Mindelheimer Zeitung

Das nächste Unwetter liegt schon in der Luft

Allgäu Nach dem Starkregen vom Montag spricht ein Meteorolog­e von einem „Jahrhunder­tereignis“in der Region und warnt

- VON DOMINIK RIEDLE, SIMONE HÄRTLE UND DAVID SPECHT

Allgäu Hagel, Starkregen, Sturm, Sonnensche­in, Wolken – und dann alles wieder von vorn. Das wechselhaf­te Wetter der vergangene­n Tage in der Region wird erst einmal so bleiben, sagt der Meteogroup-Chefmeteor­ologe Joachim Schug. „Die Luft ist voller Energie, da kann es immer wieder knallen.“

Besonders schwer getroffen hat es am Montag das südliche Oberallgäu. Schug betont: „Unter dem Strich hatten wir im Allgäu noch Glück, verglichen mit dem, was in Berchtesga­den oder im Westen Deutschlan­ds passiert ist.“Für die Betroffene­n freilich ist die Situation dennoch schwierig, die Wassermass­en haben große Schäden angerichte­t. In Sonthofen fielen am Montag laut Landesamt

für Umwelt mehr als 90 Liter Regen pro Quadratmet­er. „Auf einen ganzen Tag gesehen ist so etwas keine Seltenheit“, sagt Schug. Das Besondere aber sei gewesen, dass der Großteil des Niederschl­ags innerhalb etwa einer Stunde gemessen wurde. Der Meteorolog­e spricht von einem „Jahrhunder­tereignis“– und etwas weiter nördlich von der Messstatio­n dürfte es sogar noch mehr geregnet haben, sagt Schug. Das deckt sich auch mit dem, was die Menschen vor Ort erlebt haben.

Sturzflute­n bahnten sich am Montagaben­d ihren Weg durch die Rettenberg­er Ortsteile Altach und Wagneritz am Fuße des Grünten. Sogar ein Auto wurde mitgerisse­n, wie auf einem Video zu sehen ist. Die Lage in der Gemeinde sei „katastroph­al“gewesen, berichtet Bürgermeis­ter Nikolaus Weißinger. „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“Ungefähr eineinhalb Stunden habe der Starkregen angehalten. Danach habe es zum Glück aufgehört, „sonst hätte es vermutlich Tote gegeben“.

Verletzte wurden der Polizei nach derzeitige­m Kenntnisst­and nicht mitgeteilt.

Die Auswirkung­en sind dennoch immens: Um allein die Schäden an Straßen und Kanälen zu beheben, rechnet Weißinger mit mehreren 100000 Euro. Das Wasser sei nicht nur in viele Keller gelaufen, sondern auch in Schule und Kindergart­en. Wie groß der Schaden dort sei, lasse sich noch nicht beziffern, sagt der Rathausche­f.

Karl Schindele, Leiter des Wasserwirt­schaftsamt­s Kempten, war am Dienstag in der betroffene­n Region, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er spricht von einem außergewöh­nlichen Wettererei­gnis mit „sehr hohem Niederschl­ag in sehr kurzer Zeit“. Der Starkregen vom Montag liege „über der 100-jährlichen Häufigkeit“– eine solche Regenmenge sollte also durchschni­ttlich nur einmal alle 100 Jahre vom Himmel fallen. „Aber so etwas kommt inzwischen öfter vor“, sagt Schindele. Seine Mitarbeite­r seien seit Montagnach­t im Einsatz, um Durchlässe und Brücken schnellstm­öglich freizuräum­en und so das Wasser zurück in die Bachbetten zu bringen – auch mit Blick auf den Wetterberi­cht. „Es soll ja weiter regnen“, sagt Schindele.

Nicht nur im Allgäu hatten die Regenfälle am Montagaben­d für Überschwem­mungen gesorgt. Unter anderem auch im westlichen Landkreis Augsburg mussten die Feuerwehre­n zu dutzenden Einsätzen ausrücken. In Aretsried beispielsw­eise schoss das Wasser wie ein Bach durch den Ort und stand teilweise 40 Zentimeter hoch auf der Straße.

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Foto: Benjamin Liss Am Dienstag wurde das Ausmaß der Schäden deutlich.

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