Ingo Schulze, kunstsinnig
Drei Erzählungen zu einer großen Frage
Meist ist das Interessante an Erzählungsbänden, dass die ganze Stilund Ideenvielfalt eines Autors oder einer Autorin erlebbar wird. Denn nur selten haben die Texte im engeren Sinne einen gemeinsamen thematischen Kern. Das ist beim zuverlässig klugen und unterhaltsamen sowie vor allem als deutschdeutschem Romancier seit langem erfolgreichen Ingo Schulze anders.
Die drei Erzählungen in „Tasso im Irrenhaus“drehen sich nämlich bei aller Vielfalt in Ton und Zugang alle um die eine große Frage nach dem Verhältnis von Kunst und Leben. Einmal geht es um eine Installation mit dem Titel „Das Deutschlandgerät“, einmal um Delacroix’ titelgebendes Gemälde vom Tasso, einmal um das Werk eines Malers, der im Hospiz liegt und sich wünscht, dass der Schriftsteller Ingo Schulze darüber schreibt. Letzteres ist das launigste Stück, weil sich der tatsächlich Autor mit seinem fiktiven Ich in eine bizarre Krankenbettgruppenszene verstrickt, die mit hochtönenden Sätzen zum Spiel mit Identität und Wahrheit wird. Umso ernsthafter ist dagegen der Auftakt mit der Installation, ein Brief, in dem sich die Erzählung eines Schicksals entfaltet. Und dazwischen liegt das Intellektuelle, eine Erzählung, die das Probleme des Verstehens von Kunst explizit zum Thema macht.
Ein stimmiger Dreiklang, im Einzelnen mitunter etwas konstruiert, aber erzählerisch sehr versiert, wenn auch nicht so offen im Zugang wie Schulzes Romane.