Streit um den Kuhstall
Politik Freie-Wähler-Chef Aiwanger wirbt mit markigen Worten um die Gunst der Bauern und handelt sich einen Rüffel von Landwirtschaftsministerin Kaniber (CSU) ein. Wenn es um den Abschuss von Wölfen geht, sind sich beide aber einig
Unterwössen Sieben Wochen vor der Bundestagswahl versucht Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, mit Absetzmanövern von der CSU Anklang bei den Bauern zu finden. Bei der alljährlichen Hauptalmbegehung ließ Aiwanger am Mittwoch in Gegenwart der Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) vor weit über 100 Almbauern Distanz zu den Tierwohlvorschriften für die Rinderhaltung erkennen – und handelte sich sogleich einen Rüffel ein.
Streitpunkt war die Anbindehaltung – die ganzjährige Haltung im Stall. Sie ist nicht verboten, doch sowohl die EU als auch die Bundesregierung wollen diese einschränken. „Wir haben in Bayern immer noch rund 14000 Betriebe mit Anbindehaltung“,
sagte Aiwanger bei der Traditionsveranstaltung, die dieses Mal auf der Alm Agersgschwend unterhalb des Hochgern (1748 Meter) in den Chiemgauer Alpen begann. Aiwanger plädierte gegen ein Verbot von Anbindeställen und für „Kombihaltung“, bei der die zumindest zeitweise Anbindehaltung erhalten bleibt. Auch im Laufstall scheine „nicht immer die Sonne, wenn die Kuh im Schatten steht und mit dem Schwanz wackelt“. Die Bauern seien nur noch eine Minderheit und hätten immer weniger politischen Einfluss. „In der gesellschaftlichen Debatte sind plötzlich die in der Mehrheit, die noch keine Kuh aus der Nähe gesehen haben – und sagen euch aber, wie eine Kuh zu behandeln ist.“Es gebe keine Haltungsform, die perfekt sei. „Alles hat seine Gründe.“
Von CSU-Seite wollte Kaniber das nicht unkommentiert lassen: „In der Debatte um die ganzjährige Anbindehaltung
ist es mir ein großes Anliegen, ehrlich zu den Bauern zu sein“, sagte die Landwirtschaftsministerin. „Man tut den Landwirten nämlich keinen Gefallen, wenn man sie in falscher Sicherheit wiegt oder gar das Thema Tierwohl infrage stellt“, erklärte sie anschließend.
Weniger Koalitionsgehakel gibt es beim Umgang mit dem Wolf, dessen Erscheinen in Bayern viele Bauern sehr beunruhigt, insbesondere auf den Almen und Alpen, wo der Bau teurer Schutzzäune sehr aufwendig wäre.
Kaniber plädierte für wolfsfreie Weideschutzgebiete in Regionen, in denen Schutzmaßnahmen nicht oder nur sehr schwer möglich wären: „Wir müssen den Mut finden, dass der Wolf entnommen werden kann.“Aiwanger erklärte, die Bauern hätten Vorrang: „Der Wolf darf nicht zur heiligen Kuh erklärt werden. (..) Auch der Bergbauer ist eine bedrohte Art.“