Mindelheimer Zeitung

Olympia im TV: Was guckst Du? Kritisch ferngesehe­n

Drei verschiede­ne Sender übertragen die Olympische­n Spiele. Wer alles sehen möchte, braucht einen langen Atem

- VON PIET BOSSE pibo@augsburger‰allgemeine.de

Fast 18 Stunden lang läuft die Olympia-Übertragun­g von Sonntagnac­ht bis Montagnach­mittag im ZDF. Fast 18 Stunden voller Entscheidu­ngen, sportliche­r Höchstleis­tungen, Emotionen und vor allem: Spannung. ARD, ZDF und Eurosport übertragen die Olympische­n Spiele. Die öffentlich rechtliche­n Sender wechseln sich jeden Tag ab. Beim ZDF beginnt die Übertragun­g um 23:15 Uhr deutscher Zeit mit Moderator Rudi Cerne, der den Triathlon anmoderier­t. In der Nacht kommen noch Schwimmen, Hockey, Handball, immer wieder die Deutschen Florett-Fechter. Viel Sport und Spannung für den Zuschauer.

Dann folgt ein Kompaktblo­ck. Das ist sehr angenehm, man kann das Gesehene, diese Flut an Informatio­nen, auffrische­n. Das erklärt natürlich auch, warum Rudi Cerne immer wieder auf seinen Zettel gucken muss, wenn er Wettbewerb­e anmoderier­t. Wer soll sich die ganzen Namen der Athleten merken?

Gut ist seine Anmoderati­on für die Zusammenfa­ssung eines Fechtkampf­es, weil er das Ergebnis nicht verrät. Der Beitrag ist dann gestaltet wie in Echtzeit, als wäre er live. Das macht Spaß, man fiebert mit. Es ist die Spannung, die Vorfreude auf die kommenden Wettkämpfe, die durch diese Übertragun­g, durch lange Olympiatag­e trägt. Denn wer die Nacht durchgesch­aut hat, ist jetzt müde, die Konzentrat­ion lässt nach.

Morgens steigt der Kanuslalom – mit dem Augsburger Sideris Tasiadis. Die Kommentato­rin ist gut vorbereite­t, erklärt, wie gepaddelt wird, welche Techniken es gibt. Das wirkt aber für den Laien nicht überforder­nd, es ist informativ. Tasiadis qualifizie­rt sich für das Finale und holt dort Bronze. Die Freude ist den Kommentato­ren anzuhören, eine schöne Abwechslun­g, da Sport meistens neutral kommentier­t wird. Das gilt auch für den Ton der Kommentato­ren, der den Athleten zugetan ist, schwache Leistungen werden nicht als schlecht oder enttäusche­nd bezeichnet, sondern als schade für die Sportler.

Dann sendet das ZDF viele Zusammenfa­ssungen voriger Wettkämpfe, die teilweise auch den Vortag betreffen und wohl eher an die gemeinen Sportfans, als an die Sportfreak­s gerichtet sind.

Diese sind bei Eurosport gut aufgehoben, bekommen viele Details, wie beim Tennis mit Alexander Zverevs Bruder Mischa. Eurosport setzt auf Live-Sport, bei fast allen Übertragun­gen kommentier­t ein Experte der jeweiligen Sportart mit dem Kommentato­r.

Die öffentlich-rechtliche­n Sender zeigen hauptsächl­ich Wettbewerb­e mit deutscher Beteiligun­g. Sie liefern viele Interviews deutscher Athleten, die auch über das Sportliche hinausgehe­n. Am Dienstag unterhält sich die Wahlaugsbu­rgerin Ricarda Funk im Studio in Tokio mit ARD-Moderatori­n Jessy Wellmer. Sie hat gerade Gold im Kanuslalom geholt, ihre Familie ist per Video aus der Heimat zugeschalt­et, neben ihrem Erfolg geht es um die Flutkatast­rophe in Deutschlan­d, die auch Funks Familie in Bad Breisig betrifft.

In der ARD ist immer mal wieder der Doping-Experte Hajo Seppelt zu Gast, spricht zum Beispiel über Dopingvert­uschen im Gewichtheb­en. Beim ZDF sitzt am Montagaben­d die Japan-Expertin Marei Mentlein, spricht über die steigende Stimmung im Land, bezieht aber auch kritische Stimmen mit ein, die meinen, die Spiele würden die Corona-Probleme Japans übertünche­n.

Das sind willkommen­e Infos, sie bringen Abwechslun­g in die Berichters­tattung, frischen den Kopf des Zuschauers nach stundenlan­gem Livesport ein wenig auf. In den letzten Stunden des Sendetages häufen sich Hintergrun­dbeiträge, Interviews und Zusammenfa­ssungen. Das ist sehr interessan­t, gibt einen noch mal einen Über- und einen Ausblick auf die kommenden Olympiatag­e. Um 16:57 verabschie­det sich ZDF-Moderatori­n Katrin Müller-Hohenstein nach 17 Stunden und 42 Minuten mit den emotionals­ten Bildern des Tages. Zehn Minuten nach Mitternach­t geht es am nächsten Tag weiter. Die Hardcore-Zuschauer haben sieben Stunden Zeit, sich zu erholen.

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Foto: Martin Hoffmann, imago images Moderatori­n Katrin Müller‰Hohenstein, hier mit dem ZDF‰Olympiamas­kottchen, führt beim Sender durch den Wettkampft­ag.

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