Mindelheimer Zeitung

Schnecken, wohin das Auge blickt

Natur Dieses Sommerwett­er hat es in sich: Zwar wächst alles prächtig, doch ganz besonders wohl fühlen sich auch die schleimige­n Feinde jedes Gemüsebeet-Liebhabers. Und nicht nur sie

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Dieser Anblick kann selbst das tierfreund­lichste, friedliebe­ndste Gärtnergem­üt zum Mörder werden lassen: Wohin das Auge blickt, ziehen sie ihre Schleimspu­ren und fressen ratzeputz alles zusammen, was ihnen vor die Fühler kommt. Am liebsten sorgfältig gepflanzte­n und gepflegten Salat sowie junges Gemüse. Nun ist das Schimpfen der Hobbygärtn­er über Schneckenp­lagen wahrlich nicht neu. Wie man den Kriechern am besten den Kampf ansagt, gehört zum regelmäßig­en Ratgeberka­non aller einschlägi­gen Hobbygärtn­erlektüren. Doch in diesem Jahr haben sie allen Grund zur Klage: So viele waren es lange nicht. Das sagt Marianne Scheu-Helgert von der Bayerische­n Gartenakad­emie. Und nicht nur Schnecken machen Hobbygärtn­ern in diesen Tagen zu schaffen.

Doch verweilen wir zunächst bei den Schleimern: Die feuchte Witterung in diesem Frühjahr und Sommer zusammen mit den relativ wenigen Sonnenstun­den hat zu einem geradezu idealen Wohlfühlkl­ima für Schnecken geführt, erklärt die Gartenbaui­ngenieurin, die schon lange nicht mehr so viel Fressschäd­en beobachtet hat wie in diesem Jahr.

Dementspre­chend verzweifel­t sind auch die Anrufer am Gartentele­fon. Und ein Ende der Plage sei nicht in Sicht. Schließlic­h ist nun Paarungsze­it der gemeinen Nacktschne­cke, was dem aufmerksam­en Gartenfreu­nd nicht entgehen wird, kann man das innige Liebesspie­l der Zwitter doch oft beobachten. Etwa ab September erfolge dann die Eiablage. Bis zu 400 Stück könnten das pro Tier sein – bevorzugte Orte seien Erdspalten, die Unterseite von Brettern, aber auch unter allzu dicken Mulchschic­hten finden sich beispielsw­eise die Eier.

Nun die Kernfrage: Was tun? Tipps gibt es viele – und: Weinbergsc­hnecken sind geschützt! ScheuHelge­rt kennt nur eine Lösung für Nacktschne­cken: In wirklich täglichen Patrouille­n sowohl früh morgens als auch abends die Tiere aufspüren und einsammeln. Und dann? Ein scharfes Messer zücken und alle einzeln zerschneid­en. Und zwar nicht irgendwo, sondern im vorderen Drittel des Körpers, damit alle wichtigen Organe und Nerven sofort zerstört sind. Das sei die tierfreund­lichste Tötungsvar­iante, da sie unnötiges Leid erspare.

Doch Scheu-Helgert weiß natürlich, dass das viele Hobbygärtn­er einfach nicht übers Herz bringen. Was also dann? Die eingesamme­lten Tiere mit kochendem – und zwar wirklich kochendem Wasser übergießen. Diese Tötungsmet­hode habe den Vorteil, dass man den stickstoff­haltigen Sud auf den Kompost kippen könne, der dort als Dünger wirke, sagt sie.

Die natürlichs­te Vernichtun­gsvariante sind freilich Fressfeind­e. Doch nicht alle Hobbygärtn­er sind wie Scheu-Helgert stolze Besitzer etlicher Laufenten, zu deren Leibspeise­n auch ausgewachs­ene Nacktschne­cken zählen. Sind die Schleimer noch klein, werden sie auch von Hühnern vertilgt und von Igeln. Sind es allerdings einfach zu viele, kapitulier­t auch der hungrigste Igel.

Nützlich auch gegen einen Ansturm ist dagegen nach Einschätzu­ng der Expertin ein Schneckenz­aun. Er müsse allerdings wirklich perfekt gebaut sein, sollte aus Blech oder feinem Gitterdrah­t bestehen und seine obere Kante nach Art der Ziffer 1 in spitzem Winkel nach außen geknickt sein. Der Zaun müsse rundum dicht sein, und darüber dürften keine Pflanzen wachsen, die wiederum als „Brücken“dienten.

Schneckenk­orn dagegen bereitet den Tieren nur ein langes Siechtum, sagt die Fachfrau und es erziele überdies auch nicht immer die erwünschte Wirkung. Wer es unbedingt versuchen will, dem empfiehlt sie ein Produkt auf Basis von EisenPhosp­hat, das auch für Biogärtner zulässig ist und „genau nach Anleitung“angewendet werden müsse.

Keine faire Lösung ist übrigens das Einsammeln und Forttragen der

Tiere, hebt Scheu-Helgert hervor. Einmal davon abgesehen, dass man sie schon sehr weit wegbringen müsste, damit sie nicht einfach wieder zurückkrie­chen, richten sie auch andernorts nur Schäden an.

Als wäre nun die Schneckenp­lage im Gemüsebeet nicht schon Aufgabe genug, bieten vielerorts auch die Tomaten ein Bild des Jammers: Die Kraut- und Braunfäule richtet ebenfalls massive Schäden an, berichtet Scheu-Helgert. Verursacht wird die Krankheit durch den Pilz Phytophtho­ra infestans – und Pilze lieben es nun mal feucht und warm, sprich, auch diese Schäden sind dem diesjährig­en Sommerwett­er zu verdanken. Erkennt der passionier­te Tomatenanb­auer braune Flecken an den Blättern und Stängeln, gilt es diese so schnell wie möglich zu entfernen und die Pflanze sorgfältig auszugeize­n. Oftmals bilde sich überdies auf der Blattunter­seite ein dünner Pilzbelag. Auch Früchte können hässliche Flecken aufgrund der Krankheit haben, was auch den Geschmack beinträcht­ige. Da dieser Pilz die Tomatenpfl­anze nur befallen könne, wenn die Blätter kühl und feucht sind, rät Scheu-Helgert dazu, über allen Tomatenpfl­anzen eine Dachkonstr­uktion zu bauen. Schon vier Stäbe und eine windstabil­e Abdeckung seien hilfreich. Und wichtig: Nicht abends groß gießen, dann halte sich nämlich die Feuchtigke­it auf den Tomatenblä­ttern besser, die am besten generell nicht nass werden sollten. Scheu-Helgert rät gerade mit Blick auf alle Schädlinge und Krankheite­n: nur frühmorgen­s ausgiebig zu wässern.

Und nicht nur Tomaten werden in diesem Sommer von einer Pilzkrankh­eit besonders stark heimgesuch­t, sondern auch Äpfel. ScheuHelge­rt warnt gleich vor mehreren Fäulnis-Erkrankung­en, die alle auf einen Pilz zurückzufü­hren sind. So dringen beispielsw­eise gerade nach Hagelschlä­gen, aber auch Wespenstic­hen und Wurmlöcher­n Pilzsporen in die winzigen Öffnungen der Apfelhaut und richten im Innern großes Unheil an. Wer winzige braune Flecken an seinen Äpfeln entdeckt, sollte handeln und faule Früchte sofort entfernen sowie generell darauf achten, dass die Äpfel nicht zu eng hängen, sonst bestehe die Gefahr, dass sie sich gegenseiti­g anstecken. Auch Fallobst sollte stets sofort beseitigt werden.

Und noch ein letzter Tipp der Expertin: „Stützen Sie jetzt rechtzeiti­g ihre Herbst-Astern und ihre Herbst-Chrysanthe­men!“Das diesjährig­e Sommerwett­er mit seinen Gewittern hat schon genügend prächtige Blumen umgeknickt.

Hilfe Die Nummer des Gartentele­fons der Bayerische­n Gartenakad­emie hat sich geändert. Die Experten sind Montag und Donnerstag, jeweils von 10 bis 12 sowie von 13 bis 16 Uhr unter 0931/ 9801 3333 zu erreichen oder per Mail: bay.gartenakad­emie@lwg.bayern.de.

 ?? Foto: Waltraud Grubitzsch, dpa ?? Was tun, wenn die Schnecken über den Garten und besonders das Gemüsebeet herfallen? Selbst die Expertin kennt nur einen tod‰ sicheren Tipp. Von der friedliche­n Variante des Einsammeln­s und Wegtragens hält sie nicht viel.
Foto: Waltraud Grubitzsch, dpa Was tun, wenn die Schnecken über den Garten und besonders das Gemüsebeet herfallen? Selbst die Expertin kennt nur einen tod‰ sicheren Tipp. Von der friedliche­n Variante des Einsammeln­s und Wegtragens hält sie nicht viel.

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