Schnecken, wohin das Auge blickt
Natur Dieses Sommerwetter hat es in sich: Zwar wächst alles prächtig, doch ganz besonders wohl fühlen sich auch die schleimigen Feinde jedes Gemüsebeet-Liebhabers. Und nicht nur sie
Augsburg Dieser Anblick kann selbst das tierfreundlichste, friedliebendste Gärtnergemüt zum Mörder werden lassen: Wohin das Auge blickt, ziehen sie ihre Schleimspuren und fressen ratzeputz alles zusammen, was ihnen vor die Fühler kommt. Am liebsten sorgfältig gepflanzten und gepflegten Salat sowie junges Gemüse. Nun ist das Schimpfen der Hobbygärtner über Schneckenplagen wahrlich nicht neu. Wie man den Kriechern am besten den Kampf ansagt, gehört zum regelmäßigen Ratgeberkanon aller einschlägigen Hobbygärtnerlektüren. Doch in diesem Jahr haben sie allen Grund zur Klage: So viele waren es lange nicht. Das sagt Marianne Scheu-Helgert von der Bayerischen Gartenakademie. Und nicht nur Schnecken machen Hobbygärtnern in diesen Tagen zu schaffen.
Doch verweilen wir zunächst bei den Schleimern: Die feuchte Witterung in diesem Frühjahr und Sommer zusammen mit den relativ wenigen Sonnenstunden hat zu einem geradezu idealen Wohlfühlklima für Schnecken geführt, erklärt die Gartenbauingenieurin, die schon lange nicht mehr so viel Fressschäden beobachtet hat wie in diesem Jahr.
Dementsprechend verzweifelt sind auch die Anrufer am Gartentelefon. Und ein Ende der Plage sei nicht in Sicht. Schließlich ist nun Paarungszeit der gemeinen Nacktschnecke, was dem aufmerksamen Gartenfreund nicht entgehen wird, kann man das innige Liebesspiel der Zwitter doch oft beobachten. Etwa ab September erfolge dann die Eiablage. Bis zu 400 Stück könnten das pro Tier sein – bevorzugte Orte seien Erdspalten, die Unterseite von Brettern, aber auch unter allzu dicken Mulchschichten finden sich beispielsweise die Eier.
Nun die Kernfrage: Was tun? Tipps gibt es viele – und: Weinbergschnecken sind geschützt! ScheuHelgert kennt nur eine Lösung für Nacktschnecken: In wirklich täglichen Patrouillen sowohl früh morgens als auch abends die Tiere aufspüren und einsammeln. Und dann? Ein scharfes Messer zücken und alle einzeln zerschneiden. Und zwar nicht irgendwo, sondern im vorderen Drittel des Körpers, damit alle wichtigen Organe und Nerven sofort zerstört sind. Das sei die tierfreundlichste Tötungsvariante, da sie unnötiges Leid erspare.
Doch Scheu-Helgert weiß natürlich, dass das viele Hobbygärtner einfach nicht übers Herz bringen. Was also dann? Die eingesammelten Tiere mit kochendem – und zwar wirklich kochendem Wasser übergießen. Diese Tötungsmethode habe den Vorteil, dass man den stickstoffhaltigen Sud auf den Kompost kippen könne, der dort als Dünger wirke, sagt sie.
Die natürlichste Vernichtungsvariante sind freilich Fressfeinde. Doch nicht alle Hobbygärtner sind wie Scheu-Helgert stolze Besitzer etlicher Laufenten, zu deren Leibspeisen auch ausgewachsene Nacktschnecken zählen. Sind die Schleimer noch klein, werden sie auch von Hühnern vertilgt und von Igeln. Sind es allerdings einfach zu viele, kapituliert auch der hungrigste Igel.
Nützlich auch gegen einen Ansturm ist dagegen nach Einschätzung der Expertin ein Schneckenzaun. Er müsse allerdings wirklich perfekt gebaut sein, sollte aus Blech oder feinem Gitterdraht bestehen und seine obere Kante nach Art der Ziffer 1 in spitzem Winkel nach außen geknickt sein. Der Zaun müsse rundum dicht sein, und darüber dürften keine Pflanzen wachsen, die wiederum als „Brücken“dienten.
Schneckenkorn dagegen bereitet den Tieren nur ein langes Siechtum, sagt die Fachfrau und es erziele überdies auch nicht immer die erwünschte Wirkung. Wer es unbedingt versuchen will, dem empfiehlt sie ein Produkt auf Basis von EisenPhosphat, das auch für Biogärtner zulässig ist und „genau nach Anleitung“angewendet werden müsse.
Keine faire Lösung ist übrigens das Einsammeln und Forttragen der
Tiere, hebt Scheu-Helgert hervor. Einmal davon abgesehen, dass man sie schon sehr weit wegbringen müsste, damit sie nicht einfach wieder zurückkriechen, richten sie auch andernorts nur Schäden an.
Als wäre nun die Schneckenplage im Gemüsebeet nicht schon Aufgabe genug, bieten vielerorts auch die Tomaten ein Bild des Jammers: Die Kraut- und Braunfäule richtet ebenfalls massive Schäden an, berichtet Scheu-Helgert. Verursacht wird die Krankheit durch den Pilz Phytophthora infestans – und Pilze lieben es nun mal feucht und warm, sprich, auch diese Schäden sind dem diesjährigen Sommerwetter zu verdanken. Erkennt der passionierte Tomatenanbauer braune Flecken an den Blättern und Stängeln, gilt es diese so schnell wie möglich zu entfernen und die Pflanze sorgfältig auszugeizen. Oftmals bilde sich überdies auf der Blattunterseite ein dünner Pilzbelag. Auch Früchte können hässliche Flecken aufgrund der Krankheit haben, was auch den Geschmack beinträchtige. Da dieser Pilz die Tomatenpflanze nur befallen könne, wenn die Blätter kühl und feucht sind, rät Scheu-Helgert dazu, über allen Tomatenpflanzen eine Dachkonstruktion zu bauen. Schon vier Stäbe und eine windstabile Abdeckung seien hilfreich. Und wichtig: Nicht abends groß gießen, dann halte sich nämlich die Feuchtigkeit auf den Tomatenblättern besser, die am besten generell nicht nass werden sollten. Scheu-Helgert rät gerade mit Blick auf alle Schädlinge und Krankheiten: nur frühmorgens ausgiebig zu wässern.
Und nicht nur Tomaten werden in diesem Sommer von einer Pilzkrankheit besonders stark heimgesucht, sondern auch Äpfel. ScheuHelgert warnt gleich vor mehreren Fäulnis-Erkrankungen, die alle auf einen Pilz zurückzuführen sind. So dringen beispielsweise gerade nach Hagelschlägen, aber auch Wespenstichen und Wurmlöchern Pilzsporen in die winzigen Öffnungen der Apfelhaut und richten im Innern großes Unheil an. Wer winzige braune Flecken an seinen Äpfeln entdeckt, sollte handeln und faule Früchte sofort entfernen sowie generell darauf achten, dass die Äpfel nicht zu eng hängen, sonst bestehe die Gefahr, dass sie sich gegenseitig anstecken. Auch Fallobst sollte stets sofort beseitigt werden.
Und noch ein letzter Tipp der Expertin: „Stützen Sie jetzt rechtzeitig ihre Herbst-Astern und ihre Herbst-Chrysanthemen!“Das diesjährige Sommerwetter mit seinen Gewittern hat schon genügend prächtige Blumen umgeknickt.
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