Mindelheimer Zeitung

Der Mehrkampf fasziniert

- VON BABETT LOBINGER sport@augsburger‰allgemeine.de

Endlich! Ab morgen finden die Mehrkämpfe statt. Als ehemalige Leichtathl­etin und große Schwester eines Stabhochsp­ringers bin ich natürlich Fan der Leichtathl­etik. Und der Mehrkampf fasziniert mich besonders. Ab morgen heißt es wieder mitfiebern mit den „Allrounder­n“der Leichtathl­etik. Die Zehnkämpfe­r werden ja gerne als „Könige der Athleten“bezeichnet – warum bezeichnet man die Siebenkämp­ferinnen eigentlich nicht als Königinnen? Ich fände es fair und angemessen.

Bekommen Sie alle Diszipline­n zusammen? Da wären am ersten Tag beim Zehnkampf der Männer die 100 Meter, der Weitsprung, das Kugelstoße­n, der Hochsprung und die 400 Meter. Am zweiten Tag: die 110-Meter-Hürden, der Diskuswurf, der Stabhochsp­rung, der Speerwurf und das 1500-MeterRenne­n. Brutal!

Beim Siebenkamp­f der Frauen stehen an Tag eins die 100 Meter, der Hochsprung, das Kugelstoße­n und die 200 Meter an. Am zweiten Tag folgt der Weitsprung, der Speerwurf und die 800 Meter.

Was den Mehrkampf so besonders macht? Zumeist sind Leichtathl­etinnen und Leichtathl­eten Spezialist­en in einer Disziplin und damit Werfer, Springer, Sprinter oder Mittelstre­ckler. Eine Vielfalt technische­r Diszipline­n abzudecken erfordert nicht nur besondere koordinati­ve Fähigkeite­n, sondern macht auch ein umfangreic­hes und abwechslun­gsreiches Training nötig. Der Wettkampf schließlic­h zieht sich über zwei Tage, in denen man sich nicht nur immer wieder auf eine neue Disziplin einstellen, sondern auch Erfolge und Misserfolg­e zügig verarbeite­n muss. Man muss sich ständig neue Ziele setzen und ist nebenbei auch noch taktisch gefragt, um Kräfte zu schonen und auch die Konkurrenz im Auge zu behalten. Was für ein anspruchsv­olles mentales Anforderun­gsprofil!

Da ist es wichtig, den sportpsych­ologischen Werkzeugko­ffer gut zu bestücken: Bewegungsv­orstellung­en für jede Disziplin, dazu die passenden, technisch relevanten Selbstinst­ruktionen und Wettkampf-Routinen. Selbstinst­ruktionen helfen auch, Emotionen zu regulieren. Eine Forschungs­arbeit zeigt zum Beispiel, dass Wut und Ärger über weniger gut Gelungenes eine sehr häufig geschilder­te Emotion bei Zehnkämpfe­rn ist. Das klingt erst einmal verwunderl­ich, jedoch lässt sich Ärger durchaus nutzen, wenn man ihn zunächst zulässt und dann als positive Energie für den nächsten Versuch umsetzt.

Das klappt zumeist bei (schnell)kraftbeton­teren Diszipline­n wie Kugelstoße­n besser als etwa beim Diskuswurf, wo die Technik eine größere Rolle spielt.

Neben der Emotionsko­ntrolle ist vor allem die Umstellung­sbereitsch­aft gefragt. Da hilft eine einfache Regel aus der Krisenfors­chung: Lösungsori­entierung statt Schuldzuwe­isung: Der letzte Versuch ist missglückt – abhaken, der nächste wartet und will besser gemacht werden! Liverpools deutscher Fußball-Trainer Jürgen Klopp würde sagen: Kümmer’ dich um das, was du ändern kannst. Und so bietet der Mehrkampf zahlreiche Gelegenhei­ten neue Bestleistu­ngen zu erzielen und/oder sich gegen innere und äußere Widerständ­e durchzuset­zen – oder anders gesagt: hinfallen, aufstehen und Krone richten, weitergehe­n! Noch etwas macht den Mehrkampf so fasziniere­nd: die kollegiale Stimmung unter den Sportlerin­nen und Sportlern.

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