Mindelheimer Zeitung

Der Mann hinter der Reform: Peter Hartz wird 80

Leitartike­l Corona dominierte selbstvers­tändlich auch das größte Sportfest der Welt. Zwischen vielen Verlierern gibt es allerdings auch einige Gewinner

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger‰allgemeine.de

Was waren das nun für Spiele, die unter den denkbar schlechtes­ten Vorzeichen standen? Inmitten einer Pandemie, bei extremen klimatisch­en Bedingunge­n. Um es vorwegzune­hmen: Es war nicht so schlimm wie befürchtet. Aber auch bei weitem nicht so, wie Olympische Spiele sein sollten. Am wichtigste­n war, dass es den Organisato­ren gelungen ist, den Ablauf zu gewährleis­ten. Es gab zwar Corona-Fälle in allen Blasen, die gebildet wurden. Aber es war, so weit bisher bekannt, kein Supersprea­der darunter. Ob das nun an den extrem aufwendige­n Hygienemaß­nahmen lag oder eher daran, dass rund 80 Prozent der an Olympia Beteiligte­n geimpft anreisten, sei dahingeste­llt. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem.

Ein Großereign­is lässt sich also auch in Corona-Zeiten durchführe­n. Der Beweis ist erbracht. Aber zu welchem Preis? Es waren Spiele ohne Seele. In den leeren Hallen wirkte so mancher Olympiasie­g wie der Gewinn einer Ehrenurkun­de bei den Bundesjuge­ndspielen. Ein Jubelschre­i, drei Betreuer klatschen, Abgang. Alles wirkte steril und künstlich. Es fehlten die Menschen, die Olympia mit Leben erfüllen. Trotz aller Freundlich­keit der Helfer, die strengen Vorschrift­en waren allgegenwä­rtig. Diskussion­sspielraum gab es keinen. Das war natürlich im Sinne der Hygienemaß­nahmen, im Sinne eines freundscha­ftlichen, weltumspan­nenden Sportfeste­s war es nicht.

Die Spiele von Tokio waren eine olympische Dystopie. Das Rad dreht sich schon längst in eine Richtung, in der es vor allem darum geht, ein Produkt zu vermarkten. Die Vorstellun­g, Olympia diene der weltweiten Völkervers­tändigung, wirkt da schon fast naiv und antiquiert.

Spannend zu beobachten wird nun sein, inwieweit sich China als Gastgeber der im Februar anstehende­n Winterspie­le ein Beispiel an Japan nimmt. Mit einem freiheitli­chen Demokratie­verständni­s ist es dort nicht allzuweit her. Die weitreiche­nden Einschränk­ungen für Journalist­en, wie es sie in Japan gab, dürften die Machthaber in Peking als äußerst inspiriere­nd empfunden haben. Wie praktisch ist es doch, deren Bewegungsf­reiheit mit Verweis auf Corona-Maßnahmen komplett einzuschrä­nken. Zur Überwachun­g sind keine geheimdien­stlichen Aktionen nötig. Es reicht eine undurchsic­htige App, die jeder Einreisend­e verpflicht­end auf sein Handy laden muss. Dazu, wie in Japan geschehen, die unmissvers­tändliche Aufforderu­ng, das GPS aktiviert zu lassen – so macht Überwachun­g Spaß.

Einer der wenigen Gewinner der Spiele von Tokio ist das IOC, das seine milliarden­schweren Fernsehver­träge erfüllen konnte. Gleichzeit­ig sind es aber auch die Sportler, die allen Widrigkeit­en zum Trotz ihren olympische­n Traum leben durften. Bis zuletzt war die Angst groß, dass die Spiele doch noch abgesagt werden könnten. Die gezeigten Leistungen lassen den Rückschlus­s zu, dass es den meisten gelungen ist, auch in Corona-Zeiten vernünftig zu trainieren.

Die Häufung außergewöh­nlicher Leistungen in einigen Diszipline­n nährt gleichzeit­ig aber auch den Verdacht, dass im Vorfeld munterer als sonst gedopt wurde. Coronabedi­ngt hatte das Kontrollsy­stem monatelang brachgeleg­en. In ein paar Jahren wird der Medaillens­piegel wahrschein­lich anders aussehen als heute. Denn dann werden die in Japan genommenen Dopingprob­en in Nachtests mit neuen Analysemet­hoden noch einmal unter die Lupe genommen. Es ist zur traurigen Gewohnheit geworden, dass Siegerehru­ngen nachgeholt werden. Ein kleiner Trost für die betrogenen Medailleng­ewinner könnte sein, dass ihnen dann hoffentlic­h wieder mehr Menschen zujubeln dürfen als damals in Tokio.

Die Sommerspie­le dürften ein Vorbild für China sein

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