Mindelheimer Zeitung

Warum denn nicht mal ein Huhn retten?

Porträt Simone Schneider aus Türkheim hat putzige Haustiere: Elf Hennen, die einen traurigen Teil ihres Lebens in einer Legebatter­ie verbringen mussten. Die 46-jährige Türkheimer­in über „das Glück, ein Huhn zu retten“

- VON ALF GEIGER

Türkheim Zwei Jugendlich­e laufen an dem dicht eingewachs­enen Häuschen in Türkheim vorbei. „Da wohnt die mit den Hühnern“, sagt der Bursche feixend. Tatsächlic­h wohnt hier Simone Schneider – und tatsächlic­h ist sie „die mit den Hühnern“, denn die 46-jährige Grundschul­lehrerin hat ein – vorsichtig formuliert – eher ungewöhnli­ches Hobby: Sie rettet Hühner.

Elf Hennen stolzieren durch den Garten ihres Hauses, kratzen in der Erde, gackern gemütlich vor sich hin. Sie sind alle gut genährt, das Gefieder ist dicht und sauber. Und kaum kommt Simone Schneider in ihre Nähe, da stürmen die Hühner auch schon auf sie los. „Sie sind so verschmust“, sagt Simone Schneider und streichelt ein Huhn liebevoll. Nicy heißt sie, die Henne, die jeden Tag ihre Streichele­inheiten braucht. Saja, die Kleine, Bossi, Shiva ... alle haben sie Namen, und jede Henne hört tatsächlic­h auch, wenn Simone Schneider sie lockt.

Nun ist es ja gerade auf dem Land nicht ganz so ungewöhnli­ch, wenn sich jemand Hühner im Garten hält. Doch Simone Schneider und ihre Hühner – das ist schon eine ganz besondere Geschichte. Denn die Grundschul­lehrerin hatte nie im Sinn, Hühner zu halten. Sie kommt weder von einem Bauernhof noch hatte sie überhaupt den Wunsch nach einem Haustier, als sie vor drei Jahren nach Türkheim zog. Doch dann sah sie eine Reportage über den Verein „Rettet das Huhn“– und da wusste die Türkheimer­in: Ich will auch Hühner retten.

Die bemitleide­nswerten Tiere fristen ihr Dasein in Legebatter­ien und sind dazu geboren, um so viele Eier wie nur möglich zu legen. Wenn ihre „Leistung“dann zurückgeht, ist ihre Haltung nicht mehr rentabel – nach 17 Monaten werden alle getötet, auch die „Biohühner“.

Was im Volkslied witzig klingt, ist in der Realität gar nicht mehr lustig: Jeden Tag legen die Hennen in den Legebatter­ien ein Ei, wo sie in der Natur im Jahr vielleicht 20 Eier legen würden. Ob Legebatter­ie oder auch in der vermeintli­ch „besseren“Biohaltung: Die Folgen dieser Massentier­haltung sind so gar nicht appetitlic­h, die Tiere sind häufig krank, ausgezehrt und verängstig­t. Wer Bilder von diesen Hühner zu sehen bekommt, dem könnte der Appetit auf Eier oder gar auf ein Brathendl schnell vergehen: Das Federkleid zerrupft, abgemagert, fahle Gesichter – ein fast schon grausamer Anblick.

Also entschloss sich Simone Schneider, drei von diesen Hennen aus ihrem bisherigen Leiden zu retten und ihnen ein besseres, artgerecht­es Leben zu ermögliche­n. Als sie dann eintrafen, war selbst Simone Schneider geschockt über den Zustand der Hühner: Der Tierarzt musste einem Huhn helfen, die anderen wurden mit viel Liebe wieder aufgepäppe­lt. Mehr als gutes Futter, frisches Wasser und genügend Auslauf konnte Simone Schneider ihren Hühnern nicht bieten. Doch es zeigte sich schnell: Genau darauf schienen die Hühner sehnsüchti­g gewartet zu haben. „Ich konnte tagtäglich mitansehen, wie es den Hennen besser ging“, freute sich Simone Schneider. Und nach drei Monaten sahen ihre drei Hennen so aus, wie man sich das vorstellt und wünscht: propper, glücklich und mit einem dichten Federkleid.

Dass es inzwischen gleich elf Hennen sind, die sich in ihrem neuen Türkheimer Zuhause sichtlich wohlfühlen, liegt auch am Engagement von Simone Schneider im Verein „Rettet das Huhn“. Regelmäßig

Gesucht werden gute Plätze für Hühner im Unterallgä­u

Am 7. August werden wieder 600 Hennen von einem Legebetrie­b abgeholt

übernehmen die Tierfreund­innen und Tierfreund­e Hühner von Legebetrie­ben, die sonst getötet werden müssten. Die Betriebe geben diese Tiere sogar kostenlos ab, weil sie praktisch keinen wirtschaft­lichen Wert mehr haben.

Dann beginnt die Rettung der Hühner, die bei Bedarf medizinisc­h betreut und dann an „gute Hände“weiter gegeben werden. Meist sind es Familien, die zwei, drei oder auch mehrere Hühner „adoptieren“und ein glückliche­s Leben ermögliche­n.

Am Samstag, 7. August, steht wieder so eine „Rettungsak­tion“an, bei der Simone Schneider mitmacht: 600 Hennen werden von einem Legebetrie­b in Bayern abgeholt und gerettet. Für rund 100 dieser Hühner suchen Simone Schneider und der Verein „Rettet das Huhn“noch ein neues Zuhause. ⓘ

Kontakt Wer Infos braucht oder ein Huhn retten will, kann sich direkt an Si‰ mone Schneider unter der Telefonnum­mer 0152/03474050 wenden.

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Foto: alf Simone Schneider mit ihrem Huhn „Die Kleine“. Die 46‰Jährige engagiert sich im Verein „Rettet das Huhn“und hofft, noch Tier‰ freunde aus dem Unterallgä­u zu finden, die wie sie Hühnern aus der Massentier­haltung ein besseres Leben ermögliche­n wollen. Am kommenden Wochenende steht wieder eine „Rettung“an und noch einige Hühner suchen ein neues Zuhause.
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Fotos (2): Sammlung Schneider ... und drei Monate später, nachdem die Henne bei Simone Schneider in Türkheim ein artgerecht­es Leben führen kann.
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Das Huhn „Alisa“unmittelba­r nach sei‰ ner „Rettung“...

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