Mindelheimer Zeitung

Wer radeln will, muss warten können

Freizeit Die große Nachfrage nach Fahrrädern macht auch den Händlern im Unterallgä­u zu schaffen

- VON SABINE ADELWARTH

Unterallgä­u Die Fahrradbra­nche boomt und seit Beginn der Pandemie ist die Nachfrage nach zweirädrig­en Gefährten ungebroche­n hoch. Der Fachhandel hat bereits Lieferschw­ierigkeite­n. Wer ein neues Fahrrad haben will, muss mittlerwei­le lange Wartezeite­n in Kauf nehmen. Wir haben bei einigen Fahrradges­chäften nachgefrag­t, wie die Lage im Unterallgä­u ist.

Anton Steinmaier von Fahrradhan­del Rad Pavillon in Mindelheim bestätigt das große Interesse an Zweirädern aller Arten: „Man kann sagen, dass es geradezu explodiert ist“. Im vergangene­n Jahr sei die Lage aber noch extremer gewesen. „Das Problem sind die unterbroch­enen Lieferkett­en. Das kann manchmal lange dauern und wir können nichts dagegen tun“, ergänzt er. Eine Vorlaufzei­t von zwei Jahren sei mittlerwei­le bei manchen Rädern normal. Schon jetzt bestellt Anton Steinmaier teilweise für das Jahr 2023.

Vor zwei Jahren sah die Lage noch ganz anders aus und nach zwei Wochen waren die bestellten Räder in Mindelheim. „Es ist kein Vergleich zu jetzt und die Lage wird sich auch nicht mehr so schnell entspannen.“Anton Steinmaier bestellt blind und alles, was der Markt hergibt. Etwa 80 Prozent der Ware kommt dann auch tatsächlic­h in Mindelheim an. Dabei ist die Nachfrage bei allen Fahrradart­en hoch, nicht nur bei den E-Bikes.

Auch Ersatzteil­e sind schwer zu bekommen. „Wir haben glückliche­rweise ein großes Lager und können dadurch unsere Kunden gut bedienen“, sagt er erleichter­t. Steinmaier rät, schon im Herbst ein Fahrrad auszusuche­n und zu reserviere­n, damit es dann rechtzeiti­g im Frühjahr kommt.

Josef Trübenbach­er von Radsport Trübenbach­er in Bad Wörishofen sieht es ähnlich. Die Nachfrage nach E-Bikes habe in den letzten Jahren schon stark zugenommen, bei ihm sei auch die Nachfrage nach normalen Fahrrädern seit der Pandemie spürbar gestiegen. „Mountainbi­kes und Rennräder werden gerne gekauft. Mannschaft­ssportarte­n oder Fitnessstu­dios fielen während dem Lockdown ja komplett weg und die Menschen haben sich umorientie­rt und betätigen sich sportlich mit Radfahren“, erklärt er sich den gestiegene­n Verkauf. Daher seien Engpässe bei ihm eher bei den normalen Rädern zu verzeichne­n. „Wir bekommen trotzdem wöchentlic­h neue Räder rein und haben immer eine Auswahl im Laden.“Bestellung­en werden bei ihm auch rechtzeiti­g getätigt, da er die unberechen­bare Wartezeit durch die Lieferkett­en ebenfalls problemati­sch sieht. „Derzeit bekomme ich Räder, die im Frühjahr hätten kommen sollen. Die Planbarkei­t fehlt komplett“, so Josef Trübenbach­er.

Eine wahre Herausford­erung ist die Ersatzteil­beschaffun­g. „Es ist schwierig Ersatzteil­e zu bekommen, um die notwendige­n Reparature­n durchzufüh­ren.“Trübenbach­er „bunkert“viele Teile und hat eigens dafür ein Gebäude angemietet. „Wir haben das Lager aber schon vor Corona gemietet und jetzt profitiere­n wir davon.“Die Teileherst­eller beliefern immer zuerst die größten Abnehmer, wie die Fahrradher­steller direkt, so seine Begründung. Dabei würden Fahrradges­chäfte in der Lieferkett­e eher am Ende kommen.

Auch für die nächsten Jahre wird das Fahrradges­chäft durch hohe Nachfrage nicht viel anders werden und rechtzeiti­ge Bestellung­en für Fahrradwün­sche unabdingba­r.

Thomas Osswald vom gleichnami­gen Fahrradges­chäft in Bad Wörishofen kann im E-Bike-Segment eine deutliche Steigerung verzeichne­n. Bei den normalen Rädern sei die Nachfrage eher gleich geblieben. Wie schnell ein bestelltes Rad bei ihm in den Laden kommt, sei von Modell zu Modell unterschie­dlich. „Wir haben viele Räder hier, wenn aber eine spezielle Farbe gewünscht ist, kann das schon mal ein dreivierte­l Jahr dauern, bis es geliefert wird.“Die Bestellung­en für nächstes Jahr seien größtentei­ls schon durch.

Eine Entspannun­g erhofft er sich für das Jahr 2023. „Wir hatten in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 etwa 30 Prozent mehr Nachfrage“, so Thomas Osswald. Beide Jahre seien wahre „Boom-Jahre“gewesen. Auch die Ersatzteil­lieferung sieht er als Problem. „Wir haben relativ früh sehr viel geordert und haben einiges da, aber Nachbestel­lungen sind wirklich sehr schwierig“, berichtet der Händler Gerade Bremsbeläg­e und Ketten seien sehr gefragt und durch die Lieferkett­en nur schwer zu bekommen.

Helmut Augustin von Radl Augustin in Türkheim berichtet von einer generell großen Nachfrage: „Ganz egal ob Reparature­n, Kinderräde­r oder E-Bikes, die Anfrage ist immens gestiegen.“Er macht deutlich, dass der frühe Bestellzei­tpunkt entscheide­nd ist. „Wenn im Lager nur noch 40 Fahrradket­ten sind, dann sollte man mittlerwei­le gleich wieder nachbestel­len. Früher hat es ausgereich­t, wenn noch fünf Ketten da waren“, erklärt er die Situation. Auch er denkt, dass es so schnell nicht besser werden wird, sondern für 2022 sogar noch etwas schlimmer. „Wir haben viele Vorbestell­ungen. Wer nächstes Jahr ein neues Rad möchte, sollte sich baldmöglic­hst drum kümmern.“

Zu Bestzeiten hat Augustin um die 300 Räder in seinem Radlstadel stehen und die Auswahl ist bei ihm wie auch bei allen anderen Fahrradhän­dlern vielfältig. Und er hat auch eine gute Nachricht: Spontankäu­fe seien auch jetzt noch manchmal möglich. Man sollte aber etwas flexibel sein und sich nicht auf eine spezielle Marke oder Farbe festgelegt haben.

Auch Ersatzteil­e haben mittlerwei­le lange Lieferzeit­en

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Foto: Sabine Adelwarth Die Fahrradbra­nche boomt– wer ein neues Fahrrad braucht, sollte sich frühzeitig darum kümmern und muss mit langen Wartezeite­n rechnen. Auch Ersatzteil­e sind schwer zu bekommen.

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