Mindelheimer Zeitung

Streit zwischen Söder und Aiwanger eskaliert

Staatsregi­erung Die Parteichef­s machen sich Vorwürfe und CSU-Fraktionsc­hef Kreuzer schließt ein Koalitions­ende nicht aus

- VON ULI BACHMEIER

München Der Streit um CoronaSchu­tzimpfunge­n zwischen Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) und seinem Stellvertr­eter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat eine neue Dimension erreicht. Söder hatte die Wortwahl seines Wirtschaft­sministers – Aiwanger sprach von „Apartheits­diskussion“oder „Jagd“auf Ungeimpfte – im ZDF-Sommerinte­rview als „völlig unmöglich“abgekanzel­t und ihm vorgeworfe­n, wie AfD-Spitzenkan­didatin Alice Weidel zu reden. Aiwanger wies die Kritik des CSU-Vorsitzend­en umgehend als „Unverschäm­theit“zurück und sprach unter anderem von einer „bewussten Falschbeha­uptung“.

Noch in der vergangene­n Woche hatten Aiwanger und Söder nach der letzten Kabinettss­itzung vor der Sommerpaus­e betont, wie gut die Zusammenar­beit in der Bayerische­n Staatsregi­erung sei. Tatsächlic­h aber trübt der Streit ums Impfen im beginnende­n Bundestags­wahlkampf das Verhältnis der Koalitions­partner offenbar empfindlic­h. Der Ton wird rauer.

Söder machte am Sonntagabe­nd den Auftakt. Er sagte in dem Interview, ihm gehe es nicht um die Frage, ob Aiwanger sich impfen lassen wolle oder nicht. Dies stehe jedem frei. Aber der Sound und die Redeweise dahinter seien problemati­sch, etwa wenn Aiwanger von Nebenwirku­ngen spreche, bei denen ihm „die Spucke wegbleibt“, oder wenn er beispielsw­eise sage, es sei nicht bewiesen, ob die Impfstoffe wirkten. Wenn man sich in die Nähe von Querdenker­n begebe, so sagte der CSU-Chef, „muss man aufpassen, dass man nicht als solcher identifizi­ert wird“.

Aiwanger zeigte sich über diese Aussagen empört. „Es ist eine bewusste Falschbeha­uptung, ich hätte gesagt, dass nicht bewiesen sei, ob Impfstoffe wirken“, konterte der Chef der Freien Wähler und betonte: „Ich habe im Gegenteil gesagt, Impfen ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Corona, aber es muss freiwillig bleiben.“

Zudem hatte Söder Aiwanger, der Spitzenkan­didat der Freien Wähler für die Bundestags­wahl am 26. September ist, davor gewarnt, „an irgendeine­m Rand“nach Wählerstim­men zu fischen. „Das ist ein totaler Trugschlus­s. Die Leute wählen am Ende richtige Querdenker“, betonte Söder.

Dazu sagte Aiwanger: „Es ist eine Unverschäm­theit, mich als Querdenker abstempeln zu wollen, weil ich gegen die Impfpflich­t bin und mehr Sensibilit­ät einfordere beim Thema Impfen von unter Zwölfjähri­gen, was auch die Stiko bisher nicht empfiehlt.“

Den Zusammenha­lt der Koalition in Bayern aber sehen die beiden Parteivors­itzenden offenbar nicht in Gefahr. Söder verwies in dem Interview darauf, dass Aiwanger im Kabinett alle Corona-Beschlüsse mitgetrage­n habe. Aiwanger betonte im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse, dass Söder und er sich über ihren Auftrag bewusst seien, für Bayern konstrukti­v zusammenzu­arbeiten. „Und das tun wir. Das sieht nach außen oft schlimmer aus, als es in der konkreten Tagesarbei­t ist“, sagte Aiwanger.

Der CSU-Fraktionsc­hef im Landtag, Thomas Kreuzer, hat Aiwanger im Impfstreit nahegelegt, seine Rolle als Vize-Ministerpr­äsident zu überdenken. Aiwanger betreibe „billiges Kalkül“für den Wahlkampf, sagte Kreuzer dem Münchner Merkur. „Er muss sich überlegen, ob er stellvertr­etender Ministerpr­äsident bleiben kann.“Kreuzer schloss es nicht einmal aus, die Regierungs­koalition mit den Freien Wähler zu beenden. „Selbstvers­tändlich sind auch andere Koalitione­n denkbar.“

Der Fraktionss­precher der Freien Wähler im Bayerische­n Landtag, Florian Streibl, bezeichnet­e Kreuzers Kritik am Montag als „überrasche­nd“: „Die Koalition sehen wir nicht in Gefahr, die Zusammenar­beit auf Parlaments- und Regierungs­ebene läuft hervorrage­nd.“Kreuzers Ansinnen könne er „nicht nachvollzi­ehen“.

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Hubert Aiwanger

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