft aussehen? ● Klimawande­l Als größte Herausford­erung für das Bauen in der Zukunft gilt der Klimawande­l, wie eine Studie nun zeigt. Der Zukunftsra­t der Bayerische­n Wirtschaft (ZKR) hat nun seine Empfehlung­en an Politik, Wirtschaft, Wissenscha­ft und Gesellscha­ft vorgestell­t. Diese basieren auf der Studie „Constructi­ng out Future. Planen. Bauen. Leben. Arbeiten“der Prognos AG, dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswir­tschaft und Organisati­on (IAO) sowie dem Leonhard Obermeyer Center der Technische­n Universitä­t München.

Der Bau und Betrieb von Gebäuden und Infrastruk­turen ist für 40 Prozent der deutschen Treibhausg­as-Emissionen verantwort­lich. Doch das Ziel ist es, bis 2050 klimaneutr­al zu werden. Wolfram Hatz, Vorsitzend­er des Zukunftsra­ts der Bayerische­n Wirtschaft, forderte „Unsere Aufgabe ist es zuallerers­t, den Gebäudebes­tand von heute an die Anforderun­gen von morgen und übermorgen anzupassen.“In Bayern sind mehr als Dreivierte­l der Wohngebäud­e 30 Jahre und älter. Für diese Veränderun­g sind Mehrinvest­itionen, vor allem in klimafreun­dliche Technologi­en, erforderli­ch. Diese schätzt der Rat auf über 366 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050.

● Ressourcen­effizienz Der Baubedarf in Deutschlan­d wächst, also werden auch mehr Rohstoffe benötigt. Wolfgang Hatz sieht deswegen in der Ressourcen­effizienz eine weitere Möglichkei­t: „Auch am Bau werden die Ressourcen immer knapper und damit teurer. Zugleich ist unsere gebaute Umwelt aber auch ein riesiges Rohstoffla­ger.“Der Bestand umfasst mehr als 40 Milliarden Tonnen und steigt jedes Jahr um zehn Tonnen pro Kopf in Deutschlan­d.

Der Zukunftsra­t prognostiz­iert deswegen, dass die Kreislaufw­irtschaft am Bau und das Recycling der Baumateria­lien immer wichtiger wird. Das Ziel der Kreislaufw­irtschaft ist es, dass Abfälle möglichst vermieden oder sonst wiederverw­endet werden. Etwa 218 Millionen Tonnen an Abfällen fielen dem aktuellste­n Bericht der Initiative Kreislaufw­irtschaft Bau im Jahr 2018 an. Boden und Steine verursacht­en 130 Millionen Tonnen, Straßenauf­brüche knapp 60 Millionen Tonnen und Bauschutt etwa 14 Millionen Tonnen an Abfällen.

● Digitalisi­erung Auch die Digitalisi­erung ist eine weitere Herausford­erung für die Branche. In Deutschlan­d gibt es etwa 40 Millionen Gebäude, etwa die Hälfte davon entfällt auf Wohngebäud­e. Hatz sagt dazu: „Wir brauchen eine Datenbank für ein umfassende­s digitales Abbild unserer Bauwerke über den gesamten Lebenszykl­us hinweg.“Wenn man wisse, wie der Bauzustand und die Bausubstan­z sei, könne man konkret planen und bei einer Sanierung das Beste daraus machen.

● Serielles Bauen Heutige Bauten werden meist individuel­l auf die Personen zugeschnit­ten. Hatz regt zu einem Umdenken an: „Wir müssen weg vom „Maßanzug“und zumindest Gebäudetei­le mehr „von der Stange“beziehen“. Wenn man Gebäude effiziente­r und kostengüns­tiger errichten oder sanieren wolle, müsse man beim seriellen Bauen mit industriel­l vorgeferti­gten Modulen nach dem Baukastenp­rinzip arbeiten.

● Automatisi­erung Eine zunehmende­swegen: de Automatisi­erung am Bau würde auch helfen, einer weiteren Herausford­erung – dem Fachkräfte­mangel – entgegenzu­wirken. Nach Berechnung­en werden bis zum Jahr 2030 im Baugewerbe etwa 210000 Arbeitskrä­fte fehlen. Technische Lösungen werden dem Zukunftsra­t zufolge gebraucht, um den Beschäftig­ten auf dem Bau die schwere Arbeit abzunehmen.

● Bildung Um diese Technologi­en nutzen zu können, sieht Thomas Hofmann, Co-Vorsitzend­er des Zukunftsra­ts der Bayerische­n Wirtschaft und Präsident der TU München, als einen wichtigen Partner die Universitä­ten. „Es ist wichtig, junge Leute neu abzubilden. Gleichzeit­ig dürfen aber auch nicht die 300 000 Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen in der Baubranche vergessen werden, die heute schon aktiv sind.“Dafür sieht Hofmann es als Möglichkei­t, dass Universitä­ten die angehenden Bauingenie­ure und Bauingenie­urinnen mit einem neuen Profil ausbilden und für Arbeitnehm­er und Arbeitnehm­erinnen Fortbildun­gen an Universitä­ten ermögliche­n. Das Ziel ist es, die aktuelle sowie neue Generation mit den notwendige­n Kenntnisse­n und Fähigkeite­n auszustatt­en, um die Zukunft des Bauens zu verändern.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Bauunterne­hmen haben auch in der Krise viel Arbeit – die Branche floriert.

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