Gemächer, Geschichte und geheime Gänge
Historie Bei einer besonderen Führung durch die Mindelburg gibt es für zehn Leserinnen und Leser der MZ viel zu entdecken
Mindelheim Nach 72 Jahren öffnete die Mindelburg erstmals wieder ihre Tore für die Öffentlichkeit. Das Interesse am Tag der offenen Tür war enorm, die Eintrittskarten binnen kürzester Zeit vergriffen. Die Mindelheimer Zeitung verloste zehn zusätzliche Karten und machte so einige Leser und Leserinnen glücklich. Zusammen mit Kulturamtsleiter Christian Schedler durften sie die für sie bislang unbekannten Räume der Mindelburg entdecken.
Hyazinta Wenzel hatte ihre Karte von ihrer Tochter bekommen. Die wollte ohne ihren burg- und ritterbegeisterten zehnjährigen Sohn nicht hinein, die Oma sollte aber viele Fotos machen. Margot Salger aus Oberauerbach hatte eine Karte gewonnen, ebenso wie Josef Fendt aus Kirchheim. Er kannte die Burg von außen, auch auf dem Turm war er schon mal und nun freute er sich, endlich mal innen reinzuschauen.
Ein weiterer Gewinner war Eugen Gonser aus Mindelheim. Seine Frau Michaela hatte ihre Karte von einer netten Nachbarin geschenkt bekommen, sodass sie ihren Mann begleiten konnte. Sabrina Kreher aus Saulengrain bekam die Karte von einer Freundin. Die Burg zu besuchen, war schon ein großer Wunsch von ihr, als sie noch zur Schule ging. Kreher liebt Stadtführungen und war am Wochenende zuvor bereits auf der Mindelburg, um sich bei einer Runde außenrum schon einmal einzustimmen. Ihr Schwiegervater Ottmar Kreher begleitete sie, er hatte die Karte von seinem Sohn bekommen. „Ich interessiere mich für die Geschichte der Burg, wer darin gelebt hat, welche
Spuren sie hinterlassen haben“, sagte er. Hermann Brem aus Türkheim hatte noch keine Bilder gesehen und war gespannt – er wollte sich überraschen lassen. Thomas Miller aus Zaisertshofen und Bernhard Riederle aus Loppenhausen freuten sich auf die Führung. Riederle interessierte sich besonders für die unterirdischen Gänge. Dorthin durften die Besucher leider nicht gehen, aber der geschichtskundige Führer der Gruppe, Christian Schedler, erwähnte später drei Gänge: einen von der alten Badstube hinaus zum Brunnen im Hof, einen zur Stadt hinunter bis zu einem Gebäude am Ende der Fuggerstraße und der letzte und längste soll sogar bis nach Apfeltrach geführt haben.
Und auch sonst erwarteten die Gruppe jede Menge Eindrücke und Informationen zur Geschichte, zum Bauwerk sowie zu den früheren Bewohnern.
Schedler nahm sie mit auf eine Zeitreise, sprach von romanischen Gewölben und über die aufwendigen Holzverzierungen und Vertäfelungen, Fischgrätböden und Holzdeckengestaltungen, die im Auftrag des Münchner Architekten Ludwig Schramm entstanden.
Zuletzt bekam die Gruppe sehr private Einblicke in die Wohngemächer des früheren Verlagsleiters Werner Sachon, der die Mindelburg 1949 erwarb. Schedler fragte die Gruppe, ob man die Einrichtung, die den Geschmack der Reichen und Erfolgreichen in den 50er und 60er Jahren zeige, dortlassen oder entsorgen sollte. Die Meinung war eindeutig: „Lassen!“, riefen alle im Chor. Das Zeitzeugnis soll bleiben. Die Jüngste, Sabrina Kreher, sagte: „Mir gefällt dieser Einrichtungsstil tatsächlich sogar sehr gut!“
Nach neuesten Erkenntnissen soll die Außenfassade der Burg ursprünglich sehr fein und aufwendig gestaltet gewesen sein, mit einer Folge von Rundbogenfenstern, mal doppelt, mal dreifach mit Öffnungen versehen, wie sonst nur bei kaiserlichen Bauwerken üblich. Wenn Schedler dies beweisen könnte, stünden die Aussichten gut, dass die Mindelburg zum Nationaldenkmal erhoben wird.
Der „Tag der offenen Tür“diente, so Schedler, auch dazu, die Bürgerinnen und Bürgern zu begeistern und mitzunehmen, damit sie hinter einer Öffnung der Burg mit Museum stehen. Das Museum ist Schedlers Ziel für die nächsten vier Jahre, bevor er in Pension geht.