Das nächste Unwetter liegt schon in der Luft
Allgäu Nach dem Starkregen vom Montag spricht ein Meteorologe von einem „Jahrhundertereignis“in der Region und warnt
Allgäu Hagel, Starkregen, Sturm, Sonnenschein, Wolken – und dann alles wieder von vorn. Das wechselhafte Wetter der vergangenen Tage in der Region wird erst einmal so bleiben, sagt der Meteogroup-Chefmeteorologe Joachim Schug. „Die Luft ist voller Energie, da kann es immer wieder knallen.“
Besonders schwer getroffen hat es am Montag das südliche Oberallgäu. Schug betont: „Unter dem Strich hatten wir im Allgäu noch Glück, verglichen mit dem, was in Berchtesgaden oder im Westen Deutschlands passiert ist.“Für die Betroffenen freilich ist die Situation dennoch schwierig, die Wassermassen haben große Schäden angerichtet. In Sonthofen fielen am Montag laut Landesamt
für Umwelt mehr als 90 Liter Regen pro Quadratmeter. „Auf einen ganzen Tag gesehen ist so etwas keine Seltenheit“, sagt Schug. Das Besondere aber sei gewesen, dass der Großteil des Niederschlags innerhalb etwa einer Stunde gemessen wurde. Der Meteorologe spricht von einem „Jahrhundertereignis“– und etwas weiter nördlich von der Messstation dürfte es sogar noch mehr geregnet haben, sagt Schug. Das deckt sich auch mit dem, was die Menschen vor Ort erlebt haben.
Sturzfluten bahnten sich am Montagabend ihren Weg durch die Rettenberger Ortsteile Altach und Wagneritz am Fuße des Grünten. Sogar ein Auto wurde mitgerissen, wie auf einem Video zu sehen ist. Die Lage in der Gemeinde sei „katastrophal“gewesen, berichtet Bürgermeister Nikolaus Weißinger. „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“Ungefähr eineinhalb Stunden habe der Starkregen angehalten. Danach habe es zum Glück aufgehört, „sonst hätte es vermutlich Tote gegeben“.
Verletzte wurden der Polizei nach derzeitigem Kenntnisstand nicht mitgeteilt.
Die Auswirkungen sind dennoch immens: Um allein die Schäden an Straßen und Kanälen zu beheben, rechnet Weißinger mit mehreren 100000 Euro. Das Wasser sei nicht nur in viele Keller gelaufen, sondern auch in Schule und Kindergarten. Wie groß der Schaden dort sei, lasse sich noch nicht beziffern, sagt der Rathauschef.
Karl Schindele, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Kempten, war am Dienstag in der betroffenen Region, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er spricht von einem außergewöhnlichen Wetterereignis mit „sehr hohem Niederschlag in sehr kurzer Zeit“. Der Starkregen vom Montag liege „über der 100-jährlichen Häufigkeit“– eine solche Regenmenge sollte also durchschnittlich nur einmal alle 100 Jahre vom Himmel fallen. „Aber so etwas kommt inzwischen öfter vor“, sagt Schindele. Seine Mitarbeiter seien seit Montagnacht im Einsatz, um Durchlässe und Brücken schnellstmöglich freizuräumen und so das Wasser zurück in die Bachbetten zu bringen – auch mit Blick auf den Wetterbericht. „Es soll ja weiter regnen“, sagt Schindele.
Nicht nur im Allgäu hatten die Regenfälle am Montagabend für Überschwemmungen gesorgt. Unter anderem auch im westlichen Landkreis Augsburg mussten die Feuerwehren zu dutzenden Einsätzen ausrücken. In Aretsried beispielsweise schoss das Wasser wie ein Bach durch den Ort und stand teilweise 40 Zentimeter hoch auf der Straße.