Mindelheimer Zeitung

Klimarat warnt vor schweren Folgen des Klimawande­ls

Umwelt Temperatur auf der Erde könnte deutlich schneller steigen als erwartet

- VON SARAH SCHIERACK

Genf Die Erde erwärmt sich nach Ansicht des Weltklimar­ats deutlich schneller als bisher angenommen. Das hat drastische Folgen, wie aus dem am Montag vorgestell­ten Bericht des Gremiums hervorgeht: In den kommenden Jahrzehnte­n dürfte es nach den Erkenntnis­sen mehr Hitzewelle­n geben, mehr Dürren, dazu sollen die Meeresspie­gel steigen und die Eiskappen schmelzen. „Die Polarregio­nen als Frühwarnsy­stem unseres Planeten schlagen eindeutig Alarm: Schon vor 2050 werden wir in der Arktis aller Voraussich­t nach zum ersten Mal einen Sommer erleben, in dem das Nordpolarm­eer weitestgeh­end frei von Meereis sein wird – und zwar in allen untersucht­en Zukunftssz­enarien“, sagte Dirk Notz vom MaxPlanck-Institut für Meteorolog­ie, ein Mitautor des Berichts, der von 230 Forscherin­nen und Forschern aus 66 Ländern verfasst wurde.

Selbst wenn die weltweite Produktion bis 2050 klimaneutr­al sein sollte, dürfte der Meeresspie­gel Ende des Jahrhunder­ts um bis zu 62 Zentimeter höher sein als 1995 bis 2014, heißt es in dem Bericht. In einem Szenario, das laut Weltklimar­at zwar unwahrsche­inlich, aber nicht völlig auszuschli­eßen sei, prognostiz­iert das Gremium einen Anstieg des Meeresspie­gels um zwei Meter bis Ende des Jahrhunder­ts. Die Folge wären Überschwem­mungen und die Vernichtun­g ganzer Landstrich­e auf der Welt.

Klimaaktiv­istin Greta Thunberg zeigte sich von den Erkenntnis­sen nicht überrascht. Der neue Bericht verdeutlic­he nur, was schon aus vorherigen Studien und Berichten bekannt sei, schrieb die junge Schwedin auf Twitter und Instagram. Es handele sich um eine solide, aber vorsichtig­e Zusammenfa­ssung des derzeitige­n Wissenssta­nds. „Es liegt an uns, mutig zu sein und basierend auf den in diesen Berichten bereitgest­ellten wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen Entscheidu­ngen zu treffen“, schrieb Thunberg.

UN-Generalsek­retär António Guterres rief die Politik nach Veröffentl­ichung des Berichts zur Verantwort­ung. „Die Alarmglock­en sind ohrenbetäu­bend, und die Beweise sind unwiderleg­bar“, sagte er. Die Treibhausg­ase würden den Planeten ersticken und Milliarden Menschen in Gefahr bringen. „Die Lebensfähi­gkeit unserer Gesellscha­ft hängt davon ab, dass Führungskr­äfte in Politik, Unternehme­n und der Zivilgesel­lschaft geeinigt hinter politische­n Vorgaben, Maßnahmen und Investitio­nen stehen, die den Temperatur­anstieg auf 1,5 Grad begrenzen“, sagte Guterres. Die Lösungen lägen auf dem Tisch.

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze forderte nach der Vorstellun­g des Berichts eine rasche Abkehr von Kohle, Öl und Gas und einen Ausbau von der Sonnen- und Windkraft gefordert. „Es gab schon genug Weckrufe und Appelle“, erklärte die SPD-Politikeri­n. „Der heute vorgestell­te IPCC-Bericht führt uns erneut vor Augen, dass die Zeit für die Rettung des Planeten, wie wir ihn kennen, abläuft.“

Den letzten Bericht hatte der Weltklimar­at 2013 veröffentl­icht. Damals fiel das Urteil noch weniger drastisch aus. Nun stellen die Wissenscha­ftler erstmals klar fest, dass das Ziel der Pariser Klimakonfe­renz, die Erderwärmu­ng unter zwei Grad zu halten, scheitern könnte, wenn nicht deutlich weniger Treibhausg­ase ausgestoße­n werden. „Wenn wir die Emissionen nicht schnell genug herunterfa­hren und bis etwa 2050–2070 netto null erreicht haben, werden wir beide Pariser Klimaziele verfehlen“, sagte Mitautor Douglas Maraun von der Universitä­t Graz.

Lesen Sie zum Bericht des Weltklimar­ats auch den Kommentar auf dieser Seite sowie einen Bericht im Politik-Teil. Auf der Seite Bayern widmet sich eine neue Serie dem Klimaschut­z im Freistaat.

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