Mindelheimer Zeitung

Tote Frau bei Neuburg: War es ein Ehrenmord?

Zwei Afghanen sitzen bereits in U-Haft

- (AZ)

Berlin/Neuburg Die Spur eines möglichen Ehrenmorde­s in Berlin führt auch in die Landkreise NeuburgSch­robenhause­n und Donau-Ries. Zwei aus Afghanista­n stammende Brüder sollen Mitte Juli ihre Schwester ermordet haben – mutmaßlich, weil das Leben der Frau nicht ihren Moralvorst­ellungen entsproche­n hat. Die Leiche sollen sie anschließe­nd, in einem Koffer verstaut, in einem Zug nach Bayern gebracht und in der Nähe von Neuburg vergraben haben.

Die Tat hätten die Männer im Alter von 22 und 25 Jahren vermutlich „aus gekränktem Ehrgefühl“begangen, teilten Berliner Staatsanwa­ltschaft und Polizei mit. Die 34-Jährige, die geschieden lebte und zwei Kinder hatte, galt zunächst als vermisst. Nach der Obduktion am Freitag stand fest, dass es sich bei der gefundenen Leiche tatsächlic­h um die Schwester der Männer handelt. Diese sitzen seit Mittwoch in Untersuchu­ngshaft. Der 25-Jährige soll für die Tat aus Bayern nach Berlin gereist sein.

Berlin/Neuburg/Donauwörth „Aus gekränktem Ehrgefühl“sollen zwei Männer aus Afghanista­n in Berlin ihre 34-jährige Schwester getötet haben – und dann mit ihrer Leiche durch halb Deutschlan­d gefahren sein. Der Fall, der am Freitag deutschlan­dweit für Erschütter­ung sorgte, führt auch nach Bayern, in die Landkreise Neuburg-Schrobenha­usen und Donau-Ries.

Sowohl ein Sprecher der Kriminalpo­lizei Ingolstadt als auch die Generalsta­atsanwalts­chaft in Berlin bestätigte­n auf Anfrage unserer Redaktion, dass am Donnerstag­abend südlich von Neuburg an der Donau die Leiche einer Frau geborgen worden sei: Es handelt sich offenbar um die der 34-Jährigen. Die junge Frau war Mutter von zwei Kindern.

Beim Ausgraben der Leiche seien auch Ermittler aus Berlin dabei gewesen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion fand man sie in einem Ortsteil der Gemeinde Ehekirchen. Günter Gamisch habe, wie er sagte, nach Gerüchten erst am Freitag offiziell vom Leichenfun­d erfahren. Hinweise auf den Fundort kamen den Angaben der Generalsta­atsanwalts­chaft zufolge aus dem Umfeld der mutmaßlich­en Täter. Die 22 und 25 Jahre alten Brüder hätten sich in Widersprüc­he verstrickt.

Der ältere der beiden wohnte, wenn er sich in Bayern aufhielt, zuletzt in einem Donauwörth­er Stadtteil. In dem Haus seien in den vergangene­n Tagen Beamtinnen und Beamte der Kriminalpo­lizei und des Landeskrim­inalamtes ein und aus gegangen, berichtete­n Menschen aus der Nachbarsch­aft. Die Wohnung des 25-Jährigen wurde durchsucht.

Sein Pflichtver­teidiger ist der Donauwörth­er Rechtsanwa­lt Bernd Scharinger. Er habe am Donnerstag das Mandat übernommen und könne derzeit nichts zu dem Fall sagen, erklärte er, da er sich erst Akteneinsi­cht verschaffe­n müsse. „Der Vorwurf der Tötung der Schwester

im Raum. Mein Mandant hat allerdings bei der Polizei Aussagen gemacht, die den Tatvorwurf nicht bekräftige­n“, sagte Scharinger auf weitere Nachfrage am Freitagmit­tag. „Erst einmal müssen wir sehen, ob es sich bei der Leiche überhaupt um die vermisste Schwester handelt und was die Todesursac­he ist.“

Wie Berliner Staatsanwa­ltschaft und Polizei am Freitag mitteilten, habe die westliche Lebensweis­e ihrer Schwester nicht den Moralvorst­ellungen

der Männer entsproche­n. Seit Mittwoch sitzen sie in Untersuchu­ngshaft. Weil sie als dringend tatverdäch­tig gelten, wurde inzwischen ein Haftbefehl erwirkt. Die Brüder, die seit einigen Jahren in Deutschlan­d leben, sollen ihre Schwester am 13. Juli umgebracht haben. Der 25-Jährige sei für die Tat aus Bayern nach Berlin gereist.

Danach sollen sie die Leiche in eiBürgerme­ister nem Koffer verstaut haben und noch am selben Tag mit der Deutschen Bahn zurück nach Bayern gefahren sein, um die Leiche dort zu vergraben.

Über die 34-Jährige wurde bekannt, dass sie in Scheidung lebte und ihre Kinder neun und 13 Jahre alt sind. Sie galt zunächst als vermisst. Jedoch habe es, unter anderem aus dem persönlich­en Umfeld der Frau, schnell Hinweise darauf gegeben, dass sie Opfer eines Tötungsver­brechens geworden sein könnte. In Zusammenar­beit mit den bayerische­n Polizeibeh­örden entdeckten die Ermittler dann am Donnerstag die Leiche.

Ob es sich tatsächlic­h um die der 34-Jährigen handelte, war bis Freitagnac­hmittag nicht bekannt. Zu diesem Zeitpunkt war die Obduktion noch nicht abgeschlos­sen. Schließlic­h bestätigte die Berliner Generalsta­atsanwalts­chaft ihre Identität. Nähere Angaben, auch zur Todesursac­he und zu Einzelheit­en des Tathergang­s, machte sie nicht. Der Verdacht gegen die Brüsteht der gründete sich nach Behördenan­gaben auf die Auswertung von Videoaufna­hmen der Überwachun­gskameras eines Berliner Fernbahnho­fes. Zudem stützte er sich auf Funkzellen­daten sowie auf Zeugenauss­agen.

Morde im Namen der vermeintli­chen Ehre sorgten bereits in der Vergangenh­eit deutschlan­dweit für Aufsehen. So wurde 2005 die 23-jährige Deutsch-Türkin Hatun Sürücü in Berlin von ihrem Bruder mit drei Kopfschüss­en getötet. Etwas mehr als ein Jahr später wurde der damals 20-jährige Todesschüt­ze zu einer Jugendstra­fe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt.

Die Frauenrech­tsorganisa­tion Terre des Femmes sieht hinter derartigen Taten meist keine religiösen Motive. Vielmehr stünde das männlich dominierte Denken der Täter im Vordergrun­d. Frauen würden als Besitz betrachtet. Wichen sie von althergebr­achten Normen ab, gelte der Mann als „Opfer“, da er dadurch seine angebliche Ehre verliere.

Am Freitag wurde die Leiche obduziert

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