Mindelheimer Zeitung

Dritte Impfdosis für Senioren wohl schon ab Herbst

Pandemie Bayerische­r Gesundheit­sminister Holetschek drängt zu schneller Entscheidu­ng

- VON CHRISTIAN GRIMM, MARGIT HUFNAGEL UND DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Angesichts steigender Infektions­zahlen hat Israel als erstes Land weltweit damit begonnen, die ältere Bevölkerun­g mit einer dritten Impfdosis gegen das Coronaviru­s zu schützen. Auch in Deutschlan­d werden die Pläne für eine zweite Runde bei den Corona-Impfungen konkreter. „Israel macht es vor und ist erneut weltweit Vorreiter. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen“, sagt Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek unserer Redaktion. Deutschlan­d brauche jetzt sehr schnell eine Entscheidu­ng, wie mit den Auffrischu­ngsimpfung­en umzugehen sei. „Aus meinen Gesprächen mit Hersteller­n und Experten weiß ich, dass wir die Auffrischu­ngsimpfung brauchen werden; die Frage ist nur noch, nach welchem Zeitraum sie notwendig ist“, sagt er. Die Ständige Impfkommis­sion hat nach eigenen Angaben noch nicht die nötigen Daten, um eine solche Empfehlung auszusprec­hen.

Den unabhängig­en Experten geht es bei ihren Daten um zwei Aspekte: ob die messbare Immunantwo­rt im Labor nachlässt und ob trotz Impfung vermehrt Infektione­n mit Erkrankung auftreten. Laborunter­suchungen zu Antikörper­spiegeln gebe es bereits, sagt Stiko-Chef Thomas Mertens, diese erlaubten aber nicht die Schlussfol­gerung, dass auch die Schutzwirk­ung beim Menschen nachlässt. Es gehe auch noch um die Frage, welche Gruppen eine Auffrischu­ng bekommen könnten. Die Impfstoffh­ersteller Pfizer und Biontech hatten schon Anfang Juli mitgeteilt, dass sie von einem Rückgang der Schutzwirk­ung ein halbes Jahr nach der zweiten Impfung ausgehen. Die ersten Impfungen in Deutschlan­d wurden Ende Dezember vorgenomme­n.

Die Politik bereitet sich deshalb auch ohne Stiko-Empfehlung vor. „Da ich von der Notwendigk­eit einer Auffrischu­ngsimpfung fest überzeugt bin, hat Bayern bereits seine Corona-Impfstrate­gie auf die neuen Herausford­erungen ausgericht­et“, sagt Holetschek. „Die Organisati­on der Impfzentre­n wird beispielsw­eise angepasst, denn eines ist sicher: Wir werden vorbereite­t in den Herbst gehen!“

Er will das Thema bei der Konferenz der Gesundheit­sminister an diesem Montag ansprechen. Ein erster Beschlussv­orschlag dieser Konferenz, der unserer Redaktion vorliegt, besagt, dass die Bundesländ­er ab September „mit mobilen Teams in Pflegeeinr­ichtungen, Einrichtun­gen der Einglieder­ungshilfe und weiteren Einrichtun­gen mit vulnerable­n Gruppen eine Auffrischi­mpfung“anbieten sollen. Auch Patienten mit Immunschwä­che sollen eine dritte Dosis erhalten können. „Die Auffrischi­mpfungen erfolgen mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe; dabei ist es unerheblic­h, mit welchem Impfstoff die Personen vorher geimpft worden sind“, heißt es in dem Papier. Auch allen anderen Geimpften, die eine Erstimpfun­g mit AstraZenec­a oder Johnson&Johnson erhalten haben, soll dann eine weitere Impfung mit Biontech ermöglicht werden.

Unterstütz­ung kommt aus der Pflegebran­che. Brigitte Protschka, Vorsitzend­e des Präsidiums der AWO Schwaben, drängt zu einer Entscheidu­ng. „Es liegen doch schon genügend gute Argumente dafür auf dem Tisch“, sagt sie. „Wir haben bereits Fälle in Altenheime­n, bei denen sich doppelt geimpfte Senioren wieder infiziert haben. Und wir müssen mit einer vierten Welle rechnen, da gilt es doch jetzt zu handeln.“Genügend Impfstoff sei vorhanden. Protschka ist überzeugt: „In unseren Pflegeeinr­ichtungen sind die Senioren sehr bereit für eine dritte Impfung.“Sie appelliert: „Es wurde in der Vergangenh­eit oft viel zu lange gezögert, wenn es um den Schutz der Schwächste­n ging, wir müssen endlich ins rechtzeiti­ge Tun kommen.“

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