Mindelheimer Zeitung

Der Milliarden‰Schatz

Währung Die Deutschen und ihr Verhältnis zum (alten) Geld

- VON MARKUS SCHWER

Cinquecent­o, 500. Ach, das waren noch Zeiten, als man sonnen-meerhungri­g den verregnete­n Brenner hinter sich gelassen und an der Strada del Sole den ersten Espresso genossen hatte. Endlich in Italien! Cinquecent­o war das Maß der Dinge: Der 500er Fiat, diese wunderbare Knutschkug­el, begeistert­e uns ebenso wie der 500-Lire-Schein. Denn für den gab’s ein ordentlich­es Eis am Strand. Limone, Stracciate­lla, Nocciola? Immer gerne. Unfassbar, wie diese Scheine zerknüllt waren, abgegriffe­n, halb zerrissen, ja fast eklig speckig. Egal. Cinquecent­o – un gelato, per favore. Können Sie sich vorstellen, dass die Italiener bis heute, da wir nun im 20. Jahr der EuroRechnu­ng leben, die alten Scheine horten? Cinquecent­o Lire, Mille Lire, Centomila Lire? Nein, undenkbar! Die waren eher froh, dass die Zeiten rum waren, als die Preise immer mehr Nullen bekamen. Und die Deutschen? Die hängen bis heute an ihrer D-Mark. Obwohl sie erklärterm­aßen nicht zu den Euro-Skeptikern zählen. Tja, die D-Mark.

Die muss hart gewesen sein, hart wie Krupp-Stahl. D-Mark, Wirtschaft­swunder und Wohlstand – ein unzertrenn­liches Trio. Nur so ist auch nur ansatzweis­e zu verstehen, was uns die Deutsche Bundesbank berichtet: Bis heute sind Markschein­e und Pfennigmün­zen im Wert von 12,38 Milliarden (!) Mark nicht umgetausch­t! Wo ist dieses Geld? Bloß in Bettritzen vergessen? Hinter Küchenschr­änken für schlechte Zeiten versteckt? Wer weiß. Wir wissen, dass die Deutschen konservati­ve Geldanlege­r sind. Aber jetzt gäbe es doch die Chance, die alten Münzen als Spielgeld zu nutzen und virtuell in fette Bitcoin-Gewinne zu verwandeln. Motto: Es lebe die gute alte D(igital)-Mark! PS: Nur eines geht nicht. Den alten Schatz in 500-Euro-Scheine umzutausch­en. Die gibt’s schon seit 2019 nicht mehr …

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Foto: dpa

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