Mindelheimer Zeitung

Priester beleidigt Schwule

Wirbel in Polen nach Strafbefeh­l aus Köln

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Warschau/München Wenn ein katholisch­er Priester Schwule übel beleidigt, als „Parasiten“bezeichnet oder als „Krebsgesch­wür“– hat er dann die Meinungsfr­eiheit auf seiner Seite? Das Amtsgerich­t Köln hat diese Frage klar beantworte­t: nein. Es verhängte gegen den polnischen Theologiep­rofessor Dariusz Oko einen Strafbefeh­l wegen Volksverhe­tzung. Nun laufen nationalko­nservative Polen Sturm gegen die deutsche Justiz. Der polnische Vize-Justizmini­ster Marcin Romanowski wettert gegen „freiheitsf­eindliche Tendenzen“im deutschen Rechtssyst­em: „Die Verhängung von Strafen für wissenscha­ftliche Tätigkeite­n ist eine Bedrohung der Grundfreih­eiten und europäisch­en Standards“, sagte der Politiker der nationalko­nservative­n Partei Solidarisc­hes Polen (SP), der auch Mitglied des erzkatholi­schen Opus Dei sein soll.

Die Debatte fällt in eine Zeit, in der Polen – wie Ungarn – von der EU wegen Zweifel an der Rechtsstaa­tlichkeit angezählt ist. Beide Staaten müssen um die Kürzung von EU-Finanzhilf­en fürchten, nachdem ihnen Defizite bei der Unabhängig­keit der Justiz attestiert wurde. Der Fall Oko kommt jenen zupass, die den Spieß umdrehen wollen. „Es passt in ihr Narrativ, dass sie sich als letzte Verfechter angeblich wahrer Werte gegen Deutschlan­d und die EU stellen“, sagt der Direktor des Deutschen Polen Instituts, Peter Oliver Loew.

Laut Strafbefeh­l muss Oko für seinen Beitrag in der in Köln erscheinen­den Zeitschrif­t Theologisc­hes 4800 Euro zahlen. Da er Einspruch eingelegt hat, kommt es wohl zum Prozess. Oko, 61, der an der Päpstliche­n Universitä­t Johannes Paul II. in Krakau lehrt, ist Autor eines Buchs mit dem Titel „Lavendel-Mafia“über angebliche schwule Netzwerke in der Kirche. Kritiker verurteilt­en es als offen homophob. Ins Rollen kam das Verfahren durch eine Anzeige des Münchner Priesters Wolfgang Rothe. Für Hass und Hetze dieser Art dürfe in der Kirche kein Platz sein, sagte Rothe, der sich einem Shitstorm von polnischen Konservati­ven ausgesetzt sieht. Sicherheit­shalber hat Rothe sein Namensschi­ld von der Wohnungstü­r entfernt.

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