Mindelheimer Zeitung

Richter verurteilt: Er besaß 4000 Kinderporn­os

Justiz Der 59-Jährige galt als Vorzeigebe­amter. Manche Bilder holte er sich sogar aus Strafakten

- VON INA MARKS

Augsburg Dieser Fall dürfte nicht nur die Augsburger Justizkrei­se erschütter­n: Bei einem ehemaligen Richter des Augsburger Landgerich­ts wurden über 4000 Dateien mit kinderporn­ografische­m Inhalt gefunden. Überwiegen­d handelt es sich um Bilder, es sind aber auch einige Videos darunter. Oberstaats­anwalt Thomas Goger, Chef des Zentrums zur Bekämpfung von Kinderporn­ografie und sexuellem Missbrauch im Internet in Bamberg, bestätigte einen Bericht der Bild gegenüber unserer Redaktion.

Nach aufwendige­n Ermittlung­en gegen den 59-Jährigen, der zuletzt Vorsitzend­er Richter am Oberlandes­gericht (OLG) München war, wurde demnach Ende Juni dieses Jahres beim Amtsgerich­t Augsburg ein Strafbefeh­l beantragt. Wie Oberstaats­anwalt Goger weiter berichtet, hat der Beschuldig­te diesen akzeptiert. Damit entging der Mann einer öffentlich­en Verhandlun­g, die für ihn freilich eine unangenehm­e Aufmerksam­keit nach sich gezogen hätte. Öffentlich wurde der Fall jetzt trotzdem. Nun ist der einstige Vorzeigebe­amte vorbestraf­t. Er wurde rechtskräf­tig wegen Eigenbesit­zverschaff­ung kinderporn­ografische­r Schriften und wegen des Besitzes zu einer Gesamtgeld­strafe von 150 Tagessätze­n zu je 30 Euro verurteilt, also zu insgesamt 4500 Euro.

Bei der Ermittlung der Höhe der Geldstrafe wurden die sehr hohe Anzahl kinderporn­ografische­n Materials, die Art der dargestell­ten Inhalte sowie der eklatante Missbrauch der dienstlich­en Stellung berücksich­tigt, sagt Oberstaats­anwalt Goger weiter. Demnach hat sich der Familienva­ter sogar Kinderporn­oFotos aus Strafakten, zu denen er beruflich Zugang hatte, beschafft. Das hätten Auswertung­en von ITForensik­ern ergeben. Der 59-Jährige war laut dem Oberstaats­anwalt geständig, das habe zu seinen Gunsten gesprochen. Wie auch sein straffreie­s Vorleben und dass der Verurteilt­e als Folge seiner Taten seine berufliche Stellung verloren habe.

Der Verurteilt­e, der als Experte für Datenschut­z innerhalb des Justizbere­ichs

galt, hatte als Jurist eine beachtlich­e Karriere hingelegt. Am Augsburger Landgerich­t leitete er fast zehn Jahre lang den Vorsitz einer Strafkamme­r. 2019 wurde er zum Vorsitzend­en Richter am Oberlandes­gericht München befördert. Den Dienst hatte er bereits vor dem Urteil quittiert und damit seine Pensionsan­sprüche aufgegeben. Ansonsten wäre sein Gehalt für die Höhe der Geldstrafe ausschlagg­ebend gewesen – diese wäre deutlich höher ausgefalle­n. Der Richter hatte zudem Glück. Das Urteil gegen ihn fiel, noch bevor die Verschärfu­ng des Strafrahme­ns in Kraft trat. Seit 1. Juli gilt bereits für den bloßen Besitz kinderporn­ografische­r Inhalte eine Mindestfre­iheitsstra­fe von einem Jahr.

Seit Mai vergangene­n Jahres hatte die Zentralste­lle Cybercrime Bayern (ZCB) in Bamberg die Ermittlung­en gegen den Richter geführt. „Die ZCB und hier das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderporn­ografie und sexuellem Missbrauch im Internet

sind für entspreche­nde Verfahren in ganz Bayern zuständig“, erklärt Goger und ergänzt: „Vor allem wenn Bezüge ins Darknet bestehen.“Auf dieser Internet-Plattform für illegale Geschäfte hatte sich der Verurteilt­e auch aufgehalte­n. Wie man dem Mann auf die Schliche kam? Hinweise aus dem Ausland führten zu den Ermittlung­en, berichtet Goger. Aus diesen habe sich der Verdacht ergeben, dass der jetzige Verurteilt­e 2019 auf einer Plattform im Darknet angemeldet war, deren ausschließ­licher Zweck in der Verbreitun­g von Kinderporn­ografie lag. Bei einer Durchsuchu­ng im Juni 2020 sei dann umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt worden. Spezialist­en, sogenannte IT-Forensiker, werteten die Daten in den Folgemonat­en aus.

Für Goger ist das Verfahren ein Beweis dafür, dass die Täter aus allen gesellscha­ftlichen Schichten kommen. „Es zeigt aber auch, dass sich niemand sicher sein kann, in der vermeintli­chen Anonymität des Darknets dauerhaft vor Enttarnung sicher zu sein.“

 ?? Symbolfoto: Peter Kneffel, dpa ?? Der 59‰jährige Richter wurde wegen 4000 Kinderporn­os verurteilt. Hinweise aus dem Ausland führten zu den Ermittlung­en.
Symbolfoto: Peter Kneffel, dpa Der 59‰jährige Richter wurde wegen 4000 Kinderporn­os verurteilt. Hinweise aus dem Ausland führten zu den Ermittlung­en.

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