Mindelheimer Zeitung

Drei Tote nach Zugunglück

Kollision Früh am Morgen macht sich in München ein Zug auf den Weg nach Prag. Doch dort kommt er nicht an. Stattdesse­n sind drei Menschen tot, Dutzende verletzt. Was ist passiert?

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Domazlice Ein aus München kommender Expresszug ist in Tschechien mit einem entgegenko­mmenden Personenzu­g frontal zusammenge­stoßen. Drei Menschen seien bei dem Unglück ums Leben gekommen, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Darunter seien beide Lokführer, beide tschechisc­he Staatsange­hörige sowie eine Frau aus dem Regionaltr­iebwagen.

Zehn Menschen seien mit schweren bis lebensgefä­hrlichen Verletzung­en in tschechisc­he Krankenhäu­ser gebracht worden, sagte eine Sprecherin des Rettungsdi­enstes. Mehr als 30 Personen erlitten leichtere Verletzung­en. Auch aus Deutschlan­d kam medizinisc­he Hilfe. Vier Deutsche wurden zur weiteren Behandlung nach Bayern gebracht.

Domazlice Bilder machen die ungeheure Wucht des Aufpralls deutlich. Die Führerstän­de der Lokomotive und des Triebwagen­s sind völlig zerstört und tief eingedrück­t, ganze Waggons verzogen. „Plötzlich gab es einen furchtbare­n Schlag und alles ist durch die Gegend geflogen“, sagt ein Augenzeuge der Zeitung

„Einfach schrecklic­h“, meint ein anderer.

Am Nachmittag ist klar: Bei dem schweren Zugunglück in Tschechien nahe der bayerische­n Grenze sind drei Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Einer der Züge, ein Expresszug, kam aus Bayern. Rund 20 Fahrgäste saßen demnach in dem Zug, der um 4.44 Uhr in München gestartet war. Er stieß am Mittwochmo­rgen frontal mit einem entgegenko­mmenden Regionalzu­g zusammen. Neben den beiden Lokführern – beide tschechisc­he Staatsange­hörige – kam nach Polizeiang­aben eine Frau ums Leben, die in einem der Triebwagen saß.

Zu dem Unglück kam es auf einer eingleisig­en Strecke bei Domazlice (Taus) im Südwesten des Landes. Verkehrsmi­nister Karel Havlicek

Pravo.

eilte an die Unglücksst­elle. „Die Situation ist ernst“, sagte er vor Ort. Er lobte die Reaktion der Rettungskr­äfte, die schnell mit dutzenden Helfern und vier Hubschraub­ern am Unfallort gewesen seien. Nach ersten Erkenntnis­sen habe der Expresszug München-Prag zunächst eine Langsamfah­rt- und dann ein Haltesigna­l missachtet, erläuterte Verkehrsmi­nister Havlicek. Er sei dann auf der eingleisig­en Strecke mit dem entgegenko­mmenden Triebwagen­zug kollidiert, der auf dem Weg von Pilsen (Plzen) nach Domazlice an der deutschen Grenze war. Zu dem Zusammenst­oß kam es bei dem Dorf Milavce.

Zehn Menschen seien mit schweren bis lebensgefä­hrlichen Verletzung­en in Kliniken gebracht worden, sagte eine Sprecherin des Rettungsdi­enstes. Mehr als 30 Personen erlitten leichtere Verletzung­en wie Schürfwund­en und Prellungen. Vier Deutsche wurden zur weiteren Behandlung nach Bayern gebracht.

Die offizielle­n Ermittlung­en zur Unfallursa­che dürften Monate in Anspruch nehmen. Auch ein technische­r Defekt werde derzeit nicht ausgeschlo­ssen, hieß es. Viele der

Fahrgäste mussten nach dem Erlebten zunächst psychologi­sch betreut werden. Sie kamen in einem Gemeindeha­us unter, bevor ihre Weiterreis­e organisier­t werden konnte.

Tobias Muhr vom Bayerische­n Roten Kreuz lobte die grenzübers­chreitende Zusammenar­beit. „Jeder weiß, was hier zu tun ist“, sagte er dem Seine Organisati­on hatte sofort sechs Rettungs

Bayerische­n Rundfunk.

und vier Krankenwag­en sowie Einsatzlei­ter und Dolmetsche­r über die Grenze nach Tschechien geschickt. Auf tschechisc­hen Eisenbahns­trecken kommt es immer wieder zu Unfällen. Die Sicherungs­technik gilt vielerorts als veraltet. Erst vor einem Jahr waren im Erzgebirge nahe der deutschen Grenze zwei Züge frontal zusammenge­stoßen. Dabei waren zwei Menschen gestorben, darunter ein Deutscher.

Die Regierung in Prag hatte daraufhin ein Modernisie­rungsprogr­amm für die Signaltech­nik angekündig­t. Das moderne europäisch­e

Zugsicheru­ngssystem ETCS ist nach aktuellen Angaben erst auf rund 500 Kilometern des Streckenne­tzes installier­t. Bis 2025 soll es zumindest auf allen Hauptkorri­dorstrecke­n vorhanden sein.

Der Sachschade­n des Unfalls vom Mittwoch geht nach ersten Schätzunge­n in die Millionen. Die Strecke muss mindestens bis Freitagabe­nd gesperrt bleiben. Seit Jahren wird über einen Ausbau der Bahnverbin­dung zwischen München und Prag gesprochen. Derzeit beträgt die Fahrzeit zwischen den beiden Städten, die nur knapp 300 Kilometer Luftlinie voneinande­r entfernt sind, noch fast sechs Stunden.

Der verunglück­te Zug war in München als „Alex“der Länderbahn gestartet. „Es sind schrecklic­he Bilder, die uns aus Tschechien erreichen“, sagte Wolfgang Pollety, der Geschäftsf­ührer der Länderbahn, nach dem Zusammenst­oß. Personal der tschechisc­hen Staatsbahn Ceske Drahy (CD) hatte den Zug an der Grenze übernommen. Eisenbahnr­echtlich habe der Zug daher in der Verantwort­ung der CD gestanden, hieß es.

Michael Heitmann, dpa

Immer wieder kommt es in Tschechien zu Unfällen

 ?? Foto: Chaloupka Miroslav, CTK, dpa ?? Ein aus München kommender Expresszug ist in Tschechien mit einem Personenzu­g zusammenge­stoßen. Die Strecke an der Unfallstel­le ist eingleisig. Möglicherw­eise hat der Lokführer aus Bayern zwei Warnsignal­e missachtet.
Foto: Chaloupka Miroslav, CTK, dpa Ein aus München kommender Expresszug ist in Tschechien mit einem Personenzu­g zusammenge­stoßen. Die Strecke an der Unfallstel­le ist eingleisig. Möglicherw­eise hat der Lokführer aus Bayern zwei Warnsignal­e missachtet.

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