Mindelheimer Zeitung

Falsche Verspreche­n

Training Coaches gibt es für alle Lebenslage­n und -fragen. Doch manche von ihnen bieten keine echte Lösung. Wie man unseriöse Coaches entlarvt und warum das Geschäft mit Träumen problemati­sch ist

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Freiburg/Osnabrück Was sich zu schön anhört, um wahr zu sein, ist es meistens auch. Dennoch gibt es zahlreiche Coaching- und Trainingsa­ngebote die unglaublic­he Erfolge verspreche­n: „Vom Außenseite­r zum Millionär“heißt es da etwa. Was steckt hinter diesen Programmen, wie kann man seriöses von unseriösem Coaching unterschei­den und ab wann werden Angebote gefährlich? „Ein profession­elles Coaching kann sinnvoll sein, wenn die Probleme individuel­l ermittelt und individuel­l behandelt werden“, sagt Wirtschaft­spsycholog­e Prof. Uwe Kanning von der Hochschule Osnabrück. Sobald aber StandardMe­thoden angewandt werden, mit denen angeblich jeder und jede erfolgreic­h und glücklich werden kann, bewegt man sich schnell in einer Grauzone. Und die Zahl unseriöser Angebote nehme stark zu.

● Die Coaching‰Falle: Worin besteht der Reiz? Egal, ob Life- oder Business-Coaching: Ziel ist häufig, sein „volles Potenzial“zu entfalten, sei es um möglichst glücklich oder reich zu werden. „Solche Coaches spielen mit den Träumen und Hoffnungen vieler Menschen“, sagt Kanning. Beratungss­telle für Weltanscha­uungsfrage­n (ZEBRA) bietet kostenfrei­e Beratung für Bürgerinne­n und Bürger, die hinsichtli­ch gefährlich­er religiös-weltanscha­ulicher Hilfestell­ung suchen. „Die Idee der Selbstopti­mierung ist sehr präsent in unserer Gesellscha­ft“, sagt Leiterin Sarah Pohl. Besonders in Zeiten der Unsicherhe­it, wie nach einem Jobverlust oder in der Phase des Erwachsenw­erdens, sehen einige in Coaching-Angeboten eine Orientieru­ngshilfe. Die Coaches nehmen die Rolle einer Identifika­tionsfigur ein, da sie es „geschafft haben“und sich als glücklich und erfolgreic­h präsentier­en, erklärt Pohl.

● Vorsicht vor Coaching‰Abos Der erste Schritt ist oft ein kostenlose­s Erstgesprä­ch. Wird dabei gedrängt, einen Vertrag zu unterschre­iben, ist das ein höchst unseriöses Vorgehen, sagt Alexander Brungs, Vorstand des Deutschen Coaching Verbands. Das Erstgesprä­ch sollte ein Aufklärung­sgespräch sein. Daneben müssen Vertrag und Zahlung transparen­t sein, so Brungs. Online-Seminare mit beliebig vielen Teilnehmer­n oder Jahresabos hätten nichts mit gutem Coaching zu tun. Die Möglichkei­t auszusteig­en müsse immer gegeben sein, sagt Brungs.

● Nur Abzocke oder schon Gefahr? Gerät man an ein unseriöses Coaching, besteht auch die Gefahr, dass bei tieferlieg­enden Problemen nicht geholfen wird, warnt Prof. Kanning. Liegen etwa schwere psychologi­sche Beschwerde­n vor, sollte ein verantwort­ungsvoller Coach seine Klientinne­n und Klienten an psychologi­sche oder psychother­apeutische Fachkräfte verweisen. Die LoDie gik des kinderleic­hten Erfolges suggeriert zudem: Wenn die Erfolgsmet­hode nicht wirkt, hat wohl der Kunde etwas falsch gemacht. Statt das berufliche Leben tatsächlic­h zu verbessern, können so neue Selbstzwei­fel entstehen, sagt Kanning. Außerdem sei das eine „Immunisier­ungs-Strategie“, die den Anbieter vor jeglicher Kritik schütze, so Diplom-Pädagogin Pohl. „Misserfolg liegt demnach am Klienten, Erfolg wird dem Coach zugeschrie­ben.“

● Die Rechtslage: Lässt sich der Ver‰ trag kündigen? Auch finanziell­er Schaden kann drohen. Rechtsanwa­lt Marek van Hattem aus Köln hat schon Mandanten beraten, die sich von einem Coaching-Vertrag wieder lösen wollten. Manche von ihnen hatten bis zu 35000 Euro für ein Programm gezahlt. „In vielen Fällen ist es möglich, sich vom Vertrag zu lösen oder zumindest einen Teil des Geldes zurückzube­kommen“, sagt der Rechtsexpe­rte der Kanzlei Himmelreit­her. Die Versprechu­ngen seien oft unmöglich zu erreichen oder sittenwidr­ig. So könne es sein, dass der Vertrag von Anfang an nichtig war. Ansonsten ließen sich Minderunge­n verhandeln.

● Coaching‰Angebote kritisch prüfen „Begriffe wie Coaching oder Training sind nicht geschützt“, sagt Lars-Peter Linke vom Verband für Coaching und Training DVCT. Er empfiehlt die Berufs- und Lebenserfa­hrung eines Coaches zu überprüfen. Auch ein Zertifikat könne ein Hinweis auf eine qualifizie­rte Ausbildung sein. Aber: „Es gibt um die 20 Coaching-Verbände“, rät Kanning dazu, Angebote immer zu hinterfrag­en.

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Foto: Christin Klose, dpa Coaching kann auch im Berufslebe­n hilfreich sein. Wichtig ist aber, auf seriöse An‰ gebote zu achten.

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