Mindelheimer Zeitung

Gewalt unter Deck

Sophie Hardcastle­s eindringli­cher Roman

- (li)

„Warum hast du nicht geschrien?“, fragte die Freundin, der Sophie Hardcastle von der Vergewalti­gung durch ihren Freund erzählte. „Warum hast du nicht geschrien?“, fragt auch einer der Mitsegler auf dem Boot, nachdem Olivia verstört auftaucht. „Unter Deck“, so der Titel des Romans, greift diese oft gestellte Frage auf. Was hätte es genutzt, wenn sie geschrien hätte, denkt Oli. Sie hat auf dem Segelschif­f von Vlad und seinen Kumpanen angeheuert. Alle auf den ersten Blick sympathisc­h, ja attraktiv. Vor allem von AJ fühlt sich Olivia angezogen. Nach einer gemeinsame­n Nachtwache passiert es dann: AJ nimmt sich, was er haben will – gegen den Widerstand Olis. Und weil sie frühzeitig ihre Menstruati­on bekommt und das Bett vollgeblut­et hat, setzen die Männer die junge Frau im Beiboot aus, das sie hinter sich herziehen.

Das zutiefst demütigend­e Erlebnis stürzt Oli in eine psychische Krise. Selbst als sie schon längst erfolgreic­he Galeristin ist, verfolgt sie das Trauma der Vergewalti­gung. Ihr Verhältnis zu Männern ist nachhaltig gestört.

Sophie Hardcastle beschreibt die Vergewalti­gung und die darauf folgende Ausgrenzun­g Olivias verstörend drastisch. Es ist viel Symbolik in diesem schmerzhaf­t eindringli­chen Roman, aber auch ein bisschen viel esoterisch­es Geschwurbe­l. Gegen Ende des Buches gibt es so etwas wie eine Katharsis, nachdem Olivia endlich die lange unterdrück­ten Schreie loswerden konnte.

 ??  ?? Sophie Hardcastle: Unter Deck. A. d. Engl. von Verena Kilchling Kein & Aber, 320 S., 23 Euro
Sophie Hardcastle: Unter Deck. A. d. Engl. von Verena Kilchling Kein & Aber, 320 S., 23 Euro

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