Mindelheimer Zeitung

„Wir können eigentlich nach Hause fahren“

Interview Verbandspr­äsident Thomas Konietzko über die Ziele des DKV, Durchhänge­r in der Vergangenh­eit und die weiterhin guten Aussichten bei den Wettbewerb­en in der Wasserrinn­e von Tokio

- Interview: Andreas Kornes

Herr Konietzko, was hat heute den Ausschlag zugunsten von Ricarda Funk gegeben?

Konietzko: Das beste Gesamtpake­t aus technische­n Fähigkeite­n und Nervenstär­ke hat heute gewonnen. Man hat gesehen, dass der kleine technische Vorsprung von Jessica Fox am Ende dann doch nicht gereicht hat. Weil das Komplettpa­ket nicht stimmte. Olympische Spiele sind nun einmal ganz besondere Veranstalt­ungen. Großes Lob an Ricarda und das gesamte Team, das Ricarda so gut vorbereite­t hat.

Sie ist also am besten mit dem Druck zurechtgek­ommen?

Konietzko: Natürlich. Wenn Ricarda als Drittletzt­e einen guten Lauf runter bringt, dann merken die das oben – und das erhöht noch mal den

Druck. Wir hatten vor fünf Jahren in Rio zweimal die Halbfinals gewonnen und sind dann auf den vierten Plätzen gelandet. Diesmal haben wir versucht, es etwas anders zu machen. Und es scheint sich auszuzahle­n.

Was heißt, Sie haben versucht, es anders zu machen?

Konietzko: Wir haben gesagt, es muss im Halbfinale nicht unbedingt das letzte Risiko gegangen werden. Die Ricarda allerdings wollte im Halbfinale volles Risiko gehen, weil sie wusste, sie kann auch mit ein oder zwei Fehlern noch locker ins Finale fahren. Gut, sie stand dann mitten drin im Feld und das ist dann schon etwas einfacher, als am Ende vielleicht einer Fabelzeit hinterjage­n zu müssen.

Schieben die Kanuten mit einmal Bronze und einmal Gold jetzt die ganze deutsche Mannschaft an? Konietzko: Na ja, das ist ja für den DKV nichts Neues. Das ist Teil unserer DNA, dass wir immer Medaillen holen und gewinnen wollen. Es klappt nicht immer, aber meistens haben wir das Erlebnis, dass wir mit die ersten Medaillen für Deutschlan­d holen. Diesmal ist es die erste Goldmedail­le. Und ich hoffe, das gibt dem gesamten Team Deutschlan­d Auftrieb und Mut. Ich denke, wir werden als deutscher Sport hier noch sehr erfolgreic­h abschneide­n.

Für die Kanuten könnten es aber ganz besonders erfolgreic­he Spiele werden? Konietzko: In London war es mit Silber und Bronze nicht ganz so gut. In Rio hat es zum ersten Mal seit 1972 nicht zu einer Medaille gereicht. Diese Scharte wollten wir tatsächlic­h auswetzen, das haben wir geschafft. Jetzt können wir eigentlich nach Hause fahren. Die zwei Medaillen, die wir wollten, haben wir.

Das dürften Andrea Herzog und Hannes Aigner anders sehen. Beide starten noch in dieser Woche. Was ist ihnen zuzutrauen?

Konietzko: Viel. Andrea ist eine starke junge Athletin und Hannes ist ein nervenstar­ker Typ, der immer dann einen raushaut, wenn es drauf ankommt. Wir werden jetzt auf jeden Fall nicht absichtlic­h langsam fahren.

Ricarda Funk hat davon gesprochen, dass die Strecke in ihrer Heimat durch das Hochwasser fast komplett zerstört wurde. Was bedeuten diese Schäden für den DKV?

Konietzko: Das ist natürlich verheerend. Der Kanuverban­d hat auf seiner Homepage eine Spendenakt­ion ins Leben gerufen. Wir wollen den Vereinen helfen, die vom Hochwasser betroffen sind. Nach jetzigem Stand sind das mindestens 25 bis 30 Klubs.

Thomas Konietz‰

ko (57, aus Wolfen in Sach‰ sen‰Anhalt) lei‰ tet seit 2010 als Präsident den Deutschen Kanu‰ Verband.

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