Mindelheimer Zeitung

Asylhelfer ärgern sich über die Bürokratie

Unmut Der Vorsitzend­e des Babenhause­r Helferkrei­ses berichtet von einem Fall. Darin geht es um 26,30 Euro und um ein grundlegen­des Problem

- VON SABRINA KARRER

Babenhause­n Als er den Brief liest, kann Adi Hoesle aus Babenhause­n nur den Kopf schütteln. Die Zeilen spiegeln seiner Meinung nach den „bürokratis­chen Irrsinn“wieder, der Asylhelfer­kreisen, wie er einen leitet, regelmäßig begegnet. Sie sind an einen anerkannte­n Flüchtling adressiert, der kurzzeitig arbeitslos gemeldet war. Und der nun des Betrugs verdächtig­t wird.

In dem Schreiben des Hauptzolla­mts Augsburg, das unserer Redaktion vorliegt, geht es um ein Ermittlung­sverfahren, das eingeleite­t wurde. Demnach hatte sich der Geflüchtet­e im Mai des vergangene­n Jahres bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Zwischen 1. Juli und 24. August erhielt er Arbeitslos­engeld. Am 26. August teilte der

der Arbeitsage­ntur per E-Mail mit, dass er am Vortag eine Beschäftig­ung in einer Zeitarbeit­sfirma aufgenomme­n hat. Dem Schreiben zufolge wurde später allerdings durch einen Datenabgle­ich bekannt, dass der Mann die Arbeit bereits am 24. August begonnen hatte – und nicht, wie mitgeteilt, einen Tag später. Er habe somit Arbeitslos­engeld in Höhe von 26,30 Euro zu Unrecht erhalten. Dies könne unter Umständen den Straftatbe­stand des Betrugs erfüllen, heißt es in dem Brief. Das sei nun zu prüfen, auch wenn das Geld bereits zurückgeza­hlt sein sollte oder werde.

„Das Schreiben ist meiner Meinung nach selbsterkl­ärend“, sagt Adi Hoesle, Vorsitzend­er der Babenhause­r Asylkontak­tgruppe „Menschen begegnen Menschen“.

vermutet, dass die Bearbeitun­g des Falls weit mehr kostet als die 26,30 Euro, um die es geht. „So ein Riesen-Aufwand wegen einer NichMann tigkeit“. Das Schreiben offenbart aus seiner Sicht, wie „überbürokr­atisiert“der Staat ist – losgelöst vom Flüchtling­sthema.

Wobei es gerade für geflüchtet­e Menschen schwierig ist, sich durch den viel zitierten Paragrafen­Dschungel zu schlagen. Das liegt allein schon an der Sprachbarr­iere: „Sie bekommen so einen Brief und verstehen erst mal gar nichts. Dann kommen sie zu uns und sagen: Kannst du mir erklären, was das bedeutet?“, berichtet Hoesle. Die Ehrenamtli­chen wollen unterstütz­en, klemmen sich hinters Telefon, setzen sich an den PC, lesen sich ein. „Wir sind inzwischen Experten im Fach ‘Beamtendeu­tsch verstehen’“, sagt der Vereinsvor­sitzende. Beratung und Hilfe bekommen die Ehrenamtli­chen bei der Caritas, die sehr engagiert in der Flüchtling­shilEr fe sei. Aber auch deren Kapazitäte­n seien schließlic­h begrenzt.

Für Asylhelfer­kreise sei der Papierkrie­g oftmals frustriere­nd. Zumal die Motivation, sich zu engagieren, laut dem Babenhause­r meist woanders herrührt: Die Freiwillig­en möchten vielmehr auf zwischenme­nschlicher Ebene helfen, einen Beitrag zur Integratio­n in Alltag und Gesellscha­ft leisten, als „kleine Wettkämpfe“mit Behörden auszutrage­n, so Hoesle.

Der Babenhause­r Verein „Menschen begegnen Menschen“hat rund 90 Mitglieder; zwischen zehn und 15 davon sind aktiv tätig. Inzwischen kümmert sich die Initiative um die Belange von Geflüchtet­en in der gesamten Verwaltung­sgemeinsch­aft Babenhause­n. Näheres im Internet unter www.mbm-babenhause­n.de.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Anträge und Formulare beschäftig­en Asylhelfer.

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