Mindelheimer Zeitung

Potenzial nicht genutzt

Leichathle­ten ziehen gemischte Bilanz

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Tokio Für den Deutschen Leichtathl­etik-Verband sind die Olympische­n Spiele in Tokio mit vielen Enttäuschu­ngen, Stagnation und wenigen Lichtblick­en zu Ende gegangen. „Die Medaillenz­ahl ist im Vergleich mit Rio 2016 gleich, aber wir haben mehr Potenzial und Chancen gehabt, die wir nicht genutzt haben“, bilanziert­e DLV-Cheftraine­rin Annett Stein am Sonntag. „Da müssen wir wie im Fußball analysiere­n: Warum wurden die Chancen nicht verwertet?“

Wie vor fünf Jahren unter dem Zuckerhut erkämpften die 88 Starter dreimal Edelmetall, doch diesmal nicht zwei aus Gold, sondern nur eine und zwei aus Silber. Dabei ragte der Weitsprung-Triumph von Malaika Mihambo heraus, völlig überrasche­nd waren die zweiten Plätze von Diskuswerf­erin Kristin Pudenz und Geher Jonathan Hilbert.

Die Zahl der Medaillenk­andidaten „Made in Germany“lag um einiges höher, was die Ausbeute relativier­t. An der Spitze standen Speerwerfe­r Johannes Vetter und Christin Hussong, die als Nummer eins und zwei der Welt nach Tokio kamen und jeweils als Neunte abreisten. Mehr ausgerechn­et hatte sich der DLV im Mehrkampf. Weltmeiste­r Niklas Kaul schied verletzt nach dem Hochsprung aus. „Er hat super begonnen und man konnte ahnen, in welche Regionen es hätte gehen können“, so Stein. Auch Siebenkämp­ferin Carolin Schäfer wollte mehr als Siebte werden, hatte nach Corona-Impfreakti­onen aber nicht die Kraft dafür.

Über 3000 Meter Hindernis ersehnte Europameis­terin Gesa Krause eine Medaille, wurde aber Fünfte. „Der schnelle Kilometer in der Mitte entsprach nicht ihrem Rennverlau­f“, analysiert­e Stein. Für die WMDritte Konstanze Klosterhal­fen reichte es nach langer Verletzung über 10 000 Meter nur zu Rang acht. Gar nicht erst in die Medaillenr­unden gelangten Ex-Weltmeiste­rin Christina Schwanitz (Kugelstoße­n), Europameis­ter Mateusz Przybylko (Hochsprung) und Ex-Europameis­ter Max Heß (Dreisprung). Diskuswerf­er Daniel Jasinski, Bronze-Gewinner in Rio, wurde nur Zehnter.

Jenseits der Leichtathl­etik-Prominenz gab es zudem wenige Lichtblick­e in der zweiten und dritten DLV-Reihe. Es wurden sehr wenige persönlich­e Saisonbest­leistungen wie die von Carolina Krafzik als Halbfinali­stin über 400 Meter Hürden oder der Kugelstoß-Achten Sara Gambetta aufgestell­t. Auch beherzte Auftritte wie von Sprinterin Alexandra Burghardt, die kurz auf das 100-Meter-Finale hoffen durfte, oder von Robert Harken im 1500-Meter-Halbfinale, waren Mangelware.

Für viele galt offensicht­lich: Dabeisein ist alles. So sagte 200-MeterLäufe­r Steven Müller nach seinem frühen Aus: „Fakt ist erstmal: Ich habe mir meinen Traum erfüllt, ich bin hier bei den Olympische­n Spielen. Ich durfte den Lauf laufen.“Von den 50 DLV-Einzelstar­tern aus dem 88-köpfigen Team, die über mehrere Runden oder durch eine Qualifikat­ion gehen mussten, scheiterte­n 25.

Für die ganz großen oder auch bedenklich­en Momente sorgten Leichtathl­eten anderer Länder. Der Norweger Karsten Warholm mit seinem surrealen Weltrekord über 400 Meter Hürden in 45,94 Sekunden, der erste Lauf unter der 46erGrenze. Elaine Thompson-Herah (USA) mit 10,61 Sekunden und damit der zweitschne­llsten jemals von einer Frau gerannten Zeit.

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K. Klosterhal­fen

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