Das Warten auf die Exoten hat begonnen
Olympische Spiele sind die Studiosus-Reisen der Sportbegeisterten. Wer hätte schon vor zwei Wochen gewusst, dass die Radrennbahn aus sibirischer Fichte gezimmert wurde? Sport bildet. Die Tokioter Spiele haben den Wissensschatz beträchtlich anschwellen lassen, wobei jene selbstverständlich im Vorteil waren, die sich über die vergangenen olympischen Zirkel hinweg schon eine Vorbildung angeeignet haben. So werden es sich manche Interessierte vor dem Bildschirm in Anbetracht einer Ü18-Übertragung gemütlich gemacht haben, als der Dreistellungskampf angekündigt war – während der geübte TV-Olympionike wusste, dass hier mit dem Kleinkalibergewehr weit über Hüfthöhe gearbeitet wird.
Vorbei nun, die Fernsehbildungsreise. Einige Hauptdarstellerinnen und -darsteller exotischer Sportarten dürften froh sein, die kommenden drei Jahre wieder in der medialen Versenkung zu verschwinden. Moderne Fünfkämpfer, die sich wundern, wie empört die Öffentlichkeit reagiert, nur weil dazu aufgefordert wird, ein Pferd zu schlagen – und der Forderung gefolgt wird. Ein Radsport-Funktionär, der es für eine gute Motivation hält, Konkurrenten als „Kameltreiber“zu bezeichnen. Die große Bühne ist nicht für jede und jeden gemacht.
Viele aber wissen sie für sich zu nutzen. Doch auch die Ringerinnen und Kanuten, Bogenschützinnen
und Geher verschwinden nun wieder von der Bildfläche. Das Raritäten-Kabinett hat Pause.
Erst in Paris wird dann wieder das auch von Fußballweltmeisterschaften bekannte Phänomen zu beobachten sein, wenn sich die Hausmeistergattin plötzlich als Experte ausgibt. Die Schwägerin erläutert auf einmal die taktischen Feinheiten des Keirin, und der Installateur doziert über die richtige Technik im Reißen der Frauen über 57,5 Kilogramm.
Olympische Spiele sind eine wunderbare Sache. Alleine am Programm sollten die Offiziellen noch ein wenig feilen. Mit vermeintlichen Trendsportarten wie Skateboardfahren oder Klettern soll die Jugend der Welt vor den Fernseher geholt werden. Wer aber schon mal das sportive Verhalten der Pubertierenden etwas genauer analysiert hat, wird nicht umhinkommen, „Beerpong“ins olympische Programm aufzunehmen. Es vereint dabei zahlreiche Fähigkeiten und Fertigkeiten. Koordination, Ausdauer, Trinkfestigkeit. Ein Sport, bei dem wirklich jeder gewinnt. Dabei sein ist alles. Nur: Nicht jeder sollte dabei sein, liebe Fünfkämpfer.