Mindelheimer Zeitung

Warum immer wir?

Corona Die Inzidenzen steigen und wieder hat das Berchtesga­dener Land die höchsten Zahlen. Eine Suche nach Gründen

- VON MICHAEL POSTL

Augsburg/Berchtesga­den Im Berchtesga­dener Land ist die Corona-Inzidenz mit 41,5 weiter die bayernweit höchste. Liegt die Inzidenz in einem Landkreis drei Tage hintereina­nder über 50, gelten dort wieder schärfere Vorschrift­en, unter anderem eine Testpflich­t für die Gastronomi­e. So weit wäre es in dem oberbayeri­schen Landkreis auch fast gekommen, am Montag lag die Inzidenz bei 51, tags darauf bei 54,8. Auch im Vorjahr war das Berchtesga­dener Land ein Hotspot. Warum immer wieder wir, dürften sich viele Menschen in der Region fragen.

Die erste Welle traf gerade den malerische­n Touristeno­rt an der österreich­ischen Grenze mit Wucht, ebenso wie die zweite gegen Ende 2020 und die dritte im Frühjahr dieses Jahres. Im Oktober 2020 stiegen die Inzidenzza­hlen dramatisch, der bundesweit­e Rekordwert für den Landkreis lag bei 272,8. Das Landratsam­t beschloss neben einem regionalen Lockdown die strengsten Corona-Maßnahmen in Deutschlan­d seit dem nationalen Shutdown im Frühjahr 2020: Ausgangsbe­schränkung­en, Notbetreuu­ng, Freizeitei­nrichtunge­n aller Art mussten schließen.

Konnten die Verantwort­lichen keine Lehren daraus ziehen? Das sei schwierig, heißt es aus dem Landratsam­t, denn Gefahrenhe­rde seien Orte, an denen sich Menschen treffen. Gerade die Touristenr­egion Berchtesga­dener Land ist ein solcher. Zwar seien die Öffnungssc­hritte zu begrüßen, „diese steigern aber das Risiko einer Übertragun­g.“Diese Risikoabwä­gung sei jedoch Sache der Politik und nicht der Gesundheit­sämter. Zwischen den Jahren war die Politik das Risiko mit den Lockerunge­n an den Feiertagen eingegange­n. „Die haben uns sicherlich nicht gutgetan“, sagte Landrat Bernhard Kern im Gespräch mit unserer Redaktion, denn: „Rund zehn Tage nach Weihnachte­n und Silvester sind die Zahlen extrem nach oben geschnellt.“

Zudem habe das Gesundheit­samt herausgefu­nden, dass sich viele Infektions-Cluster in die Betriebe und die Büros verlagert hätten. Auch die Nähe zu Österreich habe eine Rolle gespielt, wegen der Pendler und Pendlerinn­en. Diese spielen auch jetzt eine Rolle. Die im ebenfalls nahen Tschechien verbreitet­e Deltavaria­nte ist schon vor Wochen im Berchtesga­dener Land angekommen, das bestätigt das Landratsam­t auf Nachfrage. Die Ausgangspu­nkte der steigenden Fallzahlen seien das Umfeld einer Bar sowie mehrere Betriebe. Von dort aus habe sich das Virus in andere Bereiche, beispielsw­eise Gastronomi­e- oder Hotelbetri­ebe sowie in Kindergärt­en und Schulklass­en übertragen.

Deshalb hat das Gesundheit­samt nun Maßnahmen ergriffen. So sind mobile Teams im Einsatz, die die Einhaltung der Hygienereg­eln unter anderem in Gastronomi­e und Hotellerie kontrollie­ren. Doch auch Bürgerinne­n und Bürger sind gefragt. Sie sollen die Hygienereg­eln beachten und sich impfen lassen.

Nicht nur der oberbayeri­sche Landkreis ist von einer hohen Inzidenz betroffen: Auch Aschaffenb­urg steuert wieder auf die 50 zu. Bundesweit steht das Berchtesga­dener Land „nur“auf Platz 20. In Deutschlan­d sind vor allem Landkreise in Norddeutsc­hland betroffen. Aus Schleswig-Holstein finden sich unter den Top Fünf Neumünster (Inzidenz von 81,1), Flensburg (54,2) und Lübeck (50,8). Unter den zehn am stärksten betroffene­n Städten in unserer Region finden sich Kaufbeuren (29,3), Kempten (24,6) und Augsburg (21,9); weitaus niedrigere Zahlen weisen dagegen die Landkreise Günzburg (3,1) und Landsberg (7,5) auf.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Höchste Inzidenz Bayerns: Macht Berch‰ tesgaden dicht?

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